Weißenburg: Kein Wohngebiet entlang der Bahn

9.5.2021, 17:58 Uhr
Weißenburg: Kein Wohngebiet entlang der Bahn

© Foto: Adam Renner

Nachdem das Thema in der vorberatenden Bauausschusssitzung ausführlich diskutiert worden war, war der Tagesordnungspunkt in der jüngsten Stadtratssitzung rasch abgehandelt.

Letztlich votierten Wolfgang Hauber, Heinz Gruber, Alexander Kohler und Manuela Mühlöder von den Freien Wählern (FW) sowie Tobias Kamm, Anita Dollinger und Maria Schneller (alle CSU) gegen den Verwaltungsvorschlag, den Grundsatzbeschluss aus dem November 2017 aufzuheben.

Damals wurde das Einverständnis mit dem von den Eigentümern vorgestellten Bebauungsvorschlag erklärt, der von einem Allgemeinen Wohngebiet mit entsprechend scharfen Grenzwerten ausging. Es sollte ein konkretes Konzept erarbeitet und erneut dem Stadtrat vorgelegt werden, hieß es damals unter Hinweis auf die Lärmproblematik.

Das Ziel, ein Allgemeines Wohngebiet zu entwickeln, darf nun nicht mehr verfolgt werden. Neue Planungsabsichten müssen die Eigentümer künftig mit einem Schallgutachter beziehungsweise der Fachbehörde abstimmen.

Keine gesunden Wohnverhältnisse

Oberbürgermeister Jürgen Schröppel wies noch einmal darauf hin, dass das Areal 2014 mit einem Vorbescheid als Mischgebiet freigegeben wurde, ohne Bebauungsplan. Im Flächennutzungsplan der Stadt Weißenburg ist es nach wie vor als Gewerbegebiet eingezeichnet.

Ein Recht darauf, dass das Gelände in ein höherwertiges Allgemeines Wohngebiet umgewandelt werde, hätten die Eigentümer nicht, zumal die geltenden Lärmgrenzwerte trotz umfangreichster Schutzmaßnahmen nicht einzuhalten seien.

Die vorgeschriebenen gesunden Wohnverhältnisse seien nicht zu schaffen. Ein Beschluss zugunsten eines Allgemeinen Wohngebiets wäre rechtlich fehlerhaft und nicht haltbar. Der OB bat daher "dringend, der Beschlussvorlage zu folgen".

Freie Wähler anderer Meinung

Das wollten die Freien Wähler geschlossen aber nicht tun. Sie sind zwar nicht grundsätzlich der Meinung, dass Weißenburg Wohngebiete brauche, aber die Situation hier sei eine andere, machten sie im vorberatenden Bauausschuss deutlich.

Die Eigentümer hätten eine Gewerbebrache gekauft, um daraus ein Wohngebiet zu machen. Die Lärmwerte seien zwar kritisch, aber wohl doch noch an der Grenze. Da könne man ihnen nun nicht mit städtebaulichen Bedenken wie einer zu wuchtigen Riegelbebauung entlang der Bahnlinie kommen, argumentierten sie.

Die Riegelbebauung griff Heinz Gruber im Stadtrat nochmals auf und auch den Punkt, dass der Stadtrat eine Verantwortung habe, künftige Bewohner vor Lärm zu schützen sowie für gesunde Wohnverhältnisse zu sorgen. Er riet dazu, im Vergleich den Neubau auf dem Neulinger-Gelände zu betrachten. Auch dort sei entlang der Eichstätter Straße "ein langer hässlicher Riegelbau" entstanden, "allerdings mitten in der Stadt und nicht draußen an der Bahn".

Vergleich mit Neulinger-Areal

Fenster, Türen und Balkone seien dort nur einen Meter von der Fahrbahn und der viel befahrenen Schiff-Kreuzung entfernt. "Das ist zulässig? Das soll städtebaulich erträglich sein? Und wie sind da die zukünftigen Bewohner vor Lärm geschützt, fragte er und unterstrich: "Da sind Fakten geschaffen worden, die die Argumente aus dem Bauausschuss widerlegen."

Wenn sich keine Mehrheit für ein Wohngebiet auf der Ziegelei finde, dann sollte den Investoren aber zumindest angeboten werden, ein Mischgebiet zu schaffen, in dem sie entlang der Bahn Kleingewerbebetriebe ansiedeln und dahinter eine Wohnbebauung setzen könnten. Gruber: "Es muss im Interesse der Stadt liegen, dass diese Industriebrache sinnvoll umgestaltet wird."

OB Schröppel hielt dem FW-Stadtrat entgegen, "Äpfel mit Birnen zu vergleichen". Für das Neulinger-Areal gebe es im Gegensatz zur alten Ziegelei einen Bebauungsplan. Im Zuge der Aufstellung sei das Lärmthema abgehandelt worden.

Außerdem sei der Bebauung ein Architektenwettbewerb vorausgegangen, und hernach habe es einen Stadtratsbeschluss dazu gegeben. Ob die Bebauung auf dem ehemaligen Autohaus-Gelände hässlich sei oder nicht, müsse jeder für sich selber entscheiden und könne nicht der Maßstab sein.

"Spannungsfeld"

Natürlich sei es "in unser aller Interesse", dass die ehemalige Ziegelei vernünftig gestaltet werde, "aber im Rahmen dessen, was rechtlich möglich ist", machte Schröppel deutlich. Unterstützung erfuhr er von Maximilian Hetzner, der für die Grünen deutlich machte: "Einem Wohngebiet, das gesundheitlich bedenklich ist, können wir nicht zustimmen."

Dass die Bebauung an Bahnlinien früher anders gehandhabt wurde, könne kein Grund sein, heute die Fakten zu ignorieren. Außerdem würden die Investoren auch nicht benachteiligt, denn sie hätten ein Gewerbegelände gekauft und könnten daraus ein Mischgebiet entwickeln.

Andre Bengel kann die Aufregung um das Thema nicht nachvollziehen. Ihm sei der Unterschied zwischen einer Kreisstraße und einer Bahnlinie durchaus bewusst, "den Freien Wähler vielleicht nicht", schoss der SPD-Fraktionsvorsitzende gegen Grubers Vergleich der Bebauung an der Eichstätter Straße mit dem Ziegeleigelände und der Zugstrecke. Überhaupt stelle er sich die Frage, ob "es in Weißenburg keine schöneren Flecken zum Wohnen" gebe, "als direkt an der Bahnlinie".

Klaus Drotziger hingegen sprach von einem "Spannungsfeld". Einerseits brauche die Stadt Wohnungen, andererseits müsse natürlich darauf geachtet werden, was man den Menschen, die dort künftig wohnen sollen, an Belastungen zumute. Seine Fraktion sei in dieser Frage zwiegespalten, machte der CSU-Sprecher deutlich, was letztlich auch am Abstimmungsverhalten zu sehen war.

Keine Kommentare