Debatte um "Mohrenkopf" im Pappenheimer Stadtwappen

27.11.2020, 06:00 Uhr
Um diese Darstellung geht es.

Um diese Darstellung geht es.

Und zwar einer, der nicht wesentlich anders aussieht als der "Mohr" des Anstoßes, der im Coburger Stadtwappen zu Hause ist. Gegen den richtete sich eine Petition bayerischer Bürger, die eine Änderung forderten.

Der Petitionsausschuss des Landtags beschäftigte sich nun damit und kam zu der Entscheidung, nichts entscheiden zu können, weil Wappen nur von den Kommunen geändert werden könnten. Mit dem Aufruf zur Diskussion macht man sich in der deutschlandweit emotional geführten Debatte nun einen schlanken Fuß.


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In Coburg hat der dortige Oberbürgermeister eine Änderung des Wappens schon abgelehnt. Zur Untermauerung hatte er einen Historiker ins Feld geführt, der darauf hinwies, dass die Darstellung nichts mit der schwierigen kolonialen Vergangenheit Deutschlands zu tun haben könne, da sie ja bereits im Hochmittelalter entstanden war. Ein Umstand, der auch auf den Pappenheimer "Mohren" zutrifft.

Dicke Lippen, krause Haare

Nur, sagen die Kritiker, sei die koloniale Vergangenheit nicht das Problem, sondern die stereotype Darstellung. Das sieht auch Katharina Schulze so, die für die Grünen im Petitionsausschuss sitzt. "Afrikaner werden mit dicken Lippen und großen Ohrringen dargestellt." So sieht es auch auf dem Wappen der Altmühlstadt aus, die ihren "Mohren" vom Wappen der Pappenheimer Grafenfamilie übernommen hat.

Die Altmühlstadt gilt als ziemlich prominentes Beispiel eines "Mohrens" im Wappen. Im Wikipedia-Artikel zur heraldischen Verwendung wird der Altmühlort im zweiten Satz genannt. Direkt nach dem Familienwappen von Papst Benedikt, das ebenfalls von der umstrittenen Figur geziert wird.

Die Geschichte, wie der "Mohr" ins Pappenheimer Wappen wanderte, nimmt im Übrigen ein paar Umwege. Sie beginnt vermutlich in der Antike und in Sizilien. [40]Genauer bei Hieron II. von Syrakus[/40]. Eine abgegriffene antike Münze mit seinem Konterfei gilt nämlich als die wahrscheinlichste Vorlage für den jungen, gelockten Männerkopf, den man als Symbol für einen Kaiser Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals als Helmschmuck auf den Wappen der Pappenheimer Grafen auftauchen sieht.

Unterlegt war das Wappen mit Gold und Schwarz, den Farben des Kaisers, mit dem die Pappenheimer als Reichserbmarschälle engen Kontakt hatten. Im Lauf der Jahrhunderte und einiger Siegelstecher mit zu wenig Geschichtsunterricht wurde aus dem sizilianischen Kaiserkopf auf Schwarz der "Mohrenkopf" auf Gold.

Das Stirnband des italienisch-griechischen Herrschers aus dem 3. Jahrhundert vor Christus hat sich von der Münze bis zum heutigen Stadtwappen übrigens fast im Original erhalten. Die Locken Hierons wurden dagegen im Lauf der Zeit zu den krausen Haare eines typischen "Mohren".

Eigentlich eine "Mohrin"

Wobei die Frage ist, ob der "Mohr" nicht eigentlich eine "Mohrin" ist. Auf diese Idee könnte man jedenfalls beim Blick auf das aktuelle Pappenheimer Wappen kommen. Tatsächlich handelt es sich bei dem vermeintlich angedeuteten Oberkörper im Wappen aber um einen Helm. Keinen Zweifel über die "Mohrin" gibt es allerdings beim Blick auf Darstellungen aus dem ausgehenden Mittelalter. Da hatten die Pappenheimer Grafen eindeutig eine Frau mit goldenem Kleid und wehenden Zöpfen im Wappen. Ein Umstand, der vermutlich mit einer Sage zu dem Pappenheimer Erbmarschall Calatin zu tun haben dürfte, in der auch ein abgeschnittener Daumen eine wichtige Rolle spielt.

Ob der Stadt nun eine Debatte über ihr Wappen bevorsteht oder nicht, werden die Zeit und der Stadtrat entscheiden. Schneller sollte es gehen, die Homepage zu überarbeiten. Da wird als Synonym für den "Mohren" ein Wort mit "N" gebraucht, bei dem sich eigentlich alle einig sind, dass es im Sprachgebrauch nichts mehr zu suchen hat. Erst recht nicht auf der touristischen Internetpräsenz einer Stadt.

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