Urlaub in Corona-Deutschland: So bereitet sich die Branche vor

4.5.2020, 12:13 Uhr
Urlaub in Corona-Deutschland: So bereitet sich die Branche vor

© Matthias Niese

Der Campingplatz

"Derzeit kommen wir mit den ganzen Buchungsanfragen kaum hinterher", lautet die überraschende Antwort von Uwe Vetter vom Campingplatz Kratzmühle im Altmühltal. "Ununterbrochen" kämen Anrufe, die Leute hätten Angst, dass sie im Mai und Juni keinen Platz bekommen. Bis Ende Oktober sei der Platz gut gebucht, nur vereinzelt sei storniert worden. Es wäre daher gar nicht möglich, nur jede zweite Parzelle zu belegen, "Die Parzellen sind mit 100 Quadratmetern auch groß genug, um Abstand zu halten", meint Vetter.

Derzeit ist der Platz noch geschlossen, alles wird renoviert, die Sanitärbereiche wurden mit Desinfektionsmittel-Spendern ausgestattet. "Weil die meisten ja eh ihr eigenes mobiles Haus mit Dusche und WC dabeihaben, könnten wir sogar einige Waschhäuser schließen oder abtrennen und so weitere Vorsichtsmaßnahmen treffen", so Vetter. Er könne es daher nicht verstehen, dass Campingplätze den gleichen Einschränkungen unterliegen wie Hotels.

Mit einer Öffnung des Platzes rechnet er zwei Wochen, nachdem Österreich erste Einrichtungen öffnet, "da muss Bayern nachziehen." Dort soll Camping ab dem 29. Mai wieder erlaubt sein. Die Preise auf dem Campingplatz Kratzmühle bleiben diese Saison gleich, denn das Angebot werde ja nicht eingeschränkt.

Das Reisebüro

"Wir rechnen damit, dass Inlandsreisen bald wieder möglich sein werden", sagt Manuela Holert von der Reiseagentur Noris in Nürnberg. Der Schaden wäre sonst zu groß, außerdem zieht es die Menschen nach draußen, sie wollen wieder verreisen dürfen. Laut Signalen aus der Politik könnten die Pfingstferien ein Probelauf sein, bevor möglicherweise die Sommerferien für Urlaub in ausgewählten Ländern des europäischen Auslands freigegeben werden, "wir hoffen da auf eine europaweite Lösung", so Holert.



Die bisherigen Sicherheitsvorkehrungen dürften auch weiterhin gelten - welche konkreten Voraussetzungen dazukommen, sei noch nicht bekannt. Anfragen für Urlaubsreisen kämen jedenfalls verstärkt herein, vor allem für den Sommer und den Herbst. "Sobald man wieder reisen darf, rechnen wir mit einem großen Andrang, wir freuen uns darauf", sagt Holert.

Diesen Sommer könnten das wohl Inlands- und Europareisen sein, Fernreisen seien noch zu ungewiss. Wobei der Sommer eh keine typische Zeit für Fernreisen sei. Manuela Holert glaubt nicht, dass die Preise wegen eingeschränkter Angebote sinken: "Da weltweit viele Reiseziele wegfallen, ist das Angebot kleiner, was die Preise stabil hält."

Die Hotels

"Wir glauben, dass wir speziell für unsere deutschen Hotels viele Anfragen für Urlaub to go bekommen werden, also spontan, kurz, schnell", sagt Jürnjakob Reisigl, Geschäftsführer der Explorer Hotels. Und Sebastian Reisigl vom Hotel Oberstdorf konkretisiert: "Wir merken es jetzt schon am Buchungsaufkommen - die Menschen denken wieder an Urlaub. Der Ansturm wird kommen, wenn uns die Politik einen möglichen Startzeitpunkt vorgibt."

Beide glauben, dass die wesentlichen Voraussetzungen Hygiene und Abstand sein werden und haben Pläne: In den Häusern wird etwa die Lobby um einen Brunnen zum Händewaschen und Desinfizieren ergänzt. Statt des klassischen Buffets im Frühstücksraum bekommen die Gäste Speisen am Tisch und bestellen an einer geschützten Theke Zusätzliches. Der Bereich wird durch mehrfache Belegung zu verschiedenen Frühstückszeiten bei ausreichend Sicherheitsabstand entzerrt.

Sebastian Reisigl sähe in einer Vorgabe, Zimmer nur beschränkt vermieten zu dürfen, eine wirtschaftliche Katastrophe. Für Jürnjakob Reisigl wäre das widersinnig: "In den Wohnblocks in den Städten wird ja auch nicht auf halbe Belegung heruntergefahren." Sebastian Reisigl schult seine Mitarbeiter, damit sie "vom Start an einen lückenlosen Nachweis über ihr Corona-verhinderndes Verhalten vorlegen können". Billiger werde der Urlaub im Hotel nicht, da ja ein erheblicher Mehraufwand für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu stemmen sei.

Auch der Brauereigasthof Adler-Post in Rettenberg im Allgäu wäre von heute auf morgen startbereit, "wir dürfen jetzt schon Monteure und Geschäftsreisende aufnehmen", sagt die Chefin Bettina Ludwig. Nun gelte es abzuwarten, wann Österreich vorprescht, dann müsse die bayerische Politik nachziehen.

Der Wohnmobilvermieter

"Ab Juni sollte endlich die Saison beginnen", hofft Ines Teubner von Tour-Mobil in Schwarzenbruck. Warum? "Weil man im Wohnmobil auf Abstand so sicher reisen kann, wie wenn man daheim wäre. Schließlich hat man die eigene Küche und Nasszelle an Bord, kein Zimmermädchen kommt herein. Man ist autark und muss auch nicht zwingend auf einen Campingplatz."

Ihrem Bauchgefühl nach sei Wohnmobilurlaub 2020 die einzige Reiseform, bei der man unabhängig von Flugplänen oder Grenzen sei und jeden Tag den Platz ändern könne. Trotzdem hat sie heuer die Auslastung ihrer Fahrzeugflotte abgeschrieben, "dafür ist die Saison einfach zu spät gestartet." Nun reduziert sie den Fuhrpark um gut die Hälfte, "das hält die Preise stabil". Nächstes Jahr werde er dann wieder deutlich aufgestockt.

Ein möglicher positiver Effekt der Corona-Krise: Langjährige Kunden, die etwa vier Wochen nach Norwegen wollten, stornieren zwar - dafür fragen Neugierige an, die statt einer Kreuzfahrt oder Fernreise heuer in Deutschland bleiben und noch nie mit Wohnmobil- oder Caravan verreist sind. "So gewinnen wir Neukunden, die vielleicht Blut lecken und wiederkommen", glaubt Teubner.


Urlaub in Österreich? Staatskanzlei-Chef sieht es kritisch


Maßnahmen kann sie mangels Vorgaben noch nicht umsetzen, sollte die Saison anspringen, "sicherlich wird aber jedes Fahrzeug nach der Rückgabe gründlich desinfiziert."

Der europaweite Campervan-Vermieter roadsurfer hat sich als Antwort auf die Coronakrise ein Auto-Abo für Campingfahrzeuge einfallen lassen - Campervans kann man zum monatlichen Fixpreis inklusive aller Nebenkosten buchen. Das soll gegen gegen die Unzuverlässigkeit einer derzeit wenig gefragte kurzfristige Miete und die reihenweise Stornierung langfristiger Buchungen helfen.

Der Tourismusverband Ostbayern

"Zusammenhalten" ist das Motto für Michael Braun, Vorstand des Tourismusverbandes Ostbayern e.V. Sein Team hat die Internetseiten und die Social-Media-Kanäle entsprechend bespielt, darunter mit der Rubrik „zsammhoitn“ auf der Seite des Bayerischen Waldes voller Tipps und Rezepten für die Zeit daheim sowie mit Kurzfilmen und Geschichten aus dem Bayerwald. Alle Prospekte wurden als Blätterkataloge ins Internet gestellt, "nun hoffen wir auf unsere Gäste." Die Freizeitinfrastruktur sei jedenfalls bereit, sollten wir bald im Land reisen dürfen.

In Ostbayern rechnen sie unmittelbar nach der Krise vor allem mit Naherholung und Kurzurlauben aus den nahen Ballungszentren: "Viele wollen raus in die Natur, sich bewegen oder etwas für ihre Rekonvaleszenz tun", so Braun.


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