Stecken Neonazis hinter der Tat in Weißenohe?

31.12.2011, 09:00 Uhr
Stecken Neonazis hinter der Tat in Weißenohe?

Einschüchtern lässt sich Michael Helmbrecht nicht. Auch jetzt nicht, da der Vorsitzende der Allianz gegen Rechtsradikalismus in der Metropolregion die Dimension der „enormen kriminellen Energie“, wie er sagt, mit eigenen Augen sieht: Alle Scheiben des Opel Vectra sind demoliert, die Reifen zerstochen und die Schlösser mit Bauschaum verschmiert. Nach ersten Polizeischätzungen beträgt der Schaden allein am Auto rund 4000 Euro. Außerdem befüllten die Täter in der Nacht auf Freitag den Briefkasten mit einer übel riechenden Flüssigkeit, die noch Stunden später das Gebäude mit ätzendem Gestank durchdringt.

Für den Dozenten, der sich seit Jahren gegen Rechtsradikalismus stark macht, steht fest, wo die Verantwortlichen zu suchen sind: in der rechtsradikalen Ecke. „Hier geht es um alte Rechnungen“, vermutet der 53-Jährige im Gespräch mit der NZ. Damit meint Helmbrecht vor allem den erfolgreichen Widerstand des Bürgerforums in Gräfenberg (Kreis Forchheim) gegen die dort jahrelang stattfindenden Nazi-Treffen.

Als Gründer und langjähriger Sprecher der Initiative wurde er immer wieder auf einschlägigen Seiten im Internet erwähnt – mit Bild und Anschrift. Ein breites demokratisches Bündnis hatte Neonazis und NPD-Funktionäre zwar Ende 2009 aus der oberfränkischen Kleinstadt vertrieben, dennoch bleibt der Ort im Visier der Szene (die NZ berichtete). So findet sich auf der aktuellen Homepage der militanten Kameradschaft „Freies Netz Süd“ unter der Überschrift „(K)ein Ende einer Kampfansage“ ein ganzes Kapitel zum Thema Gräfenberg und der geplanten Umgestaltung des Soldatendenkmals. Unter der Rubrik „Hintermänner in Weißenohe“ taucht ebenfalls Helmbrechts Name auf.

Polizei schließt politischen Hintergrund nicht aus

Auch die Polizei schließt daher einen politischen Hintergrund nicht aus: „Mit Blick auf sein Engagement gegen Nazis ist es durchaus denkbar, dass Helmbrecht jetzt zum Opfer eines solchen Anschlags wurde“, sagt Beate Weiß, Pressesprecherin des Präsidiums Oberfranken auf NZ-Anfrage. Der Zusammenhang sei „augenfällig“. Nach diesem Vorfall seien die zuständigen Dienststellen „hellwach“ und würden neben der üblichen Spurensicherung die notwendigen Maßnahmen einleiten. Was darunter zu verstehen ist, mag Weiß nicht verraten. Allerdings hält Helmbrecht eine verschärfte Überwachung für möglich. Die Bedrohungsszenarien durch Neonazis führten in den vergangenen Jahren mehrmals zu verstärkter Polizeipräsenz in Helmbrechts Wohnort, einer Gräfenberger Nachbargemeinde.

Ob zusätzliche Polizeistreifen den Anschlag auf den Wagen hätten verhindern können, ist indes fraglich. Die Unbekannten weisen nämlich eine gute Ortskenntnis auf: „Sie haben das Haus die ganze Nacht lang beobachtet“, glaubt der Geschädigte, „denn bis ein Uhr morgens hatten wir Besuch.“ Außerdem standen zu dem Zeitpunkt mehrere Autos vor dem Gebäude; die Täter müssen somit den Opel Vectra vorher ausgespäht haben.

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