Umweltkampagne

Brombachsee müllfrei: Nicht nur verbieten, sondern auch animieren

Miriam Zöllich

Weißenburger Tagblatt

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12.3.2023, 05:45 Uhr
Pressekonferenz Brombachsee Müllfrei. V.li: LBV-Vorsitzender Dr. Norbert  Schäffer, ZVB-Vorsitzender und Landrat Manuel Westphal, Martina Widuch (LBV),  WWA-Leiter Thomas Keller und Dieter Hofer, Geschäftsleiter beim ZVB.

© Miriam Zöllich, NN Pressekonferenz Brombachsee Müllfrei. V.li: LBV-Vorsitzender Dr. Norbert Schäffer, ZVB-Vorsitzender und Landrat Manuel Westphal, Martina Widuch (LBV), WWA-Leiter Thomas Keller und Dieter Hofer, Geschäftsleiter beim ZVB.

„Kathrin war hier“, prangt in großen Lettern auf der Postkarte. Ein Pfeil deutet auf einen malerischen Strandabschnitt am Brombachsee. Darunter steht dann in Klammern: „Aber niemand hat‘s gemerkt, weil sie ihren Müll mitgenommen hat.“ Die Postkarte ist Teil der Medien- und Aufklärungskampagne, die der Zweckverband Brombachsee (ZVB) startet. Denn: Der See soll müllfrei werden.

Der Müll hat sich nach Angaben des ZVB in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht, zuletzt waren es rund 140 Tonnen im Jahr. Trotz großer Müllcontainer landete vieles daneben oder verblieb einfach am Strand. Und zwar nicht nur normaler Abfall, sondern zunehmend auch SUP-Bretter, Strandmuscheln, Luftmatratzen.

Je Seezentrum sind an Spitzentagen zwei Personen bis zu acht Stunden mit der Reinigung beschäftigt, klagt der ZVB. „Das ist rücksichtslos gegenüber den anderen Gästen, den Einheimischen und der Natur“, findet Landrat und Zweckverbandsvorsitzender Manuel Westphal. 2020 hatte man daher erstmals die Idee einer Zero-Waste-Strategie. 2021 stimmten die Verbandsräte zu, an Ostern 2023 ist Projektstart mit „Brombachsee müllfrei“.

Zahl der Müllkörbe: Von 120 auf Null

Konkret bedeutet das: Die bislang 120 Müllkörbe rund um den See werden abmontiert. Ausnahme sind die Wohnmobilstellplätze, ansonsten aber bleiben nur Behälter für Sondermüll wie Windeln und Hundekotbeutel übrig, mit einer Öffnung, die nur eine Handbreit ist (siehe Foto).

Künftig wird es nur noch Müllkörbe mit einer handbreiten Öffnung für Windeln und Hundekotbeutel geben.

Künftig wird es nur noch Müllkörbe mit einer handbreiten Öffnung für Windeln und Hundekotbeutel geben. © Miriam Zöllich, NN

Für alle anderen Abfälle bekommen die Seebesucher Papiertüten in den Tourist-Infos, Übernachtungsbetrieben und Gastronomien am See. Darin können sie ihren Müll sammeln und mit nach Hause nehmen. Für Zigarettenstummel gibt es kleine Aschenbecher. Alles gebrandet mit dem Logo „Brombachsee müllfrei“.

Ein Projekt, das deutschlandweit relativ einzigartig ist. Der Dachverband Zero Waste Germany weiß, dass zwar etwa einzelne Kommunen wie die Stadt München oder Regionen wie die Insel Föhr ihren Plastikmüll reduzieren wollen. Aber ein Abmontieren der Mülleimer? Das gibt es bislang höchstens in ausgewiesenen Naturschutzgebieten.

Kitesurf-Weltmeister wirbt für das Projekt

„Wir wollen nicht nur verbieten, sondern die Leute auch animieren, aktiv mitzumachen“, erklärt Dieter Hofer das ganzheitliche Konzept. Infotafeln sollen über die Kampagne aufklären, Akteure vom See wie etwa Kitesurf-Weltmeister Florian Gruber werben darauf mit einem persönlichen Appell für die Aktion.

Zweckerbandsvorsitzender Manuel Westphal bei er Pressekonferenz Brombachsee Müllfrei

Zweckerbandsvorsitzender Manuel Westphal bei er Pressekonferenz Brombachsee Müllfrei © Miriam Zöllich, NN

Auf der Homepage brombachsee-muellfrei.de finden sich alle Informationen, Gewinnspiele, ein Quiz und ein tagesaktueller Zähler, wie viel Müll schon eingespart wurde. Im sozialen Netzwerk Instagram soll es Videoclips geben, zum Beispiel Interviews mit Gastronomen und Besuchern. Influencer aus der Region unterstützen die Kampagne.

Insgesamt 40 Aktionstage plant der ZVB allein in diesem Jahr. Vor Ort werden Müllsammelaktionen und Infostände für Aufmerksamkeit sorgen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Umweltbildung für Kinder und Jugendliche. Darum kümmert sich der Landesbund für Vogelschutz (LBV), der als Partner und Schirmherr des Projekts fungiert.

2500 Überwachungsstunden

„Müll in der Landschaft ist für die Tiere eine unmittelbare Belastung“, begründet LBV-Vorsitzender Dr. Norbert Schäffer die Unterstützung. Beispiele von Igeln, die in Joghurtbechern feststecken und qualvoll zugrunde gehen, gebe es zuhauf. Es brauche eine allgemeine Abkehr von der Wegwerf-Mentalität, hin zu mehr Respekt für die Umwelt. „Und eine intakte Umwelt beginnt beim Pizzakarton am Strand.“

Die Aktion bewertet Schäffer als „mutig, aber alternativlos“. Auch das Wasserwirtschaftsamt ist „mit voller Überzeugung dabei“, erklärte dessen Leiter Thomas Keller. Denn wie schnell weht eine Windböe Plastikmüll in den See, wo er als Mikroplastik in den Wasser- und Nahrungskreislauf gelangt.

Wer sich nicht an die Regeln hält, muss übrigens Bußgelder zwischen 35 Euro (für ein weggeworfenes Taschentuch) und 1000 Euro (für Sperrmüll) zahlen. Ein lokaler Sicherheitsdienst, der bereits seit zwei Jahren die Einhaltung der Satzung am See kontrolliert, soll „mit Fingerspitzengefühl“, so Hofer, mögliche Verstöße aufzeichnen. 2500 Überwachungsstunden sind im Jahr 2023 eingeplant, das sind rund 1800 Stunden mehr als bisher.

Experte: "Es ist einen Versuch wert!"

Nach Einschätzung des Verbandes Zero Waste Germany kann der müllfreie Brombachsee übrigens gelingen – zumindest so, wie es der Zweckverband angeht. Nämlich mit Kontrollen, aber auch mit pädagogischen Erklärungen, und indem die Gäste das Gefühl haben, sich aktiv am Umweltschutz zu beteiligen. Er selbst sei für die Lösung ohne Mülleimer, sagt Zero-Waste-Sprecher Marc Delaperrière. „Ich glaube an die Vernunft. Es ist einen Versuch wert!“

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