Solnhofen: Geschichten aus einem bewegten Leben

21.11.2018, 13:41 Uhr
Solnhofen: Geschichten aus einem bewegten Leben

Im September 2005 wurde Eberhard Hüttig dort als Gemeindepfarrer offiziell verabschiedet. Doch „Pfarrer im Ruhestand“ bedeutete für ihn auch „Pfarrer in Rufweite“ – zehn Jahre half er im Unruhestand im Pfarrka­pitel des Dekanats Pappenheim aus, bevor er endgültig der Kanzel Adieu sagte und sich daran machte, seinen persönlichen Lebensrückblick in Wor­te zu fassen. Und derer sind es viele geworden – auf 570 Seiten beschreibt er eine Vielzahl von Begegnungen, Erlebnissen und Anekdoten aus seinen vier Berufen.

Dabei hatte er schon nach der Volksschule den Wunsch gehabt, Pfarrer zu werden, doch ein Besuch einer weiterführenden Schule war finanziell nicht möglich. Der Vater seit April 1945 bei den Kämpfen um Berlin vermisst, die Mutter mit dem kleinen Eberhard und der erst zwei Wochen alten Tochter Gudrun aus Breslau vor den Russen geflohen – es war ein ärmlicher Neustart in der neuen Heimat Hengersberg in Niederbayern.

Eberhard Hüttig erinnert sich an diverse Kleinigkeiten, die den Leser schmunzeln lassen, aber auch einen Blick in die schwierige Nachkriegszeit und auf den wirtschaftlichen Aufschwung in Westdeutschland erlauben. Hüttig lernte als Schreiner in ei­ner Sargfabrik, ging nach der Gesellenprüfung zu Semperit in Deggendorf, wo er rasch vom Vulkanisierer zum Schichtführer aufstieg. Doch in der Fabrik sah der junge Mann keine Zukunft – er bewarb sich bei der Bun­deswehr und wurde 1964 Zeitsoldat. Wie viele andere erhoffte sich Hüttig eine weitere Ausbildung oder über das Berufs-bildungswerk der Bundeswehr einen weiteren Schulabschluss. Von Deggendorf ging es für Hüttig nach Sonthofen, wo er den ersten Unteroffizierslehrgang in der neu gegründeten Schule absolvierte. Als Panzergrenadier kam er an die Kampftruppen- und Infanterieschule nach Hammelburg, verpflichtete sich auf acht Jahre Dienstzeit und heiratete seine Frau.

Noch als Feldwebel der Bundeswehr sah sich Hüttig nach neuen berufli­chen Zielen um – und fragte den Militärpfarrer, was man denn bei der Kirche werden könne. Ein Abstecher an das Pfarrseminar für Spätberufene in Neuendettelsau war gleich ein „Volltreffer“, wie Hüttig die neue Berufswahl beschreibt. Nach dem Theologiestudium in Neuendettelsau ging es für die junge Familie nach Schwimbach und Greding. Nach dem zweiten Examen und einigen Jahren in Schwimbach bewarb sich Hüttig nach Solnhofen, wo er im September 1978 die Pfarrstelle übernahm. 27 Jahre lang wirkte er dort – und erzählt in seinem Buch von vielen schönen, aber auch traurigen Erlebnissen – etwa dem Tod von Sohn Thomas oder die „Solnhofer Stallweihnacht“, die auf seine Initiative zurückgeht.

Das Buch ist jedoch mehr als nur eine Biografie eines spätberufenen Pfarrers. Es gibt vielmehr auch Einblick in die vielfältigen Aufgaben, die ein Geistlicher neben Gottesdiensten, Taufen, Hochzeiten, Beisetzungen, Schuldienst und Konfirmationsunterricht zu leisten hat. Und es beschreibt auch einen Teil neuerer Heimatgeschichte im südlichen Landkreis.

Das Buch „Bevor ich Pfarrer wurde, hatte ich schon drei ,ordentliche‘ Berufe“ von Eberhard Hüttig ist im Buchhandel erhältlich. Es hat die ISBN-Nummer 978-3-7467-4578-7 und umfasst 570 Seiten. Erschienen ist es im
Taschenbuchformat und im Eigenverlag.

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