Internationales Fußballflair

Der spanische Balance-Spieler des fränkischen SV Alesheim

10.10.2021, 10:10 Uhr
Kollegen auf und neben dem Platz: Dominik Baumgärtner (links) hat Juan Urdaniz zum SV Alesheim geholt. Die beiden arbeiten bei Plastic Omnium in Pappenheim.  

© SV Alesheim, WT Kollegen auf und neben dem Platz: Dominik Baumgärtner (links) hat Juan Urdaniz zum SV Alesheim geholt. Die beiden arbeiten bei Plastic Omnium in Pappenheim.  

Beweis gefällig? „Juan hat ein gutes Auge, ist ruhig am Ball und robust im Zweikampf“, meint Niklas Reutelhuber, der momentan mit dem SV Alesheim seine Qualitäten als Trainer unter Beweis stellt. Nach dem Abstieg in die A-Klasse Neumarkt/Jura West ist der SVA fulminant in die neue Saison gestartet: 7:1, 5:0, später dann 9:0. Erst am zehnten Spieltag musste die Mannschaft gegen den SC Stirn die erste Niederlage hinnehmen. Aktuell stehen die Alesheimer mit einem Spiel weniger auf Platz drei der Tabelle. Auch dank Juan Urdaniz, der in Spanien schon höherklassig gespielt hat.

Man erreicht Juan Urdaniz am Wettelsheimer Keller. Dort ist er gerade mit Freunden essen. Aber er nimmt sich die Zeit, um die „historia de Alesheim“ zu erzählen, die Geschichte, wie er nach Alesheim gekommen ist. Sein Deutsch ist noch „sehr schlecht“, wie er selber sagt, deswegen erzählt er auf Spanisch.

Juan Garikoitz Urdaniz Villanueva – so der komplette Name – kommt aus Pamplona, der Hauptstadt der Region Navarra im Norden Spaniens. Dort hat er seinen Bachelor in Wirtschaftsingenieurwesen abgeschlossen, mit seinem Master im gleichen Fach ist der 25-Jährige fast fertig. Ende 2020 hat er sich für ein Erasmus-Praktikum beworben und ist in Pappenheim gelandet.

„Er hat ein gutes Auge, ist ruhig am Ball und robust im Zweikampf“, sagt Trainer Niklas Reutelhuber über Juan Urdaniz (rechts). Unser Bild zeigt den Spanier in einer Szene aus dem Spitzenspiel der A-Klasse West gegen den SC Stirn.  

„Er hat ein gutes Auge, ist ruhig am Ball und robust im Zweikampf“, sagt Trainer Niklas Reutelhuber über Juan Urdaniz (rechts). Unser Bild zeigt den Spanier in einer Szene aus dem Spitzenspiel der A-Klasse West gegen den SC Stirn.   © Uwe Mühling, WT

Im Gegensatz zu einem Auslandssemester bewirbt man sich laut Urdaniz bei einem Erasmus-Praktikum nicht auf eine bestimmte Firma in einem bestimmten Land. „Jede mögliche Firma kann anrufen“, erzählt er. Im November 2020 hat er zum ersten Mal mit Victor Porras, Fertigungsleiter von Plastic Omnium in Pappenheim, gesprochen, seit Februar 2021 arbeitet er dort mit zwei spanischen Freunden. Gemeinsam wohnen sie in Weißenburg. Nur den Fußball, den hat Juan Urdaniz vermisst.

Das bekommt sein Kollege Dominik Baumgärtner mit, also lädt der Alesheimer Kapitän ihn zum Training ein. Im Frühjahr wohlgemerkt. Zur Erinnerung: Damals gab es aufgrund der Corona-Pandemie zunächst nur kontaktloses Training. „Doch man hat sofort gesehen, dass er technisch gut ist und dass der erste Kontakt besser ist als beim Rest“, erzählt Reutelhuber. Der Trainer ruft nach dem Training direkt beim Vorstand und sagt: Den brauchen wir.

Von Liga vier in Liga zehn

In Spanien hat Juan Urdaniz unter anderem mit dem Club Deportivo Valle de Egüés in der Tercera División gespielt, das ist dort nach Primera División, Segunda División und Segunda División B die vierthöchste Spielklasse. Eine Spielklasse höher kicken halb-professionelle Teams. Jetzt also A-Klasse und damit zehnte Liga in Deutschland. Was er von dem Niveau hält? „Ein bisschen niedriger als in Spanien, es kommt aber immer auf den Gegner an“, meint er. Sein Trainer sieht das ähnlich: „Der Unterschied zur Kreisklasse ist, dass sich viele Mannschaften noch tiefer hinten reinstellen.“ Heißt: Alesheim muss plötzlich das Spiel gestalten.

Dafür setzt Niklas Reutelhuber seinen spanischen Neuzugang momentan häufig als Achter oder Zehner ein. „In Spanien habe ich auf der Sechs gespielt, aber Niklas mag es lieber, wenn ich weiter vorne spiele“, erzählt Urdaniz. Reutelhuber erklärt: „Für uns ist das besser, weil er einen guten letzten Pass spielt und torgefährlich ist.“ Fünf Tore hat Urdaniz bisher geschossen. „Wenn er eine Schwachstelle hat, dann die Schnelligkeit. Aber die braucht er im Mittelfeld nicht unbedingt“, so der Coach.

Juan Urdaniz sei keiner, der an zehn Gegnern vorbeimarschiert, aber dafür ein „sehr intelligenter, robuster Spieler mit einem guten Kopfballspiel“. Oder kurz: „Er ist unser Balance-Spieler.“ In welcher Liga Reutelhuber ihn bei uns einstufen würde? Jetzt bloß nichts Falsches sagen – nicht, dass er noch weggekauft wird. Aber im Ernst: „Bezirksliga auf jeden Fall, vermutlich könnte er auch Landesliga spielen.“

Lieblingswort: Labersack

Juan Urdaniz fühlt sich wohl in Alesheim. „Ich bin super aufgenommen worden“, erzählt er. „Am meisten gefällt mir, dass die Mannschaft so zusammengeschweißt ist. Nach jedem Training sitzen wir noch zusammen.“ Sein Vertrag bei Plastic Omnium läuft noch bis Ende Dezember. „Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich hierbleibe oder nach Spanien zurückkehre“, erklärt Urdaniz.

So oder so wird er noch ein bisschen an seinem Deutsch arbeiten. Die typischen Fußball-Kommandos wie „Dreh auf!“ oder „Hintermann!“ kennt er schon. Sein Lieblingswort aber: „Labersack.“

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