Keine Termine: Zu wenig Impfstoff kommt in Altmühlfranken an

19.1.2021, 17:21 Uhr
Keine Termine: Zu wenig Impfstoff kommt in Altmühlfranken an

© Foto: Isabel-Marie Köppel

Christoph Schneidewin, der Vorstand des Klinikums Altmühlfranken, legte in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses eine aktuelle Zwischenbilanz vor. Das Impfzentrum im ehemaligen Altmühl-Center in Frickenfelden sei auf bis zu 1900 Impfungen pro Woche ausgelegt, erklärte er. Allerdings brauche jeder Geimpfte nach rund drei Wochen noch eine zweite Dosis, damit sich dann nach weiteren rund drei Wochen der endgültige Schutz gegen das Coronavirus aufbauen kann.

In einem halben Jahr könnte man somit rein rechnerisch rund 52.000 Impfdosen spritzen, also rund 26.000 Menschen immunisieren. Das wäre etwas mehr als ein Viertel der Landkreisbevölkerung, rechnete Schneidewin im Weißenburger Wildbadsaal den Kreisräten vor. Rund 40 Mitarbeitende hat das Klinikum Altmühlfranken als Betreiber des Impfzentrums hierfür schon eingestellt: "Wir würden alle gerne loslegen."


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Infrastruktur und Personal sind also einsatzbereit. Was fehlt, ist der Impfstoff. Vom Wirkstoff der Firma Moderna, der als Zweites eine Zulassung in der EU erhalten hat, ist noch gar nichts angekommen. Und auch das Vakzin von Biontech/Pfizer kommt nur tröpfchenweise. Los ging es mit 100 Impfdosen, dann 395, 370 und 460, und für kommende Woche sind 130 angekündigt. Was in den beiden folgenden Kalenderwochen sein wird, ist noch offen. "Dagegen sind wir machtlos", sagte Schneidewin: "Es gibt zu wenig Impfstoff."

Neue Termine anzusetzen sei deshalb sinnlos. Denn die Lieferungen, die kommen, werden benötigt, um jenen, die bereits geimpft sind, ihre zweite Dosis zu verabreichen.

1100 Menschen sind geimpft

Das mobile Impfteam hat bislang in elf Einsätzen 718 Bewohner und Mitarbeitende in Alten- und Pflegeheimen geimpft. Hinzu kämen 215 Beschäftigte im Klinikum Altmühlfranken und bei der SAPV (Spezielle Ambulante Palliativversorgung) sowie jene knapp 200 Menschen, die im Impfzentrum ihre Spritze bekommen haben. Macht in Summe gut 1100 Menschen. Rein rechnerisch wären in der Zeit, seit das Impfzentrum einsatzbereit ist, rund 10.000 Impfungen möglich gewesen – wenn es den Impfstoff gegeben hätte.

Als unnötige Hürde empfindet der Klinikchef die Vielzahl an bürokratischen Vorgaben, die nicht praxistauglich seien und den Prozess unnötig verkomplizierten. Die massiven Probleme, die die Registrierung mache, wollte der Klinikchef auch nicht leugnen. Ärgerlicherweise sei die Onlineregistrierung auf der Internetseite erst freigeschaltet worden, nachdem das Landratsamt die Infobriefe an alle Menschen über 80 im Landkreis verschickt hatte. Deshalb steht die Internetadresse auch nicht drin.

Einmal mehr betonte Schneidewin, dass es keinen Vorteil bringe, sich telefonisch registrieren zu lassen. In Gunzenhausen nehmen inzwischen täglich vier bis sechs Mitarbeiter gleichzeitig telefonische Registrierungen vor. Pro Person dauere das etwa zehn Minuten. Deshalb gehe es nur langsam voran. Doch am Ende landen Online- und Telefon-Anmeldungen in einem Topf, und eine Software entscheide, wer einen Impftermin bekommt.

Hauptkriterium dabei ist das Alter. So kann es sein, dass der 81-Jährige, der sich schon vorige Woche registrieren ließ, dennoch später aufgerufen wird als die 94-Jährige, die das erst in zwei Wochen tun wird: "Wir haben keinen Zugriff darauf, wer wann eingeladen wird."

Kritik: Nur eine E-Mail-Adresse pro Person nutzbar

Ein Problem bei der Online-Registrierung sei, dass eine Mail-Adresse nur für eine Person nutzbar ist, merkte Josef Miehling (Freie Wähler) an. Hat ein Ehepaar eine gemeinsame Adresse, schaut einer erst mal in die Röhre. Eine Woche nach der zweiten Impfung werden die Daten gelöscht, dann kann die Mailadresse wieder genutzt werden.

Durch diese Einschränkung soll verhindert werden, dass Hacker das System lahmlegen, erklärte Schneidewin. Die Programmierer der Software verwiesen darauf, dass es im Internet jede Menge Anbieter von Gratis-Mail-Konten gebe; hier könne man sich durchaus eine zusätzliche Adresse einrichten.

Solche Argumente verstehe er natürlich, sagte Weißenburgs Oberbürgermeister Jürgen Schröppel (SPD), doch müssten die Verantwortlichen auch die andere Seite sehen. Er habe in den vergangenen Tagen mit Senioren gesprochen, die ihm unter Tränen berichteten, dass sie seit Tagen bei der telefonischen Registrierung nicht durchkommen. Auf seinen Hinweis, dies doch online zu machen, habe er zur Antwort bekommen: "Ich bin über 80. Ich bin noch nie vor einem Computer gesessen." Bei den Menschen lägen da verständlicherweise die Nerven blank.

Bitte um Gelduld

Christoph Schneidewin bat um etwas mehr Geduld. Gerade jetzt sei es eben gar nicht entscheidend, wie schnell man sich registriere, weil mangels Impfstoff in den nächsten Wochen ohnehin wenig passiere. Deshalb könne man sich mit der Registrierung durchaus Zeit lassen.


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Auch Landrat Manuel Westphal (CSU) räumte ein, dass die Kritik ihre Berechtigung habe. Doch auf diese Situation sei niemand vorbereitet gewesen: "Es gibt keine Blaupause. Alle sind wirklich bemüht, das in den Griff zu bekommen."

Eine Lanze für die Verwaltung, das Klinikum und das Impfzentrum brach Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz (CSU). Angesichts der Herausforderungen hätten alle Beteiligten tolle Arbeit geleistet und in kürzester Zeit das Impfzentrum an den Start gebracht. Dafür gab es reichlich Applaus vom Gremium.

Ungeklärt ist noch die Frage, wie jene, die sich impfen lassen wollen, aber selbst nicht mobil sind, ins Impfzentrum kommen. Joachim Federschmidt (SPD) hatte die Frage aufgeworfen, ob hier mit kostenlosen oder vergünstigten Taxifahrten oder zumindest mit einem aufgestockten Busangebot reagiert werden könnte. Alternativ wäre es aus seiner Sicht auch denkbar, dass ein mobiles Impfteam die einzelnen Ortschaften aufsucht.

Das sei aus logistischen Gründen nicht machbar, stellte Westphal fest. Der Freistaat prüfe noch, wie es am besten gelingen könne, möglichst viele Menschen ins Impfzentrum zu bringen. Hier sollten die Ergebnisse abgewartet werden.

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