Die Angst vor Platz zwei griff um sich Die ÖDP

12.12.2019, 16:03 Uhr
Die Angst vor Platz zwei griff um sich Die ÖDP

© Foto: Robert Maurer

Derzeit stellt die ÖDP zwei Kreisräte, und angesichts der allgemeinen Nachhaltigkeitswelle setzt die Partei darauf, das Ergebnis von 2008 – damals profitierte die ÖDP von der Diskussion um den Steinabbau im Landkreis – halten oder sogar ausbauen zu können. Eigentlich war Platz zwei für Simon Scherer gedacht. Der Gunzenhausener Lehrer, der am Landesamt für Schule tätig ist, ist seit sechs Jahren Kreisrat und dort vor allem im Schulausschuss immer wieder in Erscheinung getreten.

Er hat allerdings kurzfristig abgesagt. Er werde sich auch weiterhin für die ÖDP einsetzen, versprach Scherer. Auch eine Kandidatur in sechs oder zwölf Jahren sei denkbar. Doch aus familiären Gründen stehe er diesmal nicht zur Verfügung. Man könne nicht als Partei für ein Bündnis für Familie stehen und das selbst nicht leben, sagte er. "Das ist ein Verlust für uns", bekannte Dr. Johannes Rank.

Die Entscheidung war erst wenige Tage vorher endgültig gefallen, die meisten Anwesenden erfuhren erst bei der Nominierung davon. Entsprechend überrascht reagierten alle und keiner wollte sich nach vorne drängen. Für den zweiten Platz hinter ihm selbst hatte Ebert den langjährigen BN-Kreisvorsitzenden Richard Schmidt vorgesehen. Doch der zog nicht. Er fühle sich mit 67 Jahren zu alt, sei auch "kein gewachsener ÖDPler" und wollte anderen den Vortritt lassen. Doch auch Margit Kleemann, die in Eberts Vorschlag auf Platz drei stand, wollte lieber "weiter nach hinten". Die 50-Jährige bringt kommunalpolitische Erfahrung mit. Sie war als Studentin schon Stadträtin in Würzburg.

40 Namen auf der Liste

Am Ende setzte die Versammlung Schmidt auf Platz vier und Kleemann auf fünf. Auf Platz zwei steht nun Kilian Welser, der 43-jährige Schatzmeister des Kreisverbandes. Nach ihm folgt die 47-jährige Claudia Regner.

41 Namen standen auf der ÖDP-Liste. Reinhard Ebert feierte, dass das so viele wie noch nie seien. Schließlich hat der Kreisverband nur 35 Mitglieder. Doch in der Vorstellungsrunde musste er mehrfach einräumen, dass er von einigen potenziellen Kandidaten noch gar keine Rückmeldung bekommen hat. Die holte er erst hinterher ein, einen Namen musste er streichen.

Auch war der Vorschlag der offiziellen Reihung nicht mit den Betroffenen abgestimmt. Immer wieder fiel der Satz "Ich hatte eigentlich mit einem Platz weiter hinten gerechnet". Hoch ist auch der Anteil der Rentner auf der ÖDP-Liste und mit einem Durchschnittsalter von über 58 dürfte die Ökopartei insgesamt eher die obere Marke setzen.

In der Vorstellungsrunde wurde klar, dass es in der Regel konkrete Vorhaben waren, die die einzelnen Kandidaten zur ÖDP getrieben haben. Der Steinabbau, die Schwammspinnerschwemme in Gunzenhausen oder die geplante Umgehungsstraße von Schlungenhof stehen hier beispielhaft für lokale Themen. Immer wieder wurde angeführt, dass hier einzig die ÖDP im Landkreis mit Reinhard Ebert an der Spitze eine konsequente Linie fahre, während man beispielsweise von den Grünen wenig höre.

Auch das ÖDP-Prinzip, keine Firmenspenden anzunehmen, wurde mehrfach genannt. "Lieber ehrlich und klein als verkauft", fasste beispielsweise Kilian Welser zusammen. Auch überregionale Themen wie der Protest gegen Atomkraftwerke oder den Gelben Sack waren Themen, die in der Vorstellungsrunde als Gründe für Aktivitäten in der Partei genannt wurden.

Und immer wieder fiel der Name Reinhard Ebert, der als Motor und Vorbild fungiert. Er ist ein eifriger Nutzer des ÖPNV, hat Arbeitszeit reduziert, um sich um die Familie kümmern zu können, und ist überall vorne dabei, wenn es darum geht, ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen. Der Heidenheimer ist seit der Gründung des Kreisverbandes 1990 dessen Vorsitzender und vertritt die ÖDP seit 2002 im Kreistag.

Statt als Landratskandidat eine Rede zu künftigen Ideen für Weißenburg-Gunzenhausen zu präsentieren, machte der 55-Jährige einen Rückblick und ging auf die Position der ÖDP ein. Bei Straßenprojekten ist die Ökopartei grundsätzlich skeptisch. So lehnt man den millionenschweren Ausbau der Hörnlein-Kreuzung in Weißenburg ebenso ab wie die Bahnunterführung in Niederpappenheim oder die Schlungenhofer Ortsumfahrung. "Das ist der Gipfel der Sinnlosigkeit", befand Ebert.

Er ist überzeugt davon, dass sich Mobilität anders entwickeln werde und der Ausbau der Straßen irgendwann ähnlich kopfschüttelnd betrachtet wird, wie man heute auf die vor Jahrzehnten propagierten Flussbegradigungen schaut. Statt eines Straßenausbaus solle man das Geld in die Bahn stecken, so Eberts Meinung.

"Zeitwohlstand"

Die Digitalisierung an den Schulen betrachtet der 55-Jährige kritisch. "Wir sehen da keinen Nutzen. Wir machen unsere Kinder kaputt." Zustimmung findet hingegen der Quasi-Neubau der "miserabel gebauten" Senefelder-Schule in Treuchtlingen und die Öffnung der Realschule in Gunzenhausen für Jungs. Der geplante neue Recyclinghof in Gunzenhausen findet Eberts Gefallen ebenso wie die Umstellung der Landkreisgebäude auf Strom aus erneuerbaren Quellen. Auch bei den Kreiskliniken ist der ÖDP-Mann auf Linie mit der Mehrheit im Kreistag: Die Investitionen in Gunzenhausen und die anstehenden Ausgaben in Weißenburg seien "gut angelegtes Geld".

Die Menschen sollten sich überlegen, ob es wirklich nur Wachstum als Maxime für die Wirtschaft gebe. Die Fridays-for-Future-Bewegung zeige, dass es eben nicht immer ein noch größeres Auto, eine weitere Urlaubsreise und noch mehr Wohnfläche sein müsse. "Es geht um Zeitwohlstand", befand Ebert.

Er mache sich selbst keine Illusion, dass er am 15. März 2020 wirklich zum Landrat gewählt werde, bekannte der Heidenheimer. Doch hofft er mit seiner Kandidatur, die Inhalte der ÖDP besser transportieren zu können.

 

Die Kandidatenliste der ÖDP für den Kreistag

1. Reinhard Ebert, 55,

Dipl.-Ing.(FH) Elektronik, Heidenheim

2. Kilian Welser, 43,

Dipl.-Betriebswirt (FH), Gunzenhausen

3. Claudia Regner, 47,

Hausfrau, Gunzenhausen

4. Richard Schmidt, 67,

Sozialwissenschaftler, Treuchtlingen

5. Margit Kleemann, 50,

Dipl.-Soz.-Pädagogin (FH), Westheim

6. Dr. Johannes Rank, 51,

Arzt, Weißenburg

7. Walter Bengel, 61,

Bankkaufmann, Burgsalach

8. Frank Degenkolb, 53,

Bauunternehmer, Ettenstatt

9. Andreas Gastner, 51, Lohn- und Finanzbuchhalter, Weißenburg

10. Uwe Maier, 56,

Töpfermeister, Gunzenhausen

11. Rudi Gempel, 59,

Elektrotechniker, Treuchtlingen

12. Dr. Thomas Lutz, 58,

Dipl.-Chemiker, Gunzenhausen

13. Tina Kraft, 58, Entspannungs-

pädagogin, Weißenburg

14. Hans Geißelmeyer, 69,

Elektrotechniker, Treuchtlingen

15. Karl Traub, 60,

Techniker, Haundorf

16. Günter Hild, 69,

Rentner, Gunzenhausen

17. Bernhard Langenegger, 56,

Naturkosthändler, Alesheim

18. Thomas Schülling, 65,

Rentner, Gunzenhausen

19. Friedrich Ordner, 67,

Rentner, Westheim

20. Stephan Auernhammer, 61,

Kaufm. Angestellter, Treuchtlingen

21. Alexandra Rank, 50,

Psychotherapeutin, Weißenburg

22. Ruth Ellinger, 48,

Dipl.-Finanzwirtin (FH), Dittenheim

23. Jochen Miller, 52,

Elektrotechniker, Gunzenhausen

24. Gerhard Wagner, 62, Dipl.-Ing.

Nachrichtentechnik, Theilenhofen

25. Emil Habermeyer, 64,

Rentner, Heidenheim

26. Gudrun Pach, 54,

Naturkosthändlerin, Alesheim

27. Minh Hang Förster-Nguyen, 44,

Dipl. Physikalische Technikerin (FH), Westheim

28. Michael Völklein, 38,

Unternehmer, Westheim

29. Markus Steinhöfer, 43,

Polizeibeamter, Westheim

30. Gerhard Luff, 67,

Lehrer i. R., Heidenheim

31. Herbert Prosiegel, 57, Feingeräte-elektroniker, Markt Berolzheim

32. Adolf Hochmuth, 78,

Studiendirektor a. D., Treuchtlingen

33. Christof Böckler, 40,

Oberstudienrat, Weißenburg

34. Alfred Baumgärtner, 70,

Rentner, Raitenbuch

35. Heinz Rothgang, 73,

Bauingenieur, Haundorf

36. Thomas Förster, 50,

Elektroinstallateur, Westheim

37. Friedrich Hübler, 79,

Lehrer i. R., Treuchtlingen

38. Johann Keil, 55,

Heizungsbaumeister, Ellingen

39. Hildegard Zimmer, 77,

Rentnerin, Treuchtlingen

40. Dietmar Herold, 56,

Biologe, Gunzenhausen

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