Industriegleis am Mühlfeldweg geht wieder in Betrieb
7.8.2020, 05:57 UhrDer ehemalige Eisenbahnbetriebsleiter und aus Schambach stammende Udo Kemmelmeier hat Anfang des Jahres sein Unternehmen FK-Railservice gegründet und möchte damit verschiedene Dienstleistungen rund um die Bahn anbieten. Dazu gehören Gutachter- sowie Ausbildungstätigkeiten. Eine sehr reglementiere Branche, ähnlich wie der Flugverkehr, sagt Kemmelmeier, denn nicht jeder dürfe einfach ein Stück Gleis nutzen und dort Fahrzeuge betreiben.
Genau das möchte Kemmelmeier auf dem Gleis am Mühlfeldweg, und hier kommt die Stadt Treuchtlingen ins Spiel. Denn die Kommune ist Eigentümerin des Gleises, auf dem seit 2014 kein Verkehr mehr stattfindet. Die Holzschwellen sind verwittert und überwachsen, obwohl die Stadt für Betrieb und Erhalt verantwortlich ist. Bislang hat nur ein Nutzer gefehlt.
Künftig soll das Gleis vor allem für Schulungen und Prüfungen genutzt werden. Bundesweit gebe es nur 160 Prüfer, die vom Eisenbahnbundesamt zugelassen sind, so Kemmelmeier. Außerdem werde die technische Ausbildung am Markt kaum Angeboten, ein Nische, die er nutzen möchte. Bislang fänden sich etwa in Nürnberg und Donauwörth ähnliche Weiterbildungsbetriebe.
Schüler aus ganz Deutschland
Die Schüler kommen aus ganz Deutschland für zwei Wochen am Stück in die Region – bleiben dort auch über Nacht –, und erhalten theoretischen und praktischen Unterricht in den Themen Wagentechnik, Bremstechnik und Fahrzeugschulungen.
In diesem Zeitraum wären die Schüler dann auch im Mühlfeldweg zu Gange und würden an Fahrzeugen üben. Zu den üblichen Bürozeiten könnte es auf dem Areal unweit des Friedhofs schon lauter werden. FK-Railservice beabsichtigt eine zehnjährige Pachtung des Gleises und würde auch als Betreiber die Verantwortung übernehmen. Es bliebe allerdings weiter im Eigentum der Stadt Treuchtlingen.
Schienen wieder herrichten
Bei der jüngsten Stadtratssitzung hat das Gremium im nicht-öffentlichen Teil über einen Nutzungsvertrag beraten. Kemmelmeiers Unternehmen ist derweil schon mit knapp 17 000 Euro in Vorleistung gegangen. Dazu wurden Sträucher und Pflanzen geschnitten, die Gleise vermessen, Prellböcke angeschafft und die Weichen instandgesetzt.
Doch Kemmelmeier hat noch eine zweite Vermarktungsidee: Das Gleis ließe sich auch für die Verladung von Gütern nutzen, die dann vom Mühlfeldweg aus auf die Reise durch ganz Europa geschickt werden könnte. Denn mit der Netzsparte der Deutschen Bahn besteht weiterhin ein Vertrag, sodass Fahrzeug auf die Bahnstrecke Nürnberg-Augsburg einfädeln könnten.
Ein ähnliches Vorhaben sei vor ein paar Jahren von der Bahn schon verworfen worden. Das Unternehmen setzte damals nämlich auf sogenannte Ganzzüge, die von Start bis Ziel ohne Änderungen verkehren. Da aber wohl von Treuchtlingen aus nicht genug Waren für so einen Zug verladen werden könnten, käme nur ein Einzelwagenverkehr in Frage.
Güterverkehr mit Einzelwagen?
Dabei befüllt ein Unternehmen nur einen Waggon, etwa mit Holz oder Steinen, dieser wird dann an einen Güterzug angehängt und am Ziel wieder abgekuppelt, was langsamer und teurer ist. Nach Kemmelmeiers Auskunft wären die Kapazitäten im gut anderthalb Kilometer entfernten Treuchtlinger Bahnhof durchaus vorhanden. Dort gibt es auch noch ein sogenanntes Freiladegleis, nördlich des Park-und-Ride-Platzes.
Zumindest die technischen Voraussetzungen dafür will Kemmelmeier in Treuchtlingen schaffen, denn der Bedarf sei da, berichtet er. So würden die Steinbrüche aus Solnhofen ihre Waren zum Eichstätter Bahnhof fahren, wo sie anschließend verladen werden. Dort spielt auch das Holz eine große Rolle: Die Bayerischen Staatsforsten haben seit fast 20 Jahren das Gleis sowie einen Lagerplatz gepachtet, um den Holztransport zu den Sägewerken in Österreich von der Straße auf die Schiene zu verlagern, berichtete der Eichstätter Kurier. Seitdem gehe wöchentlich Holz aus dem Altmühltal auf die Reise in Richtung Süden.
"Jeden Donnerstag stellt DB Cargo einen leeren Zug aufs forstliche Gütergleis, jeden Dienstag wird er voll beladen abgeholt. 600 Kubikmeter Holz sind das insgesamt, die Menge etwa 22 Lkw-Ladungen", heißt es in dem Zeitungsbericht. Für die Staatsforsten sei das ein Nullsummenspiel, man wolle aber an der umweltfreundlichen Alternative festhalten.
Umstellung trotz Verlusten
Der Güterverkehr der Deutschen Bahn schreibt indes seit Jahren Verluste. Dennoch möchte das zuständige Unternehmen DB Cargo weiter Personal einstellen und auch den besonders kostenträchtigen Verkehr mit Einzelwagen ausbauen. Das Unternehmen würde sogar die Abholung vom Kunden per Lastwagen und die anschließende Verladung auf Waggons übernehmen. DB Cargo hofft auf Signale aus der Politik, die Güter von der Straße auf die Schiene zu bekommen.
Am Mühlfeldweg in Treuchtlingen sei die Verladung von Holz in der Theorie auch gut möglich, da der Gleisanschluss keine Oberleitung hat, auf die man besonders aufpassen müsste, und auch sonst nicht viel Verkehr dort sei. In der öffentlichen Sitzung ließen die Stadträte bereits erkennen, dass sie dem Vorhaben positiv gegenüberstehen.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich zuvor registrieren.
0/1000 Zeichen