Dietfurt: Steinschlag nicht ausgeschlossen
22.7.2020, 06:04 UhrDie Felsen dort oben an der Jurakante und am Weitstein sind nicht allzu groß, acht bis zehn Meter ragen sie in den dichten Laubwald. Direkt unterhalb ist der Steilhang ohnehin kaum begehbar. Allerdings befinden sich noch weiter unten im Tal Wohnhäuser und Straßen, die durch hinabstürzendes Geröll oder sogar größere Blöcke getroffen werden könnten.
Das Ingenieurbüro KP aus Gunzenhausen hat die Felsen deshalb kartiert und festgestellt, dass das Gestein an beiden Stellen durch Schichtstörungen, Wetter und Bewuchs "vertikal zergliedert" und ganze Blöcke verschoben sind. Laut KP-Chef Olaf Pattloch besteht "Handlungsbedarf aufgrund der Fürsorgepflicht der Stadt". Es sei "nicht die Frage ob, sondern wann sich Steine lösen".
Als Möglichkeiten zur Sicherung stellte Pattloch dem Ausschuss die Felsräumung durch maschinelles Abtragen oder hydraulisches Abpressen, das Anbringen von Stahlnetzen sowie die Felssicherung mit Bolzen, Nägeln oder Ankern vor. Auch der Einsatz von Spritzbeton sei denkbar, wenngleich dies optisch "schon ein brachialer Verbau wäre". Sein Unternehmen empfehle zunächst die Felsräumung und anschließend mechanische Untersuchungen als Grundlage für das weitere Vorgehen.
Nägel für eine Viertelmillion Euro
Vier bis fünf Felsnägel für den absturzgefährdeten Block am Sommerhaus seien "auf jeden Fall kostengünstiger als ein Netzverbau" und würden den Abhang für die nächsten 40 bis 50 Jahre sichern, so Pattloch. Geschätzte Kosten: rund 25 000 Euro für Begutachtung und Planung sowie das Zehnfache für den Bau.
Etwas befremdlich kamen indes die Beispiele des Ingenieurs an, der zum Vergleich katastrophale Fels- und Bergstürze aus Gletschergebieten im Allgäu und der Schweiz zeigte. Er wolle nur demonstrieren, dass solche Abgänge "in relativ kurzer Zeit passieren und schon ein fußballgroßer Stein mit 110 Kilometern pro Stunde ordentlich Schaden anrichten kann", erläuterte Pattloch. Doch wurden viele Ratsmitglieder den Eindruck nicht los, dass es eher darum ging, auch tatsächlich den Auftrag für die Sicherung zu bekommen.
So wandte dritter Bürgermeister Hubert Stanka (UFW) ein, dass er selbst unterhalb des Sommerhauses wohne und die Gefahr für weniger dramatisch halte. Zudem gebe es von dem Fels Bilder, die über 100 Jahre alt seien, und auf denen er schon genauso wie heute aussehe. Er plädiere für einen Ortstermin, um sich ein genaueres Bild zu machen.
Besorgter klang Stankas ebenfalls aus Dietfurt stammender Fraktionskollege Christian Früh, der darauf hinwies, dass am Fels im Dietfurter Sträßchen auch Kinder spielen würden. "Wie gefährlich ist das?", wollte er von Pattloch wissen. "Sollte man den Bereich besser absperren?"
"Gefährdung ist auf jeden Fall gegeben"
Dem Ingenieur zufolge kann "niemand ausschließen, dass sich ein Stein löst oder irgendwann ein Kind verletzt wird". Er wolle die Situation aber auch nicht dramatisieren, denn es könne ebenso "noch 50 Jahre nichts passieren". Was zu tun ist, sei Abwägungssache. "Die Kluftstrukturen sind aber so, dass man sagen kann, dass auf jeden Fall eine Gefährdung gegeben ist", so Pattloch.
Rathauschefin Kristina Becker, ihr Stellvertreter Hans König (TBL) und CSU-Fraktionschef Uwe Linss schlossen sich jedoch eher Stanka an. Der Gefahrenbereich liege im Wald, sodass der Bewuchs und eigens quer gelegte Baumstämme Straßen und Gebäude ein Stück weit schützen würden. "Das ist schon etwas anderes als vor einiger Zeit in Möhren, wo schon die Steine in den Gärten der Anwohner lagen", so Linss.
Stefan Fischer (SPD) regte allerdings an, Warnschilder aufzustellen. Immerhin sei die Stadt "mit diesem Wissen nun erst einmal in der Haftung". Bauamtsmitarbeiter Dieter Jänsch warnte zudem davor, dass weder seine Behörde noch der Stadtrat Experten in Sachen Felssicherung seien. Er hätte deshalb gern zumindest ein Budget von 10 000 Euro für die weitere Begutachtung.
Am Ende sprach sich der Ausschuss mit zwei Gegenstimmen dafür aus, das Thema zurückzustellen, Warnschilder anbringen zu lassen und zeitnah einen Ortstermin zu vereinbaren. Auch Geld für eventuelle Maßnahmen soll erst danach im Etat eingeplant werden.
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