"Weißenburg hilft": Positives Fazit nach vier Jahren

19.6.2019, 06:01 Uhr

© Robert Renner

In Weißenburg hat sich die Initiative "Weißenburg hilft" im Mai 2015 gegründet. Als präventive Maßnahme, als bekannt wurde, dass auch in der Großen Kreisstadt etliche Asylbewerber Zuflucht finden werden: in der Gemeinschaftsunterkunft in der Nürnberger Straße, Am Lehenwiesenweg und Am Richterfeld. 

Eva Sieland-Hirschmann war von Anfang an mit dabei und schätzt die Situation aus ihrer langen Erfahrung heraus so ein: "Wir haben jetzt keine Geflüchteten mehr, sondern Menschen, die entweder bleiben dürfen oder aber gehen müssen, weil es für sie keine Bleibe-Perspektive gibt." Menschen, die aus dem Irak, aus Afghanistan oder Äthiopien kommen und die aller Wahrscheinlichkeit nach derzeit wieder abgeschoben werden. 

Täglich persönliche Schicksale

Mit diesen persönlichen Schicksalen sind die Mitglieder von "Weißenburg hilft" fast täglich konfrontiert. Sie bekommen hautnah mit, was die Menschen bewegt, was ihre Sorgen und Nöte sind, und sie wissen, wo auch sie an ihre Grenzen stoßen.

"Es ist vieles positiv, aber eben nicht alles", sagt Sieland-Hirschmann. Dekanin Ingrid Gottwald-Weber, die den Unterstützerkreis mitaufgebaut hat, erklärt, was aus ihrer Sicht nach viereinhalb Jahren als Erfolg der Flüchtlingsarbeit verbucht werden kann: "Es haben sich sehr enge Bindungen und Freundschaften entwickelt. Die Menschen fühlen sich hier wohl bei uns."

Vielfältig engagiert

Das liegt vor allem auch daran, dass es in Weißenburg und vielen anderen Orten im Landkreis Menschen gibt, die sich in der Flüchtlingsarbeit auf vielfältige Weise engagieren. Zum Beispiel bei der Suche nach Ausbildungsplätzen, bei Behördengängen, beim Ausfüllen von Anträgen für die Krankenkasse, beim Bearbeiten von Post, bei Telefonaten oder Gerichtsterminen, bei der Wohnungssuche und vielem mehr.

Insgesamt betreut "Weißenburg hilft" derzeit 15 Familien, die bereits in privaten Wohnungen leben, und die Menschen, die in den Gemeinschaftsunterkünften leben. Die größte davon ist mit derzeit rund 140 Personen die Unterkunft in der Nürnberger Straße im ehemaligen Barnert-Gebäude.

"Früher Gastgeber, heute Gäste"

Dort sind im Kellergeschoss auch ein Spielzimmer, ein Lernzimmer und eine Teeküche eingerichtet, in denen sich die Geflüchteten und die ehrenamtlichen Helfer regelmäßig treffen, um Deutsch zu lernen, zu spielen oder Kaffee zu trinken. "Früher waren wir hier die Gastgeber, heute sind wir hier die Gäste", beschreibt Helga Laackmann den Wandel, der sich während der vergangenen drei bis vier Jahre vollzogen hat. 

Wenn sich die Mitglieder von "Weißenburg hilft" mit den Asylbewerbern, die aus Tschetschenien, Afghanistan oder Syrien kommen, treffen, dann ist das für sie auch eine gute Gelegenheit, um miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Zu Beginn der Flüchtlingsbewegung besorgten die Helfer vor allem Kleidung, Möbel und Alltagsgegenstände. Heute versuchen sie, den Menschen eine Arbeit oder eine Wohnung zu besorgen. 

Keine leichte Aufgabe

In beiden Fällen ist das keine leichte Aufgabe. Zumal günstige Wohnungen generell schwer zu finden sind – auch für Einheimische, wie Eva Heuer weiß, die regelmäßig auch Anzeigen für "Weißenburg hilft" schalten lässt. Eva Laackmann kennt etliche Wohnungen in Weißenburg, die leer stehen, dennoch aber nicht vermietet werden. 

Ein ebenfalls schwieriges Unterfangen sei es, eine Festanstellung zu bekommen – selbst für gut ausgebildete Neubürger. Dennoch würden etliche von einer Zeitarbeitsfirma zur nächsten weitergereicht. "Es ist nicht einfach, eine qualifizierte Arbeit zu bekommen", resümiert Dekanin Ingrid Gottwald-Weber. "Die Menschen wollen arbeiten und Deutsch lernen", hat auch Eva Sieland-Hirschmann beobachtet. Es gebe genügend anerkannte Flüchtlinge, die sich auch ehrenamtlich engagieren und mitanpacken wollen.

Keine rosarote Brille

Insgesamt überwiegt in dem Netzwerk der Optimismus und die Zuversicht. Eva Sieland-Hirschmann glaubt, dass die Flüchtlinge eine echte Bereicherung für Deutschland im Allgemeinen und für ihr Leben im Besonderen sind. Dekanin Gottwald-Weber freut sich, dass zwischen den Weißenburgern und den Neubürgern teilweise "sehr enge Bindungen" und teilweise sogar "echte Freundschaften" entstanden sind. Weil das Zusammenleben von Einheimischen und Flüchtlingen in Weißenburg gut gelinge, gebe es hier vor Ort auch keine Ghettobildung. 

Die Mitglieder des Netzwerks verschweigen aber auch nicht, dass es auch hier und da das eine oder andere schwarze Schaf gibt und nicht alles nur durch die rosarote Brille gesehen werden darf. "Es gibt immer auch einige, die das System ausnutzen", sagt Eva Sieland-Hirschmann. 

Dennoch lässt sie sich nicht entmutigen und will, wie die rund 120 Mitstreiter von "Weißenburg hilft", weiterhin mithelfen, dass es in Zukunft "ein Miteinander auf Augenhöhe" gibt, wie es Eva Heuer formuliert. Dass sich Ehrenamtliche in Deutschland für Flüchtlinge engagieren, findet Eva Sieland-Hirschmann auch heute noch überaus sinnvoll: "Der Staat kann nur verwalten, aber keine Menschlichkeit vermitteln."

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