Stark bedroht: Wie das Fränkische Gelbvieh gerettet werden soll

17.3.2021, 16:27 Uhr
Landwirt Hans-Jürgen Regus hat in seinem Stall natürlich Fränkisches Gelbvieh stehen. Schließlich ist er Vorsitzender des Zuchtverbandes.

© Stefan Hippel Landwirt Hans-Jürgen Regus hat in seinem Stall natürlich Fränkisches Gelbvieh stehen. Schließlich ist er Vorsitzender des Zuchtverbandes.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Zu seiner Blütezeit Ende der 1950er Jahre gab es in Deutschland über 800.000 Stück des Frankenviehs in Deutschland. Der Anteil am damaligen Gesamtbestand an Rindern lag immerhin bei sieben Prozent. Diese Zeiten sind vorbei.

Vor knapp 25 Jahren wurden im sogenannten Herdbuch 90.000 der Tiere geführt. Derzeit sind es nur noch um die tausend. Damit fällt das Gelbvieh in die Kategorie III "gefährdet" der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter Haustierrassen. Seit drei Jahren steht es in der internationalen Arche-Liste von Slow Food-Deutschland, in die ebenfalls in ihrer Existenz bedrohte Rassen oder auch Pflanzensorten aufgenommen werden.

Der Niedergang hat Gründe

Für den schleichenden Niedergang gibt es Gründe. Zuerst führte die zunehmende Mechanisierung der Landwirtschaft zu einem Rückgang zugkräftiger Ochsen. Sie hatten einfach ausgedient. Dann verdrängten Hochleistungsmilchkühe das Gelbvieh in der Milchproduktion. Die Bauern setzten oft gezwungenermaßen auf die Rassen Fleckvieh und Schwarzbunte. Deren Milchleistung überstieg deutlich die ihrer fränkischen Artgenossen.

Die SPD-Fraktion im mittelfränkischen Bezirkstag wollte dem Schwund der alten heimischen Nutztierrasse nicht länger tatenlos zuschauen. Ihre lange Tradition und ihre einstige Bedeutung lassen sich auch daran ablesen, dass einige fränkische Städte einen roten Ochsen in ihrem Wappen tragen. Die hiesigen Wirtschaften "Zum roten Ochsen" sind ungezählt.

Die Sozialdemokraten haben nun im Wirtschafts- und Umweltausschuss einige Fragen zu dem Thema gestellt. Sie wollten wissen, was der Bezirk Mittelfranken mit seinem Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf für den Erhalt des Fränkischen Gelbviehs tun kann.

Triesdorf reagierte

Triesdorf Direktor Otto Körner verwies dazu auf eine Besprechung, die bereits Mitte 2019 mit Vertretern des Zuchtverbands für Gelbvieh stattfand. Dabei habe sich Triesdorf bereiterklärt, drei Kühe der Rasse zuzukaufen und dauerhaft in die Herde zu integrieren. Verabredet worden sei zudem, dass der Verband kostenlos zehn Gelbvieh-Embryonen zur Verfügung stellt, um einen Bestand aufzubauen.


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Außerdem, so Körner weiter, sei damals vereinbart worden, eine Mutterkuh-Gelbvieh-Herde in Triesdorf zu präsentieren. Ins Auge gefasst habe man eine Weidehaltung für zehn Kühe samt Nachzucht auf einer Fläche von gut vier Hektar. Die Kosten für erforderliche Baumaßnahmen wie einen Stall wurden auf 300.000 Euro geschätzt. Der Zuchtverband habe eine mögliche Mitfinanzierung von etwa 50 Prozent dieser Summe zugesagt.

Und dann holt Otto Körner zu einer offenen Kritik aus: "Bis dato gab es keine Reaktion durch den Zuchtverband für Gelbvieh. Es wurden weder Kühe noch Embryonen angedient. Bezüglich einer Mitfinanzierung gab es keine Rückmeldung."

Streit um Embryonen

Das ließ der Zuchtverband nicht auf sich sitzen. Vorsitzender ist Hans-Jürgen Regus, Landwirt aus Dachsbach (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim). Er hat natürlich selbst Fränkisches Gelbvieh im Stall stehen. 30 Rinder sind es.

Regus weist daraufhin, dass Triesdorf kurz nach der Sitzung 2019 nur noch fünf statt der zuvor vereinbarten zehn Gelbvieh-Embryonen haben wollte. Es sei aber, so der Zuchtverbandschef, nicht "erfolgversprechend", das Gelbvieh damit zu erhalten. Und zu den drei Kühen, die Triesdorf kaufen wollte, "besteht bis heute keine konkrete Kaufanfrage bei und im Verband".

Man würde sich freuen, wenn Triesdorf zehn Prozent seiner Milchkühe mit hochwertigen Gelbvieh-Kühen bestücken würde. Das wäre eine Grundlage dafür, Schülern, Studenten und der gesamten Bevölkerung die vom Aussterben bedrohte Rasse wieder mehr ins Bewusstsein zu rufen. Sein Verband würde den Lehranstalten gerne 50 Gelbvieh-Embryonen "von den besten Linien" schenken, verspricht Regus. Die Suche nach eine Finanzierung der 300.000 Euro habe Corona im vergangenen Jahr ausgebremst. Allerdings, das stellt Regus klar, sei es nicht Aufgabe der Zuchtverbandsmitglieder, sich am Bau eines notwendigen Stalles in Triesdorf finanziell zu beteiligen. Dies sei allenfalls beim Aufbau einer Mutterkuhherde vorstellbar.

Ein Bericht folgt

Die Debatte um den Erhalt der fränkischen Rinderrasse hat also richtig Fahrt aufgenommen. Sven Erhardt, Mitglied der SPD-Bezirkstagsfraktion und des Wirtschafts- und Umweltausschusses, versicherte, der Bezirk habe ein großes Eigeninteresses, das Gelbvieh ordentlich zu präsentieren. Es sei vereinbart worden, dass Triesdorf nun auf den Zuchtverband zugeht. Im Herbst soll im Bezirkstag dann berichtet werden, ob die Streithähne einen Weg zueinandergefunden haben.


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Das bayerische Landwirtschaftsministerium sähe das sicher nicht ungern. Dort hält man es für "notwendig und wichtig", die Zukunft des Fränkischen Gelbviehs zu sichern. Allein im vergangenen Jahr habe man deshalb für mehr als 1200 Milch- und Mutterkühe sowie Zuchtbullen Prämien ausbezahlt. Und für das Gelbvieh werde ein Gen-Reservedepot unterhalten, in dem Sperma und Embryonen eingelagert sind. So gesehen steht einem Weiterleben dieser Rinderrasse nichts mehr im Wege.

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