Der Treuchtlinger "Club 80" wird 40
24.4.2020, 06:04 UhrEigentlich beginnt die Geschichte des Vereins mit der Jahreszahl im Namen bereits ein Jahr früher, 1979. Einige Lehrlinge und Schulabgänger trafen sich, um einen Raum für gelegentliche Feiern zu organisieren. Denn der erste Versuch eines Jugendzentrums (JUZ) in der Stadt hatte keinen Erfolg – was wohl auch daran lag, dass kein Verein und kein Sozialarbeiter hinter dem Projekt stand. Ein Punkt, den die Gründungsmitglieder und Musiker Harald Breuer, Alexander Müller und Roland Bittl verbessern wollten.
Doch wie fand man damals – noch ohne Internet – überhaupt Mitstreiter? Das Trio probierte es zunächst mit einem Inserat im Treuchtlinger Kurier. Die Resonanz war gleich null. Dann kam ihnen der Zufall zu Hilfe. Denn zu dieser Zeit traf sich eine Clique regelmäßig in einem leerstehenden Haus am Patrich, dem sogenannten Haisai. Mit dieser 17-köpfigen Gruppe verbündeten sich die drei und machten sich daran, sowohl einen Verein zu gründen als auch eine Satzung auszuarbeiten, wie sich Bittl und Breuer Anfang der 1990er Jahre in einem Bericht unserer Zeitung erinnerten.
Der erste Satzungsentwurf fiel beim Notar zunächst durch, also kupferten sie die Satzung des Weißenburger JUZ ab – und hatten Erfolg. Mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein stellte der Verein sich und seine Forderungen bei der Stadt vor: das Aufstellen eines Maibaums in Treuchtlingen, das Schaffen eines Jugendzentrums, oder auch das Mitwirken bei Tauziehen und Volksfestzug. Zudem kritisierten die Gründer die städtische Jugendarbeit, die ihrer Meinung nach die jungen Leute im Regen stehen ließ.
Geschickt den Stadtrat überzeugt
Dabei gingen sie durchaus geschickt vor: Sie informierten unabhängig voneinander die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen sowie den damaligen Bürgermeister Hans Döbler, der wohl das Fiasko des ersten JUZ noch im Hinterkopf hatte. Ihre Taktik hatte Erfolg: Eine Mehrheit segnete im Stadtrat ein neues Jugendzentrum samt Sozialarbeiter ab, das seine Räume im alten Schulhaus fand – und auf positive Resonanz bei den Jugendlichen stieß. Es gab zahlreiche Veranstaltungen mit Livemusik, Plattenpartys und Filmabende. Dazu kamen Arbeitskreise wie Werkraum, Fotolabor, Video und nicht zuletzt zum Thema Open Air, das zwei Jahre später auch erstmals stattfinden sollte.
Schon die erste Großveranstaltung am 8. Mai 1982 in der Stadthalle zeigte, wie sehnlich die jungen Treuchtlinger auf ein solches Angebot gewartet hatten. "Noch nie zuvor war Treuchtlingens größter Saal so überfüllt", hieß es damals im Zeitungsbericht. Die folgende Beschreibung klingt angesichts der aktuellen Corona-Lage ebenfalls wie aus einer lang vergangenen Zeit: "Der Saal scheint aus den Fugen zu brechen, und noch immer quellen Scharen von Jugendlichen in den Saal, während im Flur sich die Menschen drängen, die noch auf Einlass hoffen. Ein Sitzplatz ist trotz der dichtgedrängten Stuhlreihen illusorisch. Es geht jetzt nur noch darum, sich irgendwo in die Menge zu quetschen, wo noch ein Blick zur Bühne frei ist."
Viele Besucher seien sogar wieder gegangen, weil sie die Lust verloren hatten, in der Schlange vor dem Saal zu warten. Ein Rockkonzert mit der heimischen Gruppe "K Zwo" hatte für diesen Andrang gesorgt. Von deren Liveauftritt war der Zeitungskritiker allerdings nicht überzeugt: "Fluch der Technik oder falscher Umgang mit dem Mikrofon?", fragte er. Zudem versagte die Technik manchmal an dem Abend. Dennoch lautete sein Fazit: Das erste Konzert der Band war erstaunlich.
Ein patschnasser Start
Vom Erfolg des Auftakts angetrieben, stand für den Club 80 schon das nächste Ereignis an: ein Open Air auf dem Hexentanzplatz. "Das wohl größte Rock-Ereignis in der Geschichte Treuchtlingens" und ein "Open-Air-Marathon" sollte das Fest am 24. Juli 1982 werden.
Neben den Lokalmatadoren von "K Zwo" war auch die Frankfurter Gruppe "Booster" zu Gast, die gleich Lautsprecher und Lichtanlage mit 30 000 Watt Leistung mitbrachte. Das Technische Hilfswerk stellte sein Notstromaggregat zur Verfügung, damit es am Nagelberg nicht still und dunkel wurde. Doch gerade als die Frankfurter auf der Bühne standen, machten sich viele Besucher auf den Heimweg. Das lag nicht nur an der eher kleinen Schar eingefleischter Hardrock-Fans, sondern vor allem am Wetter: Den ganzen Tag über schüttete es in Strömen.
So kamen nur etwa 500 Besucher zum Fest und wirkten wohl recht verloren auf der großen Waldlichtung. Doch am Ende des Tages waren sich viele einig: Der Club 80 hatte ein tolles Festival organisiert, die Wiese am Tag danach wieder "besenrein" übergeben, und für den Verein blieb trotz der geringen Besucherzahl auch noch Geld übrig – obwohl sich manche "Schwarzhörer" auf das Gelände geschlichen hatten und von den Ordnern zum Nachzahlen aufgefordert werden mussten.
Große Namen auf der Bühne
Anschließend fanden die Freiluftkonzerte viele Jahre lang auf dem alten Auernheimer Sportplatz am Sägewerk statt, wo heute der Keltenverein sein Dorf hat – also abseits von den Anwohnern. Seit 2009 ist das Open Air nun an der Denkmalslok zu Gast und firmiert seit 2011 unter dem Namen "Rock an der Lok". Dort können die Treuchtlinger und die Besucher von außerhalb kostenlos den Bands zuhören. "Wir finanzieren uns durch Sponsoren und den Verkauf von Verpflegung", erklärt der aktuelle Vorsitzende Julian Meyer.
Doch auf dem Weg dorthin musste der Verein auch einige Tiefs hinnehmen. Die Gründergeneration hatte durch Beruf und Familie immer weniger Zeit, zudem galt für das JUZ ein Höchstalter von 25 Jahren. Während sich die "Alten" weiter um die Konzerte kümmerten, hatte die Nachfolgegeneration die ehrenamtliche Arbeit nicht mehr im Blick. 1986 wurde der Treff deshalb geschlossen, das Open Air in diesem Jahr sorgte für ein großes Minus.
Um den Verlust auszugleichen, organisierte der damalige Vereinschef Martin Heinrichmeyer einen Kontakt zur bekannten Gruppe "Biermösl Blosn" – was der Beginn einer mehrjährigen Zusammenarbeit wurde. Im Mai 1988 füllten die Well-Brüder dann die Stadthalle bis auf den letzten Platz und mussten an die 300 Gäste vor der Tür stehen lassen. Für die Zukunft sorgte der Club 80 deshalb vor – etwa als 1993 Gerhard Polt und die Biermösl Blosn vor 2000 Personen im Festzelt auftraten, das nach dem Volksfest extra einen Tag länger stehen blieb.
Treuchtlingens Kulturveranstalter
"Wir waren damals der Veranstalter für Kultur in Treuchtlingen", erinnert sich Klaus Lehnberger, der in den 1990er Jahren zeitweise Vorsitzender des Clubs war. Die Ehrenamtlichen holten Prominente wie Ottfried Fischer, Dieter Hildebrandt oder Bruno Jonas nach Treuchtlingen, Spielorte waren die Aula der Senefelder-Schule, aber auch die Wallmüller-Stuben und das Schäffbräu-Stüberl. "Das lief echt gut, da war oft die Bude voll", sagt Lehnberger.
Das Publikum hatte sich im Lauf der Zeit kaum gewandelt, wenn man so möchte: Es ist mit dem Verein mitgealtert. Statt junger Erwachsener in den Zwanzigern kamen und kommen nun vor allem ältere Semester zu den vier bis fünf Konzerten pro Jahr. Und von den gut 100 Mitgliedern sind die Jüngeren auch eher in der Minderheit. Dabei sind der musikalischen Vielfalt bei "Rock an der Lok" kaum Grenzen gesetzt: "Eine Blaskapelle würden wir nicht unbedingt einladen, aber von Rock und Pop über Blues und Oldies bis Ska hatten wir schon alles – und vor allem auch Newcomer aus der Region, die erstmals auf einer großen Bühne spielen", erzählt Vereinschef Meyer.
Am 4. Juli dieses Jahres wollte der Club 80 auf dem Gelände des alten Bauhofs seinen runden Geburtstag feiern. Ob das wegen des derzeitigen Verbots von Großveranstaltungen klappt, ist ungewiss. "Bislang hat die Politik ja noch keine Zahl genannt, ab wie vielen Besuchern man von einer Großveranstaltung spricht", so Meyer. Mit mehr als 1000 Gästen rechnet der Club 80 sowieso nicht, dennoch ist dem Verein die Verantwortung in Pandemiezeiten bewusst: "Wir brauchen drei Wochen Vorlaufzeit, damit alles über die Bühne gehen kann. Auch mit den Bands haben wir flexible Verträge ausgehandelt, in denen es Regeln zur Absage gibt."
Wenn es heuer nichts mit dem Jubiläum oder "Rock an der Lok" wird, soll nächstes Jahr nachgefeiert werden. Außerdem ist der Verein wieder auf der Suche nach einem Ort, um auch im Herbst oder Winter ein Konzert zu organisieren. Vielleicht sind dann schon ein paar neue Mitstreiter an Bord, wünscht sich Meyer: "Das mit dem Ehrenamt wird immer schwieriger, viele Mitglieder sind mit Beruf und Familie eingespannt. Wir freuen uns auf jeden, der mithelfen möchte." Auch das hat sich in den vergangenen 40 Jahren beim Club 80 nicht geändert.
Weitere Informationen zum Verein und zum geplanten Jubiläumsfest gibt es im Netz unter www.club80treuchtlingen.de
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