Pleinfeld tanzt bei der Landkreis-vhs aus der Reihe

6.3.2021, 12:00 Uhr
Pleinfeld tanzt bei der Landkreis-vhs aus der Reihe

© Foto: WT-Archiv

Wie weit ist die landkreisweite Volkshochschule (vhs) eigentlich gediehen? Die Idee dazu kam bereits im Sommer 2018 auf und wurde vom damaligen Landrat Gerhard Wägemann und dem Weißenburger Oberbürgermeister Jürgen Schröppel als Zukunftsmodell angesehen, weil der Bayerische Volkshochschulverband durch eine bessere Kooperation der bislang über 200 Volkshochschulen im Freistaat zukunftsfähigere und leistungsfähigere Verbünde schaffen will. Um künftig staatliche Zuschüsse zu erhalten, gibt es zudem neue Richtwerte, zum Beispiel für die Mindesteilnehmerzahl von Kursen, die sich künftig fast verdreifacht.

Alle oder keiner

Das von Schröppel und Wägemann angedachte Konzept sah vor, dass alle 27 Kommunen im Landkreis einen gemeinsamen Zweckverband gründen, der die beiden größten Volkshochschulen im Kreis, Weißenburg und Gunzenhausen also, mit professionellem Personal in einem Zweckverband betreibt. Der hätte eigentlich schon im vergangenen Sommer gegründet werden sollen, scheiterte aber an der bisherigen Blockadehaltung von Pleinfeld.


Landkreis-vhs: Eine lange und zähe Vorgeschichte


Während sich für die Landkreis-vhs inzwischen 26 der insgesamt 27 Gemeinden erwärmen konnten, fand sich auch im jüngsten Pleinfelder Gemeinderat keine Mehrheit für dieses Modell. So musste auch Kathrin Kimmich, die Leiterin der Zukunftsinitiative Altmühlfranken (ZIA), die im Pleinfelder Gemeinderat für die Landkreis-vhs warb, erfahren, dass die Pleinfelder nicht so leicht für die Landkreis-Lösung zu begeistern sind. Für Kimmich liegen die Vorteile dagegen klar auf der Hand: "Eine landkreisweite Einrichtung wäre wünschenswert, weil sie in die Breite ginge und sich trotzdem mit lokalen Strukturen vereinen ließe."

Eine Art Mini-vhs

Genau diese bereits vorhandenen lokalen Strukturen scheinen indes in Pleinfeld der Grund zu sein, warum die Rezatkommune kein großes Interesse an einem Verbund hat. Denn die Pleinfelder Bürgerwerkstatt, eine Art Mini-vhs, bietet seit etlichen Jahren Lehrgänge, Kurse, Vorträge und Veranstaltungen und ein attraktives Bildungs- und Sportangebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an. Dank des weitgehend ehrenamtlichen Engagements und durch die Unterstützung der Marktgemeinde Pleinfeld arbeitet die Bürgerwerkstatt zudem kostendeckend.

Bei der Weißenburger vhs, die im Unterschied zu Gunzenhausen noch immer ehrenamtlich geleitet wird, stößt man dagegen seit Jahren an Grenzen. Der vhs-Vorsitzende Dr. Andreas Palme rief deshalb schon vor gut zweieinhalb Jahren die Stadt um Hilfe an, weil die Arbeit und vor allem die bürokratischen Hürden für die Förderfähigkeit immer höher wurden und die Arbeit ehrenamtlich nicht mehr zu stemmen sei.

 

OB Schröppel und Landrat Wägemann sahen damals eine landkreisweite vhs und einen Zweckverband, in den alle Landkreiskommunen je nach Einwohnerzahl einzahlen, als den Königsweg – sowie 26 Kommunen offenbar auch. Nur die Pleinfelder sehen keine Notwendigkeit, weil ihre Bürgerwerkstatt sowohl bei der Bildung und Durchführung des Kursangebots große Freiheiten genießt und auf sich verändernde Kursnachfragen flexibel reagieren kann.

20 000 Euro ohne Vorteil

Aus Pleinfelder Sicht hätte der Beitritt zu einem vhs-Zweckverband sogar Nachteile: Die Kurse könnten künftig nur noch bei Erreichen einer gesetzlich vorgeschriebenen Mindestteilnehmerzahl durchgeführt werden.

Weil die Bezahlung der Kursleiter durch die vhs "sehr niedrig" sei, würden viele in Pleinfeld aktive Kursleiter künftig wegfallen, befürchtet man in der Pleinfelder Gemeindeverwaltung. Zudem müsste Pleinfeld künftig rund 20 000 Euro an den Zweckverband zahlen, ohne dabei "einen besonderen Vorteil" zu haben. Zu guter Letzt müsste die Gemeinde Pleinfeld ihre Räumlichkeiten sogar kostenfrei zur Verfügung stellen, wenn Kurse in Pleinfeld durchgeführt werden.

"Wo ist denn da der Vorteil für uns?", fragt sich deshalb nicht nur der SPD-Fraktionsvorsitzende Bernhard Endres. Auch Pleinfelds Bürgermeister Stefan Frühwald (CSU) hat in der jüngsten Gemeinderatssitzung, in der Kathrin Kimmich die Vorteile einer Landkreis-vhs vorstellte, "viele skeptische Blicke und Gesichter" in dem Gremium wahrgenommen.

Keine Zertifizierung

Dass die Pleinfelder derzeit keine Notwendigkeit für eine landkreisweite Volkshochschule sehen, kann auch Frühwald nur allzu gut verstehen: "Wir haben hier mit unserem Bürgerhaus mit geringem Aufwand ein sehr gutes und funktionierendes Erwachsenenbildungs-Konzept." Der Ort sei durch die vielen ehrenamtlichen Kräfte und das gute Miteinander zwischen dem Team des Mehrgenerationenhauses und den Referenten viel flexibler, auch beim Angebot.

So gibt es in Pleinfeld ein Kern-Kursangebot, das immer nachgefragt wird, aber ab und an eben auch einmal eher exotischere Kurse, wie zum Beispiel Schwertkampf oder Reiki-Seminare, die man andernorts vergeblich sucht. Das hat auch damit zu tun, dass für die Pleinfelder Bürgerwerkstatt andere Vorgaben als für Volkshochschulen gelten, die zertifiziert sein müssen und an gesicherte Qualitätsstandards gebunden sind.

Viel freier

Pleinfeld sei hier viel freier, denkt Bürgermeister Stefan Frühwald, der dennoch hofft, dass sich alle ein Stück aufeinander zubewegen und das letzte Wort in Sachen landkreisweite vhs noch nicht gesprochen ist. Für den Rathauschef ist aber eines unverrückbar: Das gewachsene, ehrenamtliche Angebot, das die Bürgerwerkstatt macht, darf von einer landkreisweiten vhs niemals verdrängt werden. Denn inzwischen haben die Pleinfelder die anfangs argwöhnisch beäugte Bürgerwerkstatt, die Bürgermeister Josef Miehling auf den Weg gebracht hat, ins Herz geschlossen: "Unser Konzept ist sehr beliebt und sehr robust."

 

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