Ein Pflegestützpunkt für Altmühlfranken

20.9.2020, 07:35 Uhr
Ein Pflegestützpunkt für Altmühlfranken

© Foto: Robert Maurer

In einem Pflegestützpunkt werden Betroffene und Angehörige bei allen Fragen rund ums Thema Pflege beraten. Das kann die Hilfe beim Ausfüllen eines Antrags sein, das Aufzeigen nützlicher Hilfsmittel für zu Hause, die Kontaktvermittlung zu einem Wohnberater oder die Auskunft darüber, welches Pflegeheim im Landkreis aktuell freie Kapazitäten hat.

Starten soll das Angebot irgendwann im nächsten Jahr. Die beiden nächsten großen Hürden sind das Einstellen von Personal und das Finden geeigneter Räume. Markus Bieber, Sachgebietsleiter für Soziales und Senioren am Landratsamt, erläuterte im Kreisausschuss den Stand der Dinge.

Er machte deutlich, dass es zwar keine Verpflichtung für den Landkreis gibt, einen Pflegestützpunkt einzurichten, doch sinnvoll sei es allemal. Kaum jemand weiß im Ernstfall, wohin er sich wenden soll, wenn ein Angehöriger überraschend pflegebedürftig wird. Grundsätzlich ist das eine Aufgabe, die die Pflegekasse zu leisten hat. "Aber das wissen viele Bürgerinnen und Bürger nicht", stellte Bieber fest. Außerdem haben viele Kassen auch immer seltener Geschäftsstellen vor Ort.

Unerschöpfliches Angebot

Es gibt ganz viele Anlaufstellen rund ums Thema Pflege, die aber allesamt nur einen Teil des Spektrums im Blick haben. Neben den Kranken- und Pflegekassen sind das die bei der Diakonie in Weißenburg angesiedelte Fachstelle für pflegende Angehörige, der Bezirk Mittelfranken, das Sozialamt am Landratsamt, die ehrenamtlichen Wohnberater, Vereine wie die Alzheimer-Gesellschaft, Selbsthilfegruppen oder auch die Pflegeüberleitung, die bei der Entlassung aus dem Krankenhaus hilft. Bieber: "Das ist fast unerschöpflich." Für den Bürger ist es schwer sich zurechtzufinden. Und angesichts der demografischen Entwicklung wird der Bedarf weiter wachsen.

Er betonte, dass es nicht darum geht, eines der bestehenden Angebote zu verdrängen – schon gar nicht die ehrenamtlichen. Vielmehr soll der Stützpunkt helfen, auf diese aufmerksam zu machen, und sie noch besser vernetzen.

Die Geldfrage

Schon 2009 hatte die Staatsregierung angekündigt, dass in Bayern mindestens 60 Pflegestützpunkte entstehen sollen. Doch die Kostenfrage ließ die meisten Landkreise und kreisfreien Städte abwarten. Vor gut zwei Jahren zeichnete sich dann eine Lösung in der Finanzfrage ab. Aber bis der Rahmenvertrag zwischen Kranken- und Pflegekassen, den Bezirken und den kommunalen Spitzenverbänden unterschriftsreif war, wurde es doch Anfang 2020. Dieser regelt nun, dass die Pflegekassen und die Krankenkassen je ein Drittel der Kosten tragen, der Bezirk trägt ein Sechstel und der Landkreis das verbleibende Sechstel.

Der Rahmenvertrag geht von einer Vollzeitstelle aus, für die man je 60 000 Einwohner braucht. Für Weißenburg-Gunzenhausen mit seinen knapp 95 000 Einwohnern sind das somit etwa 1,5 Stellen. Bieber hat überschlagen, dass Personal- und laufende Kosten für den Landkreis gut 25.000 Euro im Jahr ausmachen. Hinzu kommt die Erstausstattung des Büros, die bei knapp 30.000 Euro liegen dürfte. Doch dafür gibt es eine großzügige Förderung des Freistaats.

Der Kreisausschuss hat das nun einstimmig auf den Weg gebracht. Die Zustimmung im Kreistag am Montag, 21. September, dürfte damit Formsache sein. Nun geht es ums Finden geeigneter Räume. Diese sollen gut auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar und möglichst barrierefrei sein. Außerdem sollte das Büro groß genug sein, damit auch ehrenamtliche Organisationen Beratungen anbieten können. Darüber hinaus sollen übrigens gegebenenfalls auch Hausbesuche angeboten werden.

Erfahrungen aus dem Landkreis Roth

Im Nachbarlandkreis Roth (er ist mit rund 125 000 Einwohnern etwa ein Drittel größer als Weißenburg-Gunzenhausen), wo es bereits seit mehreren Jahren einen Pflegestützpunkt gibt, wurden im vergangenen Jahr etwa 2900 Beratungen telefonisch, 1500 Beratungen in der Geschäftsstelle und etwa 300 als Hausbesuche geleistet, berichtete Bieber.

Sinnvoll wäre es aus Sicht des Sachgebietsleiters, dass die IT-Infrastruktur des Landratsamtes mitgenutzt werden kann. Das spricht sehr für einen Standort in Weißenburg. Auch wenn sich Bieber da auf Nachfrage unserer Zeitung noch nicht festlegen lassen wollte.

Das größte Problem wird nun das Finden geeigneten Personals sein. Denn die Ausbildung zum Pflegeberater umfasst immerhin 400 Stunden. Und idealerweise sollte die Fortbildung bereits vor der Anstellung absolviert sein.

"Wichtige Sache"

Völlig unumstritten war, dass sich der Landkreis für das Angestellten- und nicht für das Kooperationsmodell entscheidet. In letzterem Fall entsenden alle beteiligten Stellen Personal, die dann gemeinsam arbeiten. Beim Angestelltenmodell ist der Landkreis Betreiber und lässt sich die Kosten erstatten. Gerade in einem kleinen Landkreis wie Weißenburg-Gunzenhausen sei das auch im Hinblick auf gegenseitige Urlaubsvertretungen besser umsetzbar, befand Bieber.

Alexander Höhn, der Vorsitzende der CSU-Kreistagsfraktion, nannte den Pflegestützpunkt eine "wichtige Sache". Er gab zu bedenken, dass es nicht so leicht sein dürfte, das bereits qualifizierte Personal zu finden. Man könnte darüber nachdenken, sich gegebenenfalls an der Fachweiterbildung zu beteiligen. Angeboten wird die Schulung übrigens unter anderem in Nürnberg. Dass die ehrenamtlichen Angebote in den Pflegestützpunkt integriert werden sollen, ist für Josef Miehling (Freie Wähler) ein ganz wichtiger Punkt.

Für die SPD sprach Anette Pappler von einem "Mehrwert für die Bevölkerung". Die Sozialdemokraten begrüßten ausdrücklich, dass das Projekt nun endlich zur Umsetzung komme. Schließlich fordert die SPD so einen Pflegestützpunkt schon seit etlichen Jahren, stieß damit jedoch lange auf taube Ohren.


Pflegestützpunkt in Weißenburg tritt auf der Stelle


Ende 2018 verkündete schließlich der damalige Landrat Gerhard Wägemann, dass er seine negative Bewertung einer solchen Anlaufstelle revidiert habe und dass er eine solche doch als überaus sinnvoll erachte. Dass die Umsetzung nicht mehr in seiner Amtszeit erfolgte, lag an den langwierigen Verhandlungen des Rahmenvertrages – und auf den letzten Metern auch an Corona, weil wegen der Pandemie Sitzungen ausgefallen sind.

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