Trotz Corona-Lockerungen: Blumenläden müssen weiter geschlossen bleiben

22.4.2020, 08:34 Uhr
Seit gestern dürfen Garten- und Baumärkte im Freistaat wieder öffnen. Floristen müssen allerdings noch geschlossen bleiben, viele bleiben jetzt auf vorbestellter Ware sitzen.

© Insa Kohler, NN Seit gestern dürfen Garten- und Baumärkte im Freistaat wieder öffnen. Floristen müssen allerdings noch geschlossen bleiben, viele bleiben jetzt auf vorbestellter Ware sitzen.

Ganz genau wollten es die bayerischen Floristen wissen, ob sie mit zu den Einzelhändlern zählten, die seit Montag wieder ihre Läden öffnen durften. "Und am Ende glaubten wir aus drei Gründen daran", sagt der Geschäftsführer des Floristenverbands Bayern, Roland Maierhofer.


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Erstens seien Blumenläden vor der coronabedingten Schließung als Unterart der Gartencenter angesehen worden. Zweitens, so Maierhofer, habe Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger in einer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag verkündet, es dürften "alle wieder Blumen verkaufen, die das vorher nicht durften". Und einen Tag später wurde dem Floristenverband dann auch noch von einer Mitarbeiterin des bayerischen Gesundheitsministeriums telefonisch versichert, dass die Branche von den durch die Staatsregierung beschlossenen Lockerungen profitieren werde.

Neue Ware bereits geordert

Die Floristen im Freistaat verließen sich auf diese Auskunft und bestellten frische Ware beim Großhandel. Doch noch am Freitag kam per Mitteilung aus dem Gesundheitsministerium die Kehrtwende. Im Gegensatz zu Bau- und Gartenmärkten mussten Blumenläden auch am Montag geschlossen bleiben.

Nicht alle Floristen konnten auf die neue Situation rechtzeitig reagieren und wie Stephan Baruch, der in Nürnberg zwei kleine Läden betreibt, ihre Bestellungen bei regionalen Gärtnereien und Großhändlern über Nacht noch stornieren. "Ich habe heute am frühen Morgen einen Kollegen getroffen", erzählt Baruch, und weiter "der gerade mit einem Auto voller frischer Blumen aus Stuttgart kam und die neue Anordnung nicht rechtzeitig mitbekommen hatte. Der wollte die ganze Ware jetzt einem Altersheim schenken." Die einzige Alternative wäre, sie im Laden verwelken zu lassen.


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"Wir sind..." – Verbandssprecher Roland Maierhofer muss eine nicht so zitierfähige Formulierung erst mal runterschlucken – "schon stark verärgert." Keinem seiner 400 Verbandsmitglieder im Freistaat leuchte ein, warum große Gartencenter und Gärtnereibetriebe wieder öffnen durften, die eigenen Läden aber geschlossen bleiben. Einige seiner Kollegen, berichtet der Nürnberger Ladenbetreiber Stephan Baruch, verführe das dazu, ihr Geschäft schnell in einen Gartenmarkt umzuetikettieren. "Wenn alles vorbei ist, wird es sicherlich wieder zum Floristikfachgeschäft."

Entscheidung nicht nachvollziehbar

Und weder Baruch noch andere in der Branche können nachvollziehen, warum Bayern als einziges Bundesland Floristen die Ladenöffnung verbietet. Eine Begründung lieferte das Gesundheitsministerium, das für die Corona-Allgemeinverfügungen zuständig ist, dem Fachverband bisher nicht.

Auch eine Anfrage unserer Redaktion an das Ministerium von Melanie Huml blieb am Montag unbeantwortet. Und aus Hubert Aiwangers Wirtschaftsministerium wurde die Frage nach den Gründen für die Ungleichbehandlung von Gartenmärkten und Blumenläden schriftlich mit einem arg lapidaren Satz beantwortet: "Floristen dürfen ab nächste Woche öffnen, so wie alle Läden unter 800 Quadratmeter."

Die schwer nachvollziehbare Benachteiligung verstärkt bei den Floristen den Schmerz über das in diesem Jahr bereits versäumte Ostergeschäft. Das Frühjahr gehört neben der Adventszeit und Allerheiligen schließlich zu den umsatzstärksten Phasen der Branche.

Keine einheitlichen Regelungen

Doch die Blumenladenbesitzer sind mit ihrem Unmut derzeit nicht allein. Auch aus anderen Branchen kommt Kritik. Der Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) beispielsweise kann nicht verstehen, dass "jetzt kleinere Läden und einzelne Branchen ohne ersichtlichen Grund privilegiert werden". Nach Ansicht von VDM-Geschäftsführer Jan Kurth sollte die Politik die Öffnung von Läden allein von einem überzeugenden Hygiene- und Zugangskonzept abhängig machen. "Ein Besucher pro 100 Quadratmeter Verkaufsfläche ist aus unserer Sicht eine praktikable und flächenunabhängige Größe, um Ansteckungsgefahren im Handel zu minimieren."


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Das einzige Bundesland, das Möbelmärkten entgegen dem von Bund und Ländern am vergangenen Mittwoch gefassten Grundsatzbeschluss seit Montag wieder Kundenbesuch erlaubt, ist Nordrhein-Westfalen. Karl-Josef Laumann, NRW-Gesundheitsminister (CDU), begründete die Entscheidung mit einem "klaren nordrhein-westfälischen Interesse". Rund 35.000 Menschen arbeiten in dem Bundesland in der Möbelindustrie.

Nicht alle Entscheidungen zu einer vorsichtigen Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen gehorchen einer strengen Logik. Die Politik tastet sich schrittweise voran.


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