Tag der Pressefreiheit: Guter Journalismus ist nicht selbstverständlich

3.5.2021, 05:56 Uhr
Die jüngste Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) trug die Überschrift "Feindbild Journalismus". Nicht nur Journalistenverbände werten dies alles als besorgniserregend. 

© dpa/Frank Molter Die jüngste Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) trug die Überschrift "Feindbild Journalismus". Nicht nur Journalistenverbände werten dies alles als besorgniserregend. 

Schläge, Tritte, Stoßen und Spucken: Viele der Attacken münden in körperliche Gewalt. Knapp 200 Fälle in Deutschland verbucht das ECPMF seit 2015. Und doch steht die Bundesrepublik vergleichsweise gut da. Wer als Journalist in der Türkei arbeitet, der kann buchstäblich einpacken - oder sich mit dem Erdogan-Regime gutstellen.

Der Fall Deniz Yücel ist nach wie vor in Erinnerung. Der deutsch-türkische Welt-Korrespondenten musste ein Jahr lang in der Türkei wegen angeblicher "Terrorpropaganda" in Untersuchungshaft verbringen. Yücel tat nichts anderes als seinen Beruf auszuüben. Auch unserem Korrespondenten in Ankara, Thomas Seibert, wurden Steine in den Weg gelegt. Erst nach langwierigen Konsultationen und unter Mithilfe des Auswärtigen Amtes verlängerte Ankara die Arbeitserlaubnis für den Reporter.


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Unabhängiger Journalismus ist also keine Selbstverständlichkeit. Wie wichtig eine Berichterstattung ohne Einflussnahme ist, verdeutliche eine Aussage der Intendantin des MDR, Karola Wille: "In Zeiten von Desinformation, Verschwörungserzählungen, Hass und Hetze im Netz ist die Gewährleistung eines offenen und freien, pluralistischen Meinungs- und Willensbildungsprozesses wichtiger denn je", sagte sie im Vorfeld der Internationalen Tages der Pressefreiheit.

Verlässliche Rahmenbedingungen sind wichtig

Anders formuliert: Für unsere demokratische Gesellschaft ist Qualitätsjournalismus unverzichtbar. Wer sonst sollte die Politik kontrollieren? Gerade in jüngster Zeit mangelte es nicht an Beispielen. Viele der Verfehlungen von Unionsabgeordneten, die sich während der Coronakrise dank ihrer Kontakte bereichern wollten, wurden durch Journalisten aufgedeckt.

Umso wichtiger sind verlässliche Rahmenbedingungen für die Medienschaffender. Doch hier sind in den vergangenen Jahren bedenkliche Signale von Seiten der Politik ausgesandt worden: Zunächst gab es zögerliche Unterstützung beim Kampf um ein neues Urheberrecht. Dabei ist es für viele Medienhäuser von durchaus existenzieller Bedeutung, von den Internetgiganten eine Entschädigung für das Verbreiten journalistischer Inhalte zu erhalten.

Nach wie vor ist dieser Kampf nicht gewonnen. Zumindest wächst die Einsicht, dass Facebook, Google & Co Grenzen gesetzt werden müssen. Dass es sich um ein weltweites Phänomen handelt, zeigte kürzlich der Konflikt zwischen der australischen Regierung und Facebook. Dabei ging es um die faire Entlohnung, die Nachrichtenmedien von dem sozialen Netzwerk über Jahre hinweg vorenthalten wurde. Am Ende führte ein Werbeboykott der Regierung zu einem Einlenken des Konzerns aus dem Silicon Valley. Facebook hatte zuvor die Inhalte von Nachrichtenseiten aus Australien blockiert. Eine moderne Form von Zensur.

Keine Fördergelder für die Verlage

Doch auch an einer anderen Front droht den unabhängigen Verlagshäusern Ungemach. In Deutschland kämpfen gerade regionale Medienunternehmen um ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell. Das Bespielen zusätzlicher Kanäle im Netz verursacht hohe Kosten, das Zustellen der Zeitung wurde unter anderem durch die Einführung des Mindestlohns sehr teuer. Zudem brachen seit Beginn der Pandemie die Anzeigenerlöse massiv ein.


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Für eine Übergangsphase gab es deshalb den Plan, den Medienhäusern zu helfen. Doch daraus wird nichts: Aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) haben sich in den zurückliegenden Wochen unüberwindbare Schwierigkeiten für eine Durchführung des geplanten Förderprogramms zur "Transformation des Verlagswesens" ergeben.

Für die Verlegerverbände kommt dies einem Versagen der Politik gleich: "Eine Mischung aus politischer Ablehnung, unbedachter Beschlüsse im Bundestag und nicht erkannter rechtlicher Hürden haben letztendlich dazu geführt, dass es keine Fördergelder für die Verlage unter dieser Gro-Ko geben wird", kritisiert der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).

Gemeinsam mit anderen Verbänden setzt der BDZV nun Hoffnungen auf die nächste Legislaturperiode. Dann soll versucht werden, eine Unterstützung für die Zustellung der Printprodukte zu erreichen. Denn anders als der gebhührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk sind die Verlagshäuser in der Bundesrepublik privatwirtschaftlich finanziert. Der Tag der Pressefreiheit sollte also unter vielerlei HInsicht zum Nachdenken anregen.

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