Die Brauereien in Altmühlfranken hoffen auf den Sommer

11.1.2021, 06:12 Uhr
Die Brauereien in Altmühlfranken hoffen auf den Sommer

© Foto: Jan Stephan

"Wir haben 50 Prozent Minus", sagt der Chef der Brauerei Felsenbräu und zuckt knapp mit den Schultern. Als Brauer hat man offenbar gelernt, mit einer gewissen Ruhe auf den Lauf der Welt zu blicken. Walter Gloßner sitzt für dieses Gespräch über die Folgen von Corona im Empfangsraum seiner Brauerei. Hinter ihm geben Fenster den Blick frei auf die Nebelsuppe des Weißenburger Jura. Nirgends Licht, keiner auf der Straße. Wo soll da schon Bier getrunken werden?, fragt man sich. Aber hat man nicht eben erst gelesen, dass die Leute nun alle zu Hause trinken?

"Wir haben eigentlich quer durch alle Getränkemärkte ein Plus von fünf bis zehn Prozent", nickt Gloßner. "Aber retten kann uns das nicht", fügt er hinzu. In den Wirtschaften und Bierkneipen, die die Brauerei beliefert, ist die Marge besser und der Aufwand geringer. "Die meisten Wirtschaften, die wir haben, da sind 80 Prozent der Getränke von uns. Aber im Getränkemarkt, da nimmt der Mann eine Kiste Bier von uns, aber für die Kinder gibt es eine Limo vom Mitbewerber und beim Wasser ist es wieder jemand anders."

Die kleinen Feste fehlen

Auch das "Nebenbei-Geschäft" fehlt, erzählt Gloßner. All die runden Geburtstage, die Familienfeiern, wo Kunden drei Fässer, 20 Kisten, fünf Biertischgarnituren und einen Durchlaufkühler zum Abholen bestellen. "Das ist wenig Aufwand und läuft nebenher."

Noch schmerzlicher allerdings sind für die Brauerei die Sportheime. 15 bis 20 werden von Felsenbräu beliefert. "Quer durch die Mannschaften zwei Heimspiele pro Wochenende mit 60, 70 Zuschauern, dann die Trainingseinheiten mit Spielerbesprechungen und oft ist das Sportheim auf dem Dorf auch die letzte Wirtschaft, wo sich der Stammtisch trifft . . ."

Gloßner hat im Moment mehr Sorgenfalten auf der Stirn als noch im März und April. "Durch den ersten Lockdown sind wir ganz gut gekommen", erzählt er. Die Saison war erst am Anlaufen, und mit dem Frühjahr gab es schnell einen Lichtblick, denn der Freude am Biergarten konnte auch Corona nichts anhaben. "Der Sommer war wirklich gut. Das Wetter hat gepasst und die Leute waren daheim." Wo sollten sie auch sonst sein, nachdem viele Urlaubsländer die Grenzen geschlossen hatten.


Keine Flaschen fürs Weihnachtsbier? Brauerei von Reaktion überwältigt


"Jetzt aber ist es richtig ruhig", sagt Gloßner. Die Außengastronomie ist rum, drinnen darf man nicht mehr. Für die Brauerei gibt es nur noch die Getränkemärkte. Und das brachte den nächsten Schmerz. Denn nach dem traurigen November folgt normalerweise der umsatzstarke Dezember. Weihnachten ist eben auch ein Biergeschäft. "Die Weihnachtsfeiern zum Beispiel. Das sind eben Anlässe, da trinken die Leute dann auch mal das zweite, dritte oder vierte Bier." Aber auch das fiel diesmal bekanntlich aus, und inzwischen ist klar, dass auch der Januar keine Lockdown-Erleichterung bringt.

"Ein Jahr hältst du das aus"

"Als gesundes Unternehmen hältst du das ein Jahr aus", sagt der Felsenbräu-Chef und setzt schnell nach. "Ein zweites aber definitiv nicht." Ab April müsse erkennbar sein, dass es wieder aufwärts geht. Aus Sicht einer Brauerei heißt das vor allem: Wirtschaften offen, Biergärten laufen und ein Ende der Absagen. Denn natürlich fehlen einer regionalen Brauerei auch die Kirchweihen und Feste mit ihren Umsätzen.

Selbst aber, wenn das alles so kommen sollte, ist nicht gesagt, dass die Brauereien schnell zu ihrem alten Geschäft zurückfinden. Man werde sehen müssen, wer dieses Jahr überhaupt wieder aufsperrt, glaubt Gloßner. "Die Speisegastronomie erwischt es nicht, denen wird im Moment auch gut geholfen, aber die Nürnberger Bierkneipe oder die Dorfwirtschaft, die eh schon überlegt hat, wie lange man das noch machen will, da könnte es eng werden."

Kommen die Stammtische wieder?

Und Gloßner fragt sich auch, ob sich all die Stammtische nach den Monaten des gesellschaftlichen Rückzugs auch wirklich wieder zusammenfinden werden, wenn die Normalität zurückkehrt.

Bis man das weiß, fährt man in der Brauerei Kurzarbeit. "Anders geht es nicht", stellt er fest. Die Bierlieferung wurde auf drei Tage zusammengekürzt und die Laufzeiten der Flaschenabfüllungen sind deutlich reduziert.

Ein Opfer der Corona-Krise ist auch eine Neukreation der Brauerei. Nachdem das Naturradler auf dem Markt bestens funktioniert hat, hat man ein weiteres Biermischgetränk aus Weißen und Grapefruit nachgelegt. "Da haben wir jetzt natürlich voll reingelangt", sagt Gloßner. "Es gab keine Feste, keine Partys am See, wo die Leute sowas mal ausprobieren. Das ist ein bisschen verpufft, weil es keiner mitgekriegt hat."

Staatliche Hilfe hat funktioniert

Ein überwiegend positives Zeugnis stellt der Thalmannsfelder Brauereichef den Hilfsmaßnahmen des Staates aus. Nicht nur, was die Kurzarbeit betrifft, sondern auch bei den Direktzahlungen. "Das hat bei uns gut funktioniert. Wir hatten 14 Tage nach dem Ausfüllen des Antrags unser Geld." Die weiteren Hilfsprogramme durch Stützungskredite sieht er skeptisch. "Die verschieben in vielen Fällen das Problem bloß, weil irgendwann muss ich das ja auch zurückzahlen."

Im Moment erhalte die Brauerei – abgesehen von der Kurzarbeit – gar keine Hilfen. Das wäre nur der Fall, wenn man 80 Prozent des Umsatzes in durch den Lockdown geschlossenen Bereichen habe. Und das sei dank der Getränkemärkte nicht der Fall.


Im Umfeld des Ellinger Schlosses stehen Bauarbeiten an


Dass die Corona-Krise das Brauereisterben beflügeln könnte, glaubt Gloßner nicht. "Es wird immer mal wieder einer zumachen, aber da ist es dann eher, dass seit Jahren nichts mehr investiert worden ist oder ein Nachfolger fehlt." Was ihm und seinen Kollegen im Landkreis guttut, ist der seit Jahren stärker kommende Trend zu lokalen Bieren. "Da hat sich wirklich was getan, was in eine richtige Richtung geht. Auch bei der Bereitschaft, mehr für das lokale Produkt zu zahlen."

Allerdings profitiert man in Altmühlfranken als Einzelbrauerei nicht ganz so stark davon, weil es noch so viele lokale Brauer gibt. Und die bieten auch allesamt eine gute Qualität. Gloßner: "Die Zeit, wo eine Brauerei dauerhaft schlechtes Bier haben konnte, die ist längst vorbei." Darauf dann am besten ein Eisbier aus dem Hause Felsenbräu. Auf dass ein wenig Licht in den trüben altmühlfränkischen Brauereiwinter komme.

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