Poetry-Slam-Premiere in der Naturbühne

Die Dichter erobern das Weißenburger Bergwaldtheater

Markus Steiner

Weißenburger Tagblatt

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15.8.2022, 06:00 Uhr
Die Dichter erobern das Weißenburger Bergwaldtheater

© Markus Steiner, WT

Die Dichterschlacht, die an dem lauen Augustabend rund 300 Gäste sehen wollten, war ein würdiger Abschluss für eine Bergwaldtheatersaison, die sich wahrlich nicht über das Wetter beklagen konnte - und auch nicht über mangelnde Prominenz, die sowohl Poeten als Publikum von weit außerhalb des Landkreises anzog. Drei Stunden lang battelten sich die Künstler diesmal auf der Bühne und warben um die Aufmerksamkeit des Publikums.

Ein Spalter hat am Ende die Nase vorn

Das kürt beim Poetry Slam immerhin den Sieger oder die Siegerin: Wer den meisten Beifall erhält, gewinnt den Dichterwettstreit und bekommt vor allem Ruhm und Ehre. Oder wie Oliver Walter aus Spalt, der den Poetry Slam am Samstagabend im Bergwaldtheater gewann, ein selbstgemaltes Bild von Steffi Philipp, die das Geschehen auf der Bühne per Live-Gemälde für die Nachwelt festhielt.

"Das Leben auf dem Land"

Gleich zu Beginn hängte Flori Wintels, der bis aus Paderborn angereist war und mit seiner Dichtkunst bereits mehrfach Landesmeister in Niedersachsen und Bremen oder Finalist bei der deutschsprachigen Slam-Meisterschaft war, die Latte hoch.

In "Das Leben auf dem Land“ schilderte Wintels seine Jugend in Bad Bentheim, in der sich 15000 Einwohner vier Nachnamen teilen, es nur eine Prise LTE, dafür aber Blutwurst und Alkohol im Übermaß gibt, so dass man sich das Leben immerhin schön saufen kann.

Die Dichter erobern das Weißenburger Bergwaldtheater

© Markus Steiner, NN

Nachdem Wintels noch sein Gedicht „Der beste Text der Welt präsentieren durfte“, konnte der offizielle Wettstreit beginnen. Denn genauso wie der mittelfränkische Poetry-Slam-Veteran Michl Jakob war auch Wintels Auftritt außer Konkurrenz.

Der Slam kann auch ruhige

Oliver Walter aus Spalt begann mit einem humoresken und leicht abstrusen Gedicht über aussterbende Koalas in Australien, Martin Geier, WeißenburgsPoetry-Slam-Urgestein, hatte für sein Publikum den schadenfrohen Text „Melanie“ dabei und die Weißenburger Newcomerin " „Franzi“ zeigte anschließend, dass Poetry Slam auch feinfühlig und ruhig sein kann.

"Hirnverbrannt und Herzverkühlt"

„Günni“ aus Dinkelbühl drechselte derweil „hinverbrannt und herzverkühlt“ mit Worten, weihte dabei unter anderem eine Deutsche Drogenallee ein, plädierte für mehr Kompostklos im Waldkindergarten, mehr Kifferstuben und dafür, dass Urinieren zur gesellschaftlichen Aufgaben wird.

Nach Billi Reuschels Auftritt („Es hat keine Zukunft!“) stand fest, dass Oliver Walter aus Spalt weiter kommt, der sich im Finale mit Günni aus Dinkelsbühl messen durfte. Oliver Walters authentische Schilderung eines Nachmittags in einer Indoor-Spielhalle war es am Ende geschuldet, dass der großgewachsene Hochzeitredner, studierte Philosoph und Coach am Ende nach Jens Hoffmanns Meinung eindeutig den meisten Applaus erhielt. „Dichter wird heut‘ keiner mehr“, hatte sein Konkurrent Günni kurz vorher doppeldeutig seinen Text beendet. Ein Satz, der bestens geeignet ist, um diesen Artikel langsam zum Ende zu bringen.

Der Dichterwettstreit im Weißenburger Bergwaldtheater hat eines belegt: Um die deutsche Sprache muss man sich (noch) keine Sorge machen. Das als Volk der Dichter und Denker gepriesene Land hat immerhin noch ein halbes Dutzend gute Dichter parat.