Umstrittenes Klimaschutzgesetz in Bayern beschlossen

12.11.2020, 18:59 Uhr
Umstrittenes Klimaschutzgesetz in Bayern beschlossen

© Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Die Grünen tragen das mit, auch die FDP stimmt zu. Die AfD ist ohnehin gegen jedes Klimaschutzgesetz; für ihre Vertreter gibt es den menschengemachten Klimawandel schlicht nicht.

Der Ton ist also gesetzt für diesen Tag. Der SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn nennt den Entwurf "mangelhaft und unzureichend". Der Grünen-Politiker Martin Stümpfig sagt, das Gesetz sei "wirkungslos und eindeutig falsch". Der Liberale Christoph Skutella sagt, er habe "ein nachhaltiges und effektives Gesetz" erwartet. Das jetzt sei das Gegenteil. Und AfD-Mann Ingo Hahn findet, das Thema interessiere "ohnehin niemanden mehr."

Die Leidenschaft, mit der Opposition und Regierungsseite um das Thema streiten, gibt das nicht wieder. Am Nachmittag steht das Gesetz auf der Tagesordnung; es ist die letzte Lesung im Landtag. Dass CSU und Freie Wähler (FW) den Entwurf absegnen werden, ist klar. Falls manche auf einen Gesinnungswandel gehofft haben, zieht ihnen FW-Geschäftsführer Fabian Mehring den Zahn. Nichts, sagt er, hänge davon ab, ob der Opposition ein Entwurf gefalle. "Das ist Sache der Mehrheiten. Das nennt man Demokratie."

Tatsächlich tobt der Grundsatzstreit, seit Ministerpräsident Markus Söder sich den Klima-, den Arten- und den Naturschutz auf die Fahnen geschrieben hat. Die Opposition kauft ihm seinen Gesinnungswandel nicht ab und will ihn an seinen Taten messen. Die CSU geht Söders Weg eher widerstrebend mit. Und die Freien Wähler fügen sich ins Regierungsbündnis ein.

Im Kern besteht die Opposition auf klaren Vorgaben im Gesetz, auf verbindlichen Zielen, Ge- und Verboten. Die CSU aber fährt den Kurs, den sie in Umweltfragen stets fährt. Sie setzt auf Anreize, auf Appelle und auf gute Worte. Auf strikte Maßnahmen setzt sie nicht.

Dabei sind ihre Ziele ambitioniert. 96 Punkte umfasst der Entwurf, zehn grobe Kategorien katalogisieren die Themenfelder. Die reichen vom Waldumbau über Wasserschutz, Agrar und Ernährung bis zu Energie und Mobilität. Im Prinzip alles richtig und wichtig, sagen auch die Fachleute, die der Landtag angehört hat. Das, was die Regierung aber als Gesetz formuliert und vor einem Jahr das Kabinett auf den Weg gebracht hat, halten sie für zu schwach, zu ungenau, für zu unverbindlich.

Nur eine Fleißarbeit

Grüne und SPD haben die Kritik der Fachleute in zahlreiche Änderungsanträge gegossen. Doch ihre Vertreter wissen, dass es kaum mehr als eine Fleißarbeit war. CSU und Freie Wähler lassen sie alle scheitern. Die Regierungsfraktionen stehen wie eine Wand. Auch Umweltminister Thorsten Glauber macht da keine Ausnahme.


Kommentar: Der grüne Anstrich verblasst


Es sei, sagt der Forchheimer FW-Politiker, "ein besonderer Tag" für ihn. Zwei Jahre im Amt ist er jetzt, und das Gesetz sei der Einstieg "in ein neues Zeitalter des Klimaschutzes." Drei wesentliche Ziele formuliert es: Bis 2030 soll die Staatsverwaltung klimaneutral arbeiten, der Freistaat spätestens bis 2050 das Ziel erreichen und bis 2030 soll der CO2-Ausstoß im Land rechnerisch auf unter fünf Tonnen pro Kopf und Jahr sinken.

Kein anderes Land, sagt Glauber, lege sich derart fest. Und natürlich werde regelmäßig geprüft, ob das Land den selbstgesteckten Zielen näher gekommen ist. Die Redner der Opposition nehmen ihm das nicht ab. Entsprechende Passagen, bemängeln sie, fehlten im Gesetz; nichts sei finanziell ausreichend hinterlegt, nichts verbindlich geregelt. Die Regierung, sagt Martin Stümpfig von den Grünen, "meint es definitiv nicht ernst". Ein Papierchen nennt er den Entwurf, ein Armutszeugnis, bei dem "beratungsresistent und ignorant noch beschönigend sind für diese Realitätsverweigerung". SPD-Mann von Brunn nennt es "politische Homöopathie mit Null Wirkung", verantwortungslos, "ein Sammelsurium von Ladenhütern", einen "zahnlosen Tiger".

Regierung und Opposition sind selten einer Meinung; selten allerdings klafft die Wahrnehmung derart auseinander wie bei diesem Gesetz. Redner der CSU feiern wie der Umweltminister das Vorhaben als großen Wurf, als "Klimaschutz konkret", wie das der CSU-Politiker Martin Huber sagt, der "Umwelt und Wirtschaft miteinander verbindet". Die Opposition kündigt noch vor der Abstimmung an, sie werde ihren Widerstand nicht aufgeben. "Wir werden weiterkämpfen, im Parlament und außerhalb", sagt Martin Stümpfig. Etwas anderes wird ihm kaum bleiben: CSU und Freie Wähler wischen alle Bedenken beiseite und segnen das eigene Gesetz unverändert ab.

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