Neonazis rüsten verbal auf

24.11.2011, 08:13 Uhr
Neonazis rüsten verbal auf

© Stephan

Die Neonazi-Szene im Weißenburger Land hat verbal weiter aufgerüs­tet. Die bisherigen Propaganda-Aktionen der vergangenen Monate (wir berichteten) wirken gegen die jüngste Kampagne fast zahm. Mit dem direkten Verweis auf Hitler an prominenter Stelle am Weißenburger Bahnhof und der offenen Drohung gegen das Weißenburger Jugendzentrum scheint eine weitere Grenze überschritten.

Die Kriminalpolizei Ansbach sieht in den Aussagen selbst allerdings kei­ne Straftat, wie ein Sprecher des Po­lizeipräsidums Mittelfranken auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte. Aus Sicht des Fachkommissariats reichen die Schriftzüge weder für eine Ankla­ge wegen Volksverhetzung noch Bedrohung aus. Die polizeilichen Ermittlung laufen zunächst nur wegen des offensichtli­chen Vorwurfs der Sachbeschädigung.

Weil der Inhalt der Parolen als politisch motiviert gewertet wird, beteiligt sich nach Informationen unserer Zeitung auch der Staatsschutz an den aktuellen Ermittlungen. Sollten die Tä­ter ermittelt werden, muss die Staatsanwaltschaft Ansbach entscheiden, wie die Anklage lautet.

Als Bedrohung empfunden

Dass es sich bei der Parole auf dem Rollladen einer Tür des Jugendzent­rums um eine Drohung handelt, daran zweifeln die Verantwortlichen des Jugendzentrums indes nicht. „Das empfinde ich als Bedrohung, natürlich, das ist doch klar“, sagte Juz-Sozialpädagoge Roger Dasenbrock auf Anfrage unserer Zeitung. Verdenken mag man es ihm nicht. Das in großen Lettern gesprühte „Wir kriegen euch alle!“ klingt nicht wie eine Einladung zum politischen Meinungsaustausch.

Die Kriminalpolizei sucht derweil dringend nach Zeugen. Die Beamten gehen davon aus, dass sich die Taten im Zeitraum zwischen 22.00 und 3.15 Uhr ereignet haben und die Täter möglicherweise mit dem Zug anreis­ten. Wer an den Tatorten verdächtige Personen oder direkt die Sprühak­tionen bemerkt hat, soll sich umgehend an den Kriminaldauerdienst Mittelfranken unter der Telefonnummer 09 11 / 21 12 - 33 33 wenden.

Wie Recherchen unserer Zeitung ergaben, ist das „Hitlerleute-Zitat“ zumindest einmal in Nordrhein-West­falen als Volksverhetzung angeklagt worden. In Kreisen der Staatsanwaltschaften gilt der Paragraf 130 des Strafgesetzbuches aber als extrem heikel. „Die Meinungen gehen da immer wieder auseinander, was darunter fällt und was nicht“, sagte ein Kenner der Materie. Am ehesten dürfte Absatz vier des Paragrafen in Frage kommen. Darin wird die Billigung, Rechtfertigung oder Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft unter Strafe gestellt.

Derweil stellt sich die Frage, wie viele Aktivisten hinter den Umtrieben der hiesigen Neonazi-Szene stecken. Bilder einer „Gedenkfeier“ am Grab des in Dornhausen begrabenen NS-Kriegshelden Hans-Ulrich Rudel zeigen maximal 13 Teilnehmer. Und das, obwohl die organisierenden Freien Nationalisten Weißenburg nach eigenen Angaben noch „Kameraden“ aus Nürnberg und Eichstätt zu Gast hatten. Der Verfassungsschutz stuft die Freien Nationalisten Weißenburg offiziell als „Neonazis“ ein und beobachtet die Umtriebe in der Römerstadt.

Seit Sommer dieses Jahres fällt die Gruppe durch vermehrte Propagandaaktivitäten auf. Immer wieder kommt es zudem zu illegalen Aufklebern oder Plakataktionen. Deren politischer Inhalt deckt sich zwar mit den Forderungen der Weißenburger Gruppe, bisher konnte die Polizei aber eine mögliche Verbindung nicht beweisen.

1 Kommentar