Söder und Aiwanger als Zeugen

Untersuchungsausschuss zu Maskenaffäre: Bayerns Opposition macht Ernst

26.8.2021, 15:09 Uhr
Helmut Kaltenhauser, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im bayerischen Landtag (rechts), spricht auf einer Pressekonferenz zum Untersuchungsausschuss in Sachen Maskenaffäre.

© Matthias Balk, dpa Helmut Kaltenhauser, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im bayerischen Landtag (rechts), spricht auf einer Pressekonferenz zum Untersuchungsausschuss in Sachen Maskenaffäre.

Die so genannte Maskenaffäre wird in Bayern ein aufwändiges parlamentarisches Nachspiel haben.

Die Oppositionsfraktionen von Grünen, SPD und FDP stellten am Donnerstag in München den Fragenkatalog für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss vor, den sie nach der Sommerpause beantragen wollen.

Mit den bisherigen Auskünften der bayerischen Staatsregierung zu mehreren umstrittenen Beschaffungen von medizinischem Material und zu der Rolle der CSU-Parlamentarier Alfred Sauter und Georg Nüßlein dabei sind die Oppositionsparteien nicht zufrieden.

150 Millionen Masken

"Das ist keine Aufklärung, das ist Mauern", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Florian Siekmann.

Es geht um Beschaffungsverträge für "persönliche Schutzausrüstung", unter anderem 150 Millionen Masken und 85 Millionen Einmalhandschuhe. Zwischen Februar und Juni vergangenen Jahres sind nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums 243 solcher Verträge abgeschlossen worden.

"Maximale Transparenz" versprach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit Blick auf die Maskenaffäre. Der Opposition im Landtag reicht das nicht. 

"Maximale Transparenz" versprach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit Blick auf die Maskenaffäre. Der Opposition im Landtag reicht das nicht.  © Matthias Balk/dpa

Das Volumen bezifferte das Ministerium auf rund 400 Millionen Euro. "In keinem Fall", so ein Ministeriumssprecher, "wurden Provisionen von Seiten des Gesundheitsministeriums an Mandatsträger gezahlt."

Opposition ist misstrauisch

Das glaubt die Opposition nicht so ohne Weiteres. Viele Anfragen seien "schleppend, verspätet und schmallippig" beantwortet worden, sagte Siekmann.

Die Fragen nach der Rolle von Sauter, Nüßlein und anderen Politikern bei den Geschäften beschränken sich außerdem nicht darauf, ob Gelder aus der Staatskasse für Provisionen oder Honorare geflossen sind.

Vielmehr wollen Grüne, SPD und FDP grundsätzlich dem Verdacht nachgehen, dass Beziehungen "zu Geld gemacht wurden", so der FDP-Haushaltspolitiker Helmut Kaltenhauser.

Den FDP-Parlamentarier interessiert auch, wie die zum Teil enorm unterschiedlichen Preise zustande kamen und ob der aufgeworfene Eindruck zutrifft, dass die damals amtierende Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sich offenbar wenig um die Beschaffungen gekümmert habe.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Im Mittelpunkt des Untersuchungsauftrags werden die besonders umstrittenen Maskengeschäfte mit den Firmen Emix Trading GmbH und Lomotex GmbH, aber auch mit dem Startup-Unternehmen GNA Biosolutions GmbH. In die Maskenkäufe waren die CSU-Politiker Sauter und Nüßlein involviert, weswegen auch die Generalstaatsanwaltschaft München gegen die Parlamentarier ermittelt.

Die Vorgänge um ein neues Corona-Testverfahrens der Firma GNA Biosolutions erscheinen den Oppositionspolitikern unter anderem verdächtig, weil sich auch in diesem Fall der aus der Fraktion ausgeschlossene CSU-Politiker Sauter bereichert haben soll.

Er erreichte allerdings nicht, dass dem Verfahren eine Sonderzulassung erteilt wurde. An GNA Biosolutions ist die "Bayern Kapital", eine Tochter der staatlichen LfA Förderbank Bayern, beteiligt.

Umso unverständlicher sei, dass man offenbar auf die anwaltlichen Dienste von Sauter zurückgriff, sagte Siekmann. Mit dem Untersuchungsauftrag will man sich nicht nur auf die Phase der Corona-Pandemie beschränken, sondern um bis zu zehn Jahre zurückgehen.

Gefragt werden soll auch nach staatlichen Aufträgen für Rechtsanwälte und Kanzleien, die zugleich Abgeordnete sind oder an denen Abgeordnete beteiligt sind, seit 2010, sagte Landtags-Vizepräsident Markus Rinderspacher (SPD).

"Affäre nicht erledigt"

Mit der Verabschiedung eines Lobbyregisters und der Änderung des bayerischen Abgeordnetengesetzes sei die Affäre nicht erledigt. Es müsse geklärt werden, welche "Personen und Systeme hinter dieser Vetternwirtschaft" stünden.

Rinderspacher bezeichnete den Masken-Untersuchungsausschuss als den "wichtigsten Ausschuss dieser Legislaturperiode", weil der immense Vertrauensverlust in die Politik wieder hergestellt werden müsse.

Holetschek gegen Ausschuss

Das Gesundheitsministerium hält die Einsetzung des Untersuchungsausschusses hingegen "nicht für geboten".

Das jetzt vom CSU-Politiker Klaus Holetschek geführte Ministerium werde aber "selbstverständlich an der gewünschten Aufklärung und Beantwortung noch offener Fragen (...) aktiv mitwirken." Der Vorsitz des Untersuchungsausschusses fällt der CSU zu. Als Stellvertreter wird der Grünen-Parlamentarier Siekmann fungieren.

Söder, Aiwanger und Huml als Zeugen

Auf die Ladung als Zeugen werden sich unter anderem die frühere Gesundheitsministerin Huml, Wirtschaftsminister Aiwanger und Ministerpräsident Markus Söder gefasst machen müssen.

Der Ausschuss sollte spätestens Anfang Februar 2022 seine Arbeit aufnehmen, sagte Kaltenhauser. Der FDP-Politiker riet den Regierungsparteien CSU und Freie Wähler, nicht auf Zeit zu spielen. Es wäre für sie misslich, sollte sich die Arbeit des Ausschusses in den Wahlkampf für die Landtagswahl 2023 hineinziehen.

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