Wahlergebnis als Befreiungsschlag

Totgesagte leben länger: Euphorie bei der Bayern-SPD nach der Bundestagswahl

27.9.2021, 16:05 Uhr
Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sorgte auch bei der bayerischen Sozialdemokratie für Rückenwind. 

© Florian Gaertner/imago images/photothek Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sorgte auch bei der bayerischen Sozialdemokratie für Rückenwind. 

Einstellige Umfragewerte, permanenter Mitgliederschwund, desaströses Binnenklima. So lautete noch Ende April die gängige Zustandsbeschreibung für die bayerische SPD.

Jemandem wie Franz Schindler muss man das nicht sagen. Seit seiner Jugend ist der Jurist Mitglied der Sozialdemokraten, von 1990 bis 2018 saß er im Landtag und ist Bezirksvorsitzender der Partei in der Oberpfalz.

"Totgesagte leben länger und viele haben sich in der Vergangenheit bemüht, die SPD totzusagen", sagt Schindler. Allen voran die CSU in ihrer "Hochnäsigkeit", wie er meint.

An den Auf- und vor allem den Abschwüngen der SPD sei allerdings nicht nur die mit Grünen, Freien Wählern und Linken über Jahrzehnte gewachsene politische Konkurrenz und das Bröckeln der einstigen Volksparteien schuld gewesen, sondern auch die Partei selber.

"Gut für die Stimmung"

"Wir haben auch eigene Fehler gemacht." Jetzt sei aber endlich zu sehen, dass man etwas bewegen könne, in Bayern wie im Bund. Das Ergebnis und der damit verbundene Aufwind sei schlicht "gut für die Stimmung", so Schindler. "Noch schöner wäre jetzt eine Regierungsbeteiligung."

Auf die Frage, ob Olaf Scholz oder Armin Laschet der SPD diesmal mehr geholfen hätte, antwortet Martina Stamm-Fibich offen: "Die anderen haben Fehler gemacht", sagt die Sozial- und Gesundheitspolitikern, die im Wahlkreis Erlangen auf über 20 Prozent kam und erneut in den Bundestag einzieht.

Dennoch gebe es aber auch den Wunsch nach einer anderen Politik, die der SPD geholfen habe. Und die Partei habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und sei geschlossen hinter Olaf Scholz gestanden, obwohl die Zustimmung für die Sozialdemokraten nach seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten lange mau blieb.

"Ruhig bleiben"

Bei den letzten Wahlen habe es einen "Martin-Schulz-Hype" gegeben, diesmal sei derselbe Mechanismus bei den Grünen mit Annalena Baerbock zu beobachten gewesen.

Doch davon habe sich die SPD nicht aus dem Konzept bringen lassen. "Wir haben immer gesagt, wir müssen ruhig bleiben, abwarten. Das war gut." Damit "haben wir auch Mal bewiesen, dass wir kein zerstrittener Laden sind."

Es sei jetzt aber gerade auch in Bayern nicht damit getan zu sagen, "jetzt wird alles toll". Die politische Arbeit "wird nicht einfach", so Stamm-Fibich mit Blick auf die nächsten Landtagswahlen in zwei Jahren.

Der richtige Kandidat

Auch Carsten Träger (Wahlkreis Fürth) sieht in dem guten Abschneiden der SPD vor allem einen Beleg, mit dem richtigen Kanzlerkandidaten ins Rennen gegangen zu sein und Geschlossenheit gezeigt zu haben.

Seine Partei, für die er seit 2013 im Bundestag sitzt, habe nun die Chance, dass sich das gute Ergebnis verstetigt, so Träger.

Er selber bezeichnet sich mit Blick auf die lange Zeit vor sich hin dümpelnde Bayern-SPD als "Berufsoptimist". Zwar seien noch lange nicht alle Probleme gelöst, so werde die SPD beispielsweise bei jüngeren Wählern viel zu wenig wahrgenommen.

Aber "wir wollen ja auch in Bayern nicht ewig in der Opposition bleiben. Das ist noch ein langer Weg, aber vielleicht hat er mit dem Wahlergebnis begonnen", so Träger.

Gabriela Heinrich (Wahlkreis Nürnberg-Nord) glaubt ebenfalls an die Chance, dass es der SPD in Bayern nun dauerhaft gelingen könnte, aus dem Tal zu kommen. Die letzten Jahre seien "schlecht" gewesen, "jetzt sind wir von den Toten auferstanden", so Heinrich.

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