Besucher lassen immer mehr Müll im Fränkischen Seenland

10.8.2020, 16:31 Uhr
Besucher lassen immer mehr Müll im Fränkischen Seenland

© Jürgen Eisenbrand

Zelte, Luftmatratzen, Campingstühle, unzählige Flaschen, Tüten, Pizzakartons, dazu Aluschüsseln, Einmal-Grills und Mund-Nasen-Masken. Unappetitliche Lebensmittelreste, klebrige Limoflaschen und Plastiktüten, Plastiktüten, Plastiktüten. Unglaublich, was nach einem Badetag so alles am Strand zurück bleibt.Es ist Montagfrüh, 7 Uhr, und an den Badestränden von Enderndorf, Ramsberg, Absberg und all den anderen Orten an Großem und Kleinem Brombach- sowie Igelsbachsee kämpfen Männer in roten Arbeitshosen mit dem Dreck, den die Badegäste vom Sonntag hinterlassen haben.

Sie kämpfen fleißig – und sie kämpfen in der klassischen Sisyphus-Rolle: Denn wo immer sie die Liegeflächen am einen Tag mühsam gereinigt haben, werden sie am nächsten Tag wieder von Müll übersät sein.

Acht Mann sind es, die Dieter Hofer, der Geschäftsführer des Zweckverbands Brombachsee, jeden Morgen für zweieinhalb bis drei Stunden losschickt, um die Strände und Liegewiesen wieder attraktiv für die Sonnenanbeter zu machen. Und die in Hochsaisonzeiten wie jetzt täglich etwa 20 bis 25 Kubikmeter Abfall einsammeln, um sie fachgerecht entsorgen zu lassen.

Neben den Container geworfen

Das Problem: Es wird, stellen Hofer und sein Vorarbeiter Harald Nehmeier fest, immer mehr Müll, den ihre Männer einsammeln müssen, immer mehr Dreck, den Badegäste einfach wild entsorgen. "Es gibt keine Wertschätzung für die Natur", sagt Nehmeier, den die Rücksichtslosigkeit mancher Zeitgenossen hörbar frustriert. Und der es nicht verstehen kann, dass Menschen ihren Dreck nicht in die großen Abfallcontainer schmeißen, sondern einfach davor abladen. Oder rund um eine Hundetoilette einen stattlichen Dreckhaufen aufschütten: "Dabei müsste man nur 25 Meter bis zum nächsten Container gehen", sagt er kopfschüttelnd.

Gerade erst, sagt er, sei ein Großvater mit seinem Enkel vorbeigeradelt, und der Opa habe dem Kleinen erzählte, "dass es hier aussieht wie bei den Schweinen". Es bleibt unausgesprochen, aber man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass Nehmeier diese Ansicht teilt.

Dieter Hofer nennt diese Wegwerf-Mentalität "ein Problem unserer Gesellschaft". Offenbar handelten viele Menschen nach dem Motto: "Einfach weg damit – irgendwer wird es schon aufklauben." Und Nehmeier vermutet, dass das wilde Müllentsorgen Resultat eines Erziehungsproblems ist: "Zuhause und in der Schule lernen die Kinder das nicht mehr. Und wenn es die Eltern so vormachen, dann machen es die Jungen halt nach."

Wenn einer anfängt...

Ein Phänomen, das auch Hofer beobachtet – und das nicht nur innerhalb von Familien auftritt: "Wenn einer mal anfängt, seinen Müll irgendwo abzuladen, machen es ihm sofort die anderen nach." Überhaupt hat er beobachtet, dass die Müllflut an den Seen immer weiter steigt, heuer hat seiner Ansicht nach auch die Corona-Pandemie ihren Anteil daran: "Der Anteil an To-go-Mahlzeiten ist noch höher als sonst – und damit wächst auch der Müllberg."


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Auf die Frage, was die kuriosesten Dinge gewesen seien, die sie am Seeufer gefunden hätten, antwortet einer der fleißigen Müllsammler wie aus der Pistole geschossen: "Unbenutzte Kondome, benutzte Kondome und Sexspielzeug – da gibt es nichts, was es nicht gibt." Ein anderer erinnert sich an Matratzen, ein Fahrrad und immer wieder an nagelneues Kinderspielzeug, "an dem noch das Preisschild klebte". Und er erzählt, dass sie einmal sogar auf ein Auto gestoßen seien, das jemand – nachdem er vorher fein säuberlich die Fahrgestellnummer rausgeflext hatte – am Seeufer zurückgelassen hatte.

Harald Nehmeier hat, was die Art des am Wochenende zu erwartenden Mülls anbelangt, inzwischen sogar "hellseherische Fähigkeiten" entwickelt: "Wenn es donnerstags bei den Discountern Luftmatratzen oder Schwimmreifen zu kaufen gibt, dann weiß ich genau, dass wir am Samstagfrüh die Verpackungen davon einsammeln – und am Sonntag- oder Montagmorgen die Gummiteile selber." Bei Preisen von nur ein paar Euro machten sich offensichtlich viele Menschen gar nicht mehr die Mühe, solche Dinge wieder mit nach Hause zu nehmen.

"FKK-Strand ist sauberer"

Dabei wollen Hofers Männer keinesfalls alle Badegäste über einen Kamm scheren, und sie machen auch interessante Beobachtungen: "Der FFK-Strand ist wesentlich sauberer", sagt einer von ihnen, "da liegt kein Zigarettenstummel rum." Und auch der Hundestrand sei weit weniger vermüllt als andere: "Da passen die Besucher, die sich oft schon kennen, offenbar aufeinander auf."

Eine Einstellung, die sich Harald Nehmeier auch von jenen wünschen würde, die heute noch dafür sorgen, dass seine Kollegen allmorgendlich in so großer Zahl ausrücken müssen: "Man müsste mit dem Argument der Natur, die wir ja alle suchen, an diese Leute appellieren." Aber er macht dabei nicht den Eindruck, als würde er tatsächlich damit rechnen, dass diese Appelle Wirkung zeigen.

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