Tatort: München lässt die Franken hängen

5.1.2011, 17:39 Uhr
Tatort: München lässt die Franken hängen

© BR/Laemmerer

„Seit über 200 Jahren gehört Franken zu Bayern. Es ist endlich an der Zeit, dass Franken nicht wie die Deppen hingestellt werden“, sagt Aures. Sie spielt damit auf den missglückten Auftritt des ersten fränkischen Tatort-Hilfskommissars „Wolfgang Hackl“ im Jahr 2003 an, der in der Folge „Der Prügelknabe“ als trottelig-nerviger Typ auftrat.

Ein seriöser Kripochef soll also her, der zwischen Fachwerk und Frauentormauer seiner kniffligen Arbeit nachgeht — und ein Millionenpublikum sieht dabei zu. Aber: Verkraftet die Fernsehnation ein Ermittlungsteam mit einschlägigem Dialekt zwischen Rednitz und Pegnitz überhaupt? Ein Toter in der Wiesent? Ein ermordeter Kapitän am Brombachsee, ein Überfall in der Teufelshöhle?

Aufklärung in Wismar

„Es wäre einfach großartig“, schwärmt Sven Waasner. Der 31-jährige Forchheimer ist als Schauspieler immer wieder in Fernsehserien zu sehen, spielte vor vier Jahren in der ARD-Vorabendserie „Das Geheimnis meines Vaters“ sogar selbst einen jungen Kommissar, der in Wismar einen Mord aufklären musste. Aktuell schlüpft er für Dreharbeiten zur neuen ZDF-Serie „Herzflimmern — Die Klinik am See“ in die Rolle des Arztes Dr. Dr. Markus Lindner.

Ein fränkischer Tatort, das wäre „eine tolle Sache“, sagt Waasner. Fränkisch sei überhaupt „sehr in Mode“, man denke nur an die populären Kabarettisten Frank-Markus Barwasser aus Würzburg mit seiner Kunstfigur „Erwin Pelzig“ oder Urban Priol aus Aschaffenburg. Jetzt müsse man eben Nürnberg aus dem filmischen Dornröschenschlaf holen, sagt Waasner, denn die Stadt habe ein unvergleichliches Lebensgefühl zu bieten und sehr viel Kultur.

Er könne sich sogar vorstellen, zusammen mit seiner Schauspielkollegin und Ehefrau Finja Martens (29) als Ermittler-Duo vor der Kamera zu stehen. „Wenn mich Tom Beck da ranlässt“, witzelt Sven Waasner im Hinblick auf seinen Kollegen aus Nürnberg, der aktuell in der ZDF- Krimiserie „Soko Köln“ zu sehen war.

Es kostet Technik und Filmmaschinerie für den Umzug

Ein fränkischer Tatort ist „überfällig“, sagt der Fürther Schriftsteller Veit Bronnenmeyer, der schon drei Nürnberg-Fürth-Krimis um das Ermittler-Team Alfred Albach und Renan Müller geschrieben hat. Bronnenmeyer hat sich beim Bayerischen Rundfunk ein wenig auf Spurensuche begeben und eruiert, warum in der Metropolregion noch keine Produktion zustande gekommen ist. Das habe „sehr viel mit Geld zu tun“, weiß der Autor, es koste den Sender eine Menge, Technik und Filmmaschinerie von München gen Norden zu verlegen.

Tatort: München lässt die Franken hängen

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Doch der BR gibt offiziell eine andere Begründung an, warum München der einzige Tatort-Schauplatz im Freistaat bleiben soll, während der WDR außer in Köln auch in Münster dreht oder der SWR außer in Stuttgart auch in Ludwigshafen und am Bodensee: Der Münchner Tatort sei „ungeheuer erfolgreich“, sagt BR-Sprecher Christian Nitsche, selbst ein gebürtiger Nürnberger.

Der November-Tatort „Unsterblich schön“ aus der Münchner Produktion sei mit 9,83 Millionen Zuschauern sogar der drittbeste aller Tatorte und Polizeiruf-Sendungen in Deutschland im Jahr 2010 gewesen. So heißt es beim Sender eisern: „Es gibt keine Planungen für einen Franken-Tatort.“

Quasi als Entschädigung dreht der BR aber im Herbst in Bamberg einen der begehrten Heimatkrimis. Der „Bamberger Reiter“ (Sendedatum: 2012) sei — ähnlich wie der 2008 in Würzburg verfilmte Heimatthriller „Freiwild“ — eine „Hochglanzproduktion, teurer als der Tatort“, wirbt Sprecher Nitsche. Die Hauptrolle im „Reiter“ spielt zudem Thomas Schmauser, jener fränkische Schauspieler, der 2003 den trotteligen Hilfs-Kommissar im echten „Tatort“ gab. „Da haben sie ihren fränkischen Ermittler im seriösen Fach“, sagt Nitsche. Mehr gibt es nicht. Vorerst.

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