Startsignal für die umstrittenen Gigaliner

9.11.2011, 22:55 Uhr
Startsignal für die umstrittenen Gigaliner

© dpa

Beim Bundesverkehrsministerium will man partout nicht vom „Gigaliner“ sprechen — wohl deshalb nicht, weil darin das Wort „gigantisch“ steckt. Stattdessen wird die Bezeichnung „Lang-Lkw“ bevorzugt. Die Autoindustrie verwendet gerne den Begriff „Öko-Laster“ und rechnet eine Sprit- und CO2-Ersparnis vor. Nach Auffassung des Nürnberger Bundestagsabgeordneten Martin Burkert (SPD) handelt es sich schlichtweg um „Monstertrucks“.

In allen Fällen ist von den Lastzügen die Rede, die von der Bundesregierung ab dem kommenden Jahr auf die Straße geschickt werden. Gestern hat das Kabinett für den bundesweiten und auf fünf Jahre angelegten Feldversuch die Ampel auf Grün gestellt. Es ist damit zu rechnen, dass die ersten der rund 400 Riesen-Lastwagen ab dem Frühjahr auf den genau festgelegten Routen verkehren.

Nur sieben Bundesländer haben sich mit dem Praxistest einverstanden erklärt, darunter Bayern. „Grundsätzlich sind im Freistaat alle Autobahnen und alle vierspurigen Bundesstraßen bei dem Feldversuch dabei“, sagte Peter Burghardt, Sprecher des Innenministeriums in München. In der Region sind dies die Südwesttangente von Langenzenn bis Fürth und die B2 von Roth bis zur A6. Dazu kommen landesweit insgesamt 51 Zubringerstrecken als Verbindungen zwischen den Fernstraßen und dem Lieferort oder dem Speditionsgelände.

Über die Einführung der überlangen Lastwagen wird seit Jahren heftig gestritten. Gigaliner stellen herkömmliche Gespanne in den Schatten: Bis zu 25,25 Meter lang (bisher 18,75 Meter) und bis zu 44 Tonnen schwer sind die Riesen-Lkw. Das Transportgewerbe preist die größere Ladekapazität und die günstigeren Transportkosten, doch für Kritiker wie die Nürnberger Grünen-Landtagsabgeordnete Christine Stahl steht fest: „Die überdimensionierten Giganten konterkarierten auf bizarre Art und Weise das seit Jahren verfolgte Öko-Ziel, den Straßenverkehr zu entlasten und den Gütertransport auf die Schiene zu verlagern“.Martin Burkert (SPD) spricht von einer „Gigaliner-Irrfahrt der Bundesregierung“. Abnutzung und Schädigung von Brücken und Straßen würden deutlich zunehmen. Stahl: „Dafür müssen dann die Steuerzahler aufkommen“.

Mit Klage gedroht

Gigaliner seien „die falsche Weichenstellung in der Verkehrspolitik“, sagte Burkert. Die SPD-Fraktion im Bundestag drohte mit einer Verfassungsklage, weil durch die Ausnahmeverordnung des Kabinetts der Bundesrat ausgehebelt werde. Den Grünen zufolge stellen die Gigaliner schon im Verkehrsalltag ein massives Sicherheitsrisiko dar. Mega-Probleme dürften die Riesen-Lkw nach Ansicht der Kritiker machen, wenn nicht alles nach Plan läuft: Bei einer Sperrung etwa nach einem Unfall dürfen die überlangen Lastzüge die Autobahn im Prinzip nicht verlassen. Eine Weiterfahrt außerhalb der genehmigten Routen sei auf einer Umleitungsstrecke nur in Polizeibegleitung möglich, erläuterte Ministeriumssprecher Burghardt.

Nürnberg hat sich derweil dem Gigaliner-Feldversuch verweigert — als einzige Stadt in Bayern. Deshalb sind Autobahnen auf Stadtgebiet, wie der Frankenschnellweg, für die umstrittenen XXL-Lastwagen tabu.

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