Ein Autositz im Stadtwald

11.10.2016, 08:27 Uhr
Ein Autositz im Stadtwald

© Leykamm

So mancher spricht bei der 29. Auflage der Aktion sogar von der gerings­ten Müllmenge, die seit ihrem Startschuss 1988 zu verzeichnen gewesen sei. Pfandregelungen, ein gereiftes Bewusstsein in der Bevölkerung für eine saubere Natur oder auch eine bessere Sensibilisierung in den Schulen für die Thematik werden dafür unter anderem verantwortlich gemacht.

Zu Beginn der Sammlung weiß freilich noch niemand, dass viele der ausgeteilten Müllsäcke nicht gebraucht werden. Für zahlreiche Teilnehmer ist die Waldsäuberung Anlass für ein jährliches Wiedersehen. Jäger treffen auf Ringer des TSV 1860 Weißenburg, Besucher der AWO-Tagesstätte Brücke auf Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins, der als solches zum ersten Mal dabei ist. Dessen Teilnehmer sind aber bisher schon als Mitglieder anderer Vereine mit von der Partie gewesen.

Beim Einteilen der Gruppen ist BN-Ortsvorsitzender Wolfgang Federschmidt um keinen Tipp verlegen. Er gibt Hinweise, wo sich die leeren Schnapsflaschen im guten Dutzend tummeln könnten. Und er freut sich über den großen Zuspruch trotz des Nieselregens. Vielfach kann er schon die zweite Generation Waldsäuberer begrüßen. „Niemand soll traurig sein, wenn er nicht so viel findet“, sagt Federschmidt in leiser Vorahnung. Traurig sei bestenfalls, dass die Aktion überhaupt nötig ist.

Dem stimmt Oberbürgermeister Jürgen Schröppel zu, der voll des Lobes für „die Umweltaktivisten“ im besten Sinn des Wortes ist. Er selbst kann ein Lied von mangelndem Umweltbewusstsein singen. Etwa dann, wenn das Ablassen des Seeweihers eröffnet, in welchem Maß er als Müll eimer fehlinterpretiert wird. Leider greife auch der Tipp, an neuralgischen Stellen mehr Mülleimer aufzustellen, ins Leere. Denn dort wo sie stehen, würden sie entweder einladen, den Hausmüll dort zu deponieren – oder sie seien leer, während sich vor ihnen ebenfalls leere Pizzaschachteln türmten.

Solche Verpackungen sind es auch, die die eifrigen Sammler wenig später reichlich finden. Aber auch größeres wie einen ganzen Autositz, über dessen Hersteller gleich philosophiert wird. „Ist das Audi?“, flachst etwa Gernot Tutsch von der Kreisverkehrswacht mit Blick auf die Automarke seines Fahrers Stephan Ruf, Vorsitzender des örtlichen Enduroclubs. Der erwidert schlagfertig: „Nein, eine Sauerei!“

Derweil steigt der Alpenverein standesgemäß die Höhen des Römerbrunnenwegs hinauf und wird fündig: Flaschen und Eimer, Warndreieck und Radkappe sowie Windeln wandern in die Säcke. „Aber früher war es noch viel schlimmer“, erinnert sich Manfred Schupp. Da machte sich auch schon mal jemand die Mühe, ein Regal zu zerhacken, um es dann im Wald wegzuwerfen. „Das ist viel umständlicher als es zum Recyclinghof zu bringen“, wundert sich der Alpenvereinler.

Seine Vereinskollegin Ute Aßmann müht sich indes mit einem Glaskrug ab. Verwundert sind auch die Naturfreunde, die rund um den Bismarck-turm aktiv sind und ein knappes Dutzend gefüllter gelber Säcke aufstöbern. Immerhin direkt am Waldrand „zum Mitnehmen“ geparkt. „Man muss dem Übeltäter ja hoch anrechnen, dass er sie nicht im Wald verteilt hat“, meint dazu Naturfreund Otto Fleischmann verschmitzt. Der 85-Jährige sprüht vor Fitness und Engagement – er ist seit der ersten Stunde mit dabei.

Ein großes Problem dieser Tage tritt auch an der jetzigen Säuberung zutage: Der Wald wird zu gerne für die Vermüllung mit Grünabfällen missbraucht, was zur Überdüngung führt. Allerdings gibt es auch nicht so viele Möglichkeiten, sie ordnungsgemäß zu entsorgen. „Hier ist die Stadt gefragt“, macht Federschmidt deutlich, bedankt sich aber zugleich für deren Unterstützung sowie für jene der Stadtwerke, des Forstamts und der Sparkasse.

Ihnen ist es zu verdanken, dass auch dieses Mal wieder die Aktion bei gemeinsamer Brotzeit in der Metzgerei Reich ausklingen kann. Dort gibt es viel zu erzählen, etwa von den jungen Damen und Herren der BN-Kindergruppe, die die Gelegenheit zum Nistkästenreinigen genutzt haben und dabei auf 20 Siebenschläfer gestoßen sind.

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