Treuchtlinger Altmühltherme: Mit Welle und Kappe

2.3.2019, 06:04 Uhr
Treuchtlinger Altmühltherme: Mit Welle und Kappe

© TK-Archiv

„Welch ein Einfall, Wellen in einem künstlich gebauten Becken zu erzeugen! Ein Spielzeug für die Zeitgenossen, an dem selbst der liebe Gott seine Freude haben muss“, heißt es in der Baubroschüre des ersten Hallenwellenbads von 1973. Die verklärenden Zeilen stammen von Helmut Rost, damals Baudirektor der Beratungsstelle für den Sportstättenbau in Bayern.

Treuchtlinger Altmühltherme: Mit Welle und Kappe

© Patrick Shaw

Weiter heißt es da: „Wer es einmal erlebt hat, wie der Mensch in der Brandung des Meeres zum ,homo ludens‘ wird, wie er sich dem Spiel mit den gischtenden Wogen hingibt, der wird sich immer wieder den wiegenden Wellen verschreiben. Wieviel mehr Freude gäbe es auf der Welt, wenn mehr Geld für solches Spielzeug ausgegeben würde! Wo sind die Politiker, die sich auch einmal für Spielzeug engagieren und dafür anderes zurückstellen?“ Schwer zu sagen, was Rost davon gehalten hätte, dass Treuchtlingen bis heute viel „Geld für solches Spielzeug“ ausgibt, sein geliebtes Wellenbad aber kürzlich dicht gemacht hat.

Einer, der den Wandel von Beginn an miterlebt hat, ist Walter Münchmeyer. In den 1970er Jahren war er zeitweise der einzige Techniker im Bad, das damals auch insgesamt gerade ein Drittel der heutigen 35 Mitarbeiter hatte. „Anfangs haben wir fast alles selbst repariert“, erinnert er sich. Sogar den Chlorgehalt des Wassers habe er je nach Geruch, Sonnenschein und Erfahrung gesteuert. Heute sei dies angesichts der komplexen Technik und der vielen Umbauten undenkbar.

Badegäste hat Münchmeyer zunächst freilich kaum zu Gesicht bekommen. „Manchmal waren wir den ganzen Tag in den Katakomben“, blickt er zurück. „Da bekam man im Winter einen Kälteschock, wenn man mal raus musste“, ergänzt Ex-Kollege Peter Lorbert. Später, als Schwimmeister, standen beide dann am Becken­rand, pfiffen Besucher zurück, die sich nicht an die Regeln hielten, und mussten sich bisweilen drohen lassen, wenn sie ein Handtuch wegräumen wollten.

Die Ansprüche sind gestiegen

„Manche Leute sind heute aggressiver als früher, wenn man ihnen etwas verbieten will“, meint Münchmeyer. Das liegt laut Badchef Ulrich Schumann auch daran, „dass der Badegast früher dankbar für die Einrichtung war und der Schwimmeister Autorität hatte, während die Besucher heute umworbene Kunden sind“. In den 1970er Jahren habe Treuchtlingen immerhin zusammen mit Bad Tölz das einzige Wellenbad Süddeutschlands gehabt. Dann kamen die Spaßbäder und das Fränkische Seenland – harte Konkurrenz für die Altmühltherme.

Treuchtlinger Altmühltherme: Mit Welle und Kappe

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Monika Theumer hat das auch beim Schulschwimmen zu spüren bekommen. „Früher kamen Kinder vom Hahnenkamm, deren Eltern selbst nicht schwimmen konnten und die sich gewundert haben, wie sauber unser Wasser ist“, erinnert sie sich. „Die kannten nur die Brühe aus ihren Löschweihern.“ Nach und nach seien dann beim Unterricht (für den das Bad lange vormittags komplett geschlossen hatte) immer mehr Kinder weggeblieben. Die Mädchen wollten wohl ihre Schminke nicht verschmieren, viele Jungen mochten den Leistungsdruck im Schulsport nicht.

Peter Lorbert ging früher auch gern mal privat in die Sauna. „Da hatte man seine Ruhe“, sagt er. Jetzt seien er und seine Kollegen aber bei den Treuchtlingern so bekannt, dass sie auch als Privatleute ständig mit Fragen überhäuft würden. „Ein Schwimmeister ist ja so etwas wie der Polizist im Bad“, vergleicht er. „Er ist für die Sicherheit verantwortlich, soll aber heute gleichzeitig dafür sorgen, dass die Gäste Spaß haben“ – oft eine Zwickmühle.

Generell haben die vier „Veteranen“ den Eindruck, dass heute weniger Einheimische als früher die Therme besuchen. „Damals hatten wir mehr Gruppen aus der gesamten Region, die sich im Bad kennengelernt und dann regelmäßig verabredet haben“, erzählt Münchmeyer. „Da konnte man Datum und Uhrzeit nach stellen. Das Bad war eine Begegnungsstätte.“ Heute seien dagegen andere Bäder mit dem VGN einfacher zu erreichen. Außerdem habe sich das Freizeitverhalten gewandelt –Wandern, Radeln und Klettern seien beliebter.

Wer kann das bezahlen?

Über die Erinnerungen der Treuchtlinger an ihr Bad könnte Christa Schmidt „ein Buch schreiben“, wie sie sagt. 37 Jahre lang war sie für die Reinigung und später für die Kasse zuständig, auch ihre Kinder haben hier das Schwimmen gelernt. „Anfangs konnte ich es nicht glauben, dass in Treuchtlingen ein Thermalbad gebaut wird“, blickt sie zurück. Schon in den 1970ern hätten sich die Gäste gefragt, wie sich die Stadt das leisten kann.

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Das konnte sie freilich nie wirklich - um die drei Millionen Euro Defizit jährlich sprechen eine deutliche Sprache. Deshalb existiert heute nicht mehr allzu viel von der „alten“ Therme, allem voran das nun zum "Familien- und Aktivbad" umgebaute Wellenbad. Und auch die bunten Badekappen gibt es nicht mehr, die hier einst Pflicht waren...


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