Polizei im Großeinsatz

Über 1000 Beamte im Einsatz: Italienische Mafia auch in Bayern festgenommen

Minh Anh Nguyen

Online-Redaktion

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3.5.2023, 08:39 Uhr
Zwei Polizisten während dem Großeinsatz in Bayern. Seit dem Morgen hatten rund 130 Polizeikräfte, darunter auch Spezialeinheiten, zehn Wohnungen und Geschäftsräume in Stadt und Landkreis München durchsucht

© Bayerisches Landeskriminalamt Zwei Polizisten während dem Großeinsatz in Bayern. Seit dem Morgen hatten rund 130 Polizeikräfte, darunter auch Spezialeinheiten, zehn Wohnungen und Geschäftsräume in Stadt und Landkreis München durchsucht

Mit einem Großeinsatz in mehreren Bundesländern ist die Polizei am Mittwoch gegen Mitglieder der italienischen Mafia 'Ndrangheta vorgegangen. Deutschlandweit waren mehr als 1000 Beamtinnen und Beamte im Einsatz, darunter auch Spezialkräfte. Es gab Dutzende Durchsuchungen und mehrere Festnahmen. Das teilten die Staatsanwaltschaften Düsseldorf, Koblenz, Saarbrücken und München sowie die Landeskriminalämter Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland am Mittwochmorgen mit.

NRW und Rheinland-Pfalz als Schwerpunkt

Schwerpunkte des Einsatzes waren nach ersten Angaben Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit jeweils rund 500 Beamtinnen und Beamten. In Nordrhein-Westfalen wurden 51 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte durchsucht. Zudem vollstreckten die Beamten 15 Haftbefehle. In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt wurden 4 Objekte durchsucht und ein EU-Haftbefehl vollstreckt.

In Rheinland-Pfalz gab es laut Staatsanwaltschaft 50 Durchsuchungsbeschlüsse, 10 Haftbefehle wurden vollstreckt. Unterstützt wurden die Einsatzkräfte in Rheinland-Pfalz von Spezialeinheiten des Bundes und anderer Länder sowie des Zolls und der Steuerfahndung.

In Bayern laufen den Angaben zufolge Ermittlungen gegen 8 Personen. Seit dem Morgen hatten rund 130 Polizeikräfte, darunter auch Spezialeinheiten, zehn Wohnungen und Geschäftsräume in Stadt und Landkreis München durchsucht, gegen 4 Personen wurden EU-Haftbefehle vollstreckt. Die Staatsanwaltschaft München I und LKA ermitteln seit Juli 2020 gegen eine Frau und sieben Männer mit italienischer Staatsangehörigkeit im Alter von 25 bis 48 Jahren. Diese stehen im Verdacht, sich unter anderem an der Co-Finanzierung des internationalen Kokainhandels beteiligt zu haben, mit Logistik unterstützt und Geldwäsche betrieben zu haben.

Im Saarland wurden in Saarbrücken ein Wohnhaus und Geschäftsräume eines 47-jährigen Mannes durchsucht, außerdem eine Räumlichkeit, die der Mann in Saarlouis angemietet hat. Der mit Haftbefehl gesuchte Mann wurde in Italien festgenommen. Ein weiterer mit Haftbefehl gesuchter 25-Jähriger aus dem Saarland wurde ebenfalls in Italien festgenommen. An den Maßnahmen waren den Angaben zufolge rund 90 Einsatzkräfte beteiligt, darunter auch Spezialeinheiten und die Bereitschaftspolizei.

Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Rauschgiftschmuggel

In der Mitteilung hieß es: "Hintergrund ist ein Verfahren mit Bezug zur italienischen organisierten Kriminalität, das sich gegen Verantwortliche und Mitglieder der Vereinigung 'Ndrangheta richtet." Den Verdächtigen wird unter anderem Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vorgeworfen. Die Durchsuchungen und Festnahmen waren dem LKA zufolge Teil der Operation Eureka, eines der größten und bedeutendsten Verfahren gegen die organisierte Kriminalität der vergangenen Jahre.

Das Verfahren werde durch eine gemeinsame Ermittlungsgruppe geführt, an der Europol und Eurojust, die Agentur der EU für Zusammenarbeit in Strafsachen, beteiligt seien. Neben Italien, das den Schwerpunkt der Aktion bilde, beteiligten sich auch Behörden aus Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien. Seit drei Jahren ermitteln die Behörden gegen die in Kalabrien ansässige kriminelle italienische Vereinigung. Insgesamt wurden laut italienischen Behörden 108 Haftbefehle vollstreckt.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) sprach von einem "wirkungsvollen Schlag" gegen die Mafia. "Vom heutigen Tag geht das ganz deutliche Signal aus: Für die Organisierte Kriminalität ist kein Platz in Europa und für sie ist ganz sicher auch kein Platz hier bei uns in Rheinland-Pfalz." Die Strafverfolgungsbehörden seien wachsam und schlagkräftig. Machenschaften krimineller Organisationen würden entschlossen und konsequent verfolgt.

Wer ist die 'Ndrangheta?

Die 'Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt und ist längst international über die Grenzen Italiens hinaus aktiv. Beheimatet ist sie in der Region Kalabrien.Sie dominiert den internationalen Drogenhandel, verdient ihr Geld aber auch mit Waffenhandel, Geldwäsche und durch Korruption. Ihren Umsatz schätzen manche Experten auf mehr als 100 Milliarden Euro. Es gibt rund 160 Clans in Kalabrien mit schätzungsweise 6000 Mitgliedern.

Der Begriff 'Ndrangheta stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa Mut oder Treue. Die Mafia-Organisation soll sich in den 1860er Jahren gegründet haben, als eine Gruppe Sizilianer von der italienischen Regierung von der Insel verbannt wurde. Die 'Ndrangheta hat auch in Deutschland ein festes Standbein. Clans der Organisation waren etwa für die Mafia-Morde von Duisburg verantwortlich, bei denen 2007 sechs Menschen vor einer Pizzeria erschossen wurden.