"Die Spiele des Jahrhunderts" erscheint

Ein Buch aus Weißenburg für die Weißenburger Bücherschau

20.10.2021, 11:56 Uhr
Die olympischen Spiele 1972 in München dienen Roman Deininger und Uwe Ritzer als Grundgerüst, um die Geschichte des 20. Jahrhunderts nachzuzeichnen. Ihr Buch "Die Spiele des Jahrhunderts" erscheint am Donnerstag, 21. Oktober, im Handel.

© ©Martin Hangen/hangenfoto Die olympischen Spiele 1972 in München dienen Roman Deininger und Uwe Ritzer als Grundgerüst, um die Geschichte des 20. Jahrhunderts nachzuzeichnen. Ihr Buch "Die Spiele des Jahrhunderts" erscheint am Donnerstag, 21. Oktober, im Handel.

Nach einem der größten Psychiatrie-Skandale Deutschlands ("Die Affäre Mollath") widmete er sich in "Lobbykratie" der Einflussnahme der Wirtschaft auf die Politik. Anschließend veröffentlichte er eine Biographie zu Markus Söder ("Politik und Provokation"), die er bald aktualisiert auf den Markt bringen musste, weil aus dem Ministerpräsidenten eine Art Corona-Kanzler der Herzen geworden war ("Der Schattenkanzler").

Und jetzt? Jetzt widmen sich Ritzer und sein SZ-Kollege Roman Deininger kurz vor dem 50-jährigem Jubiläum den Olympischen Spielen von München. "Die Spiele des Jahrhunderts", prangt als Titel auf dem Buch. Und das ist auch eine programmatische Ansage.

Deininger und Ritzer wollen hier kein Sport-Event nacherzählen, sie wollen anhand der Spiele eine Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählen. "Ein solches Buch gibt es auf dem deutschen Markt nicht" , stellt Ritzer fest. Wer fürchtet, dass das ein wenig überambitioniert ist, dass das zu konstruiert werden könnte, muss sich keine Sorgen machen. Der Ansatz funktioniert, er funktioniert sogar verblüffend.

Das hat zwei Gründe.

Erstens: die beiden Journalisten haben akribisch recherchiert und sich dafür viel Zeit genommen. Ritzer sprach mit unzähligen Protagonisten. Von Ulrike Maifahrth über Uli Hoeneß bis hin zur tragischen DDR-Sprinterin Renate Stecher. Er stieg aber auch ins bayerische Staatsarchiv, um die Original-Akten zum palästinensischen Olympia-Attentat zu sichten, bei dem etliche Menschen starben.

Zweitens: Deininger und Ritzer haben ihre Erkenntnisse zu einer großen, literarischen Reportage montiert, die sich wunderbar liest. Man erfährt, dass Teile der israelischen Olympia-Mannschaft am Vorabend des Attentats in München feiern gingen, während am Flughafen die ersten Attentäter ankamen. Man liest fassungslos, dass in ganz München keine Scharfschützen vorhanden waren, dass große Teile der deutschen Polizisten bei Olympia weder Uniformen noch Waffen trugen.

Der Brückenschlag von Berlin 1936

Es sollten die Spiele eines neuen Deutschlands werden. Nicht mehr blond und brutal, sondern freundlich, aufgeschlossen und fröhlich. Schon einmal aber gab es Olympia auf deutschem Boden, das der Welt ein Bild von Deutschland präsentieren sollten. Wenn auch ein völlig anderes...

Berlin 1936 machten die Nazis zur Bühne. Allerdings mussten auch sie feststellen, dass sich mithilfe des Sport zwar große Bilder inszenieren lassen, aber sie schlecht planbar sind. Dass der Afroamerikaner Jesse Owens die deutsche Sprinterwelt in Grund und Boden rannte und sich auch noch mit den deutschen Top-Athleten anfreundete, passte gar nicht ins Weltbild der Nazi-Propaganda.

Geschickt weben die beiden Autoren Berlin '36 als zusätzliche, olympische Dimension ein. So können sie zeigen, welche Entwicklungen sich in den 36 Jahren von Berlin nach München ergaben, wie manches anderes bedingte. Von der Kommerzialisierung des Sports über die Entwicklung der Massenmedien bis hin zur Naivität eines neuen Deutschlands, die in einem grandiosen Kater endete.

Ein Buch, aus dem man Vieles erfährt, Manches lernt und das sich tatsächlich mit Freude und Spannung liest. Obwohl man genau weiß, wie die Dinge enden werden. Ein viel größeres Lob kann man einem Buch eigentlich nicht machen.

INFO

Die erste große gemeinsame Lesung zu "Die Spiele des Jahrhunderts" halten Uwe Ritzer und Roman Deininger zur Eröffnung der Weißenburger Bücherschau ab. Die Veranstaltung findet am Dienstag, 9. November, um 19.30 Uhr in der Karmeliterkirche in Weißenburg statt. Karten gibt es im Vorverkauf bei den Buchhandlungen Stoll (Tel. 09141/3230) und Meyer (09141/3230).

Keine Kommentare