Informationsveranstaltung

Hetzner Online in Ellingen: Auch etliche Befürworter

Robert Maurer

Weißenburg

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17.5.2022, 19:14 Uhr
Hetzner Online in Ellingen: Auch etliche Befürworter

© Robert Maurer, NN

Mehr als 300 Bürgerinnen und Bürger an einem sonnigen Sonntagnachmittag in die Schulturnhalle zu locken, spricht Bände. Erfreulich: Die gesamte Diskussion verlief ohne jegliche Anschuldigungen und war extrem sachorientiert.

Das ist auch Bürgermeister Matthias Obernöder (CSU) zu verdanken, der souverän und gut vorbereitet auf die Fragen und Vorwürfe einging. Er habe bewusst keinen Vertreter des Gunzenhausener Unternehmens eingeladen – „damit wir erst mal unter uns reden können“.

Im bisherigen Prozess war Obernöder eher still gewesen. Er wurde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass man eigentlich zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht von einer Planung sprechen dürfe, weil es sich allenfalls um Überlegungen handle.

Das ist bisher bekannt

Klar ist bislang, dass Hetzner Online für das Rechenzentrum selbst etwa 15 Hektar Fläche benötigen würde. Die Serverhallen werden maximal 13 Meter hoch, erläuterte Obernöder. Erforderlich sind am Standort zwei unabhängige Glasfaseranschlüsse sowie eine gute Stromversorgung mit ebenfalls mindestens zwei Anschlüssen.

Angesichts des enorm hohen Stromverbrauchs mit 50 Megawatt soll zumindest ein Teil davon über erneuerbare Energien abgedeckt werden. Der hohe Stromverbrauch von Rechenzentren ist einer der Gründe, weshalb es in Deutschland nur wenige gibt. Dabei wurde nicht nur beim Homeschooling der Ruf nach einer Verarbeitung der Daten zumindest in Europa, besser noch in Deutschland immer wieder gefordert.

Hetzner Online in Ellingen: Auch etliche Befürworter

© Robert Maurer, NN

Grundsätzlich wären auch Windräder statt PVA-Module denkbar, doch Obernöder glaubt, die Akzeptanz von Photovoltaik in der Bevölkerung sei höher. 35 Hektar Fläche plus die Nutzung der Hallendächer würden übers Jahr gesehen etwa zehn bis 15 Prozent des Strombedarfs abdecken.

Agri-Photovoltaik wird geprüft

Natürlich werde bei den Freiflächenphotovoltaikanlagen auch die Möglichkeit von Agri-Photovoltaik (also die Doppelnutzung mit PVA-Modulen oben und einem landwirtschaftlichen Anbau am Boden) geprüft, versicherte der Bürgermeister gegenüber unserer Zeitung. Wie sich die Gesamtfläche von 50 Hektar rund um den Karlshof realisieren lässt, ist noch offen.

Obernöder würde das gesamte Hetzner-Projekt gerne nördlich des Karlshofes unterbringen. Bislang hat sich das aber planerisch noch nicht darstellen lassen. Am Ende würden etwa 60 bis 70 qualifizierte Arbeitsplätze entstehen, so der Bürgermeister. Wasser und Abwasser seien damit ebenso wenig ein echtes Problem wie das Verkehrsaufkommen.

Bei einem Besuch in Falkenstein, wo Hetzner ein (kleineres) Rechenzentrum betreibt, habe ihm der dortige Bürgermeister nur Positives berichtet, sagte Obernöder. Die Firma zahle Gewerbesteuer „in Millionenhöhe“.

Wohin mit der Abwärme?

Als Problem sieht Obernöder vor allem die Abwärme. Die Prozessoren der Server erhitzen die Luft auf 30 bis 35 Grad. Eine Nutzung in einem Nahwärmenetz sei wirtschaftlich nicht möglich, habe ein Ingenieurbüro ermittelt. Hetzner würde die Abwärme kostenlos zur Verfügung stellen. Theoretisch denkbar wäre eine Nutzung für ein Freibad, doch extra eines zu bauen, hält Obernöder für Blödsinn.

Auch für eine Shrimpszucht ließe sich die Wärme wohl ganz gut nutzen. Das habe ihn auch erst schmunzeln lassen, aber tatsächlich sei das wohl eine echte Option. Grundsätzlich, so machte der Bürgermeister deutlich, sieht er in einem Rechenzentrum eine gute Chance für die Stadt Ellingen. „Mir fällt zumindest keine bessere Nutzung für die Fläche ein.“

Im Gegensatz zum ursprünglich dort geplanten Limes-Freizeitpark bedeute Hetzner Online ein völlig vernachlässigbares Verkehrsaufkommen, und selbst das Golf-Ressort, das vor fast drei Jahrzehnten dort im Gespräch war, hätte weit mehr Emissionen verursacht.

Kein Raumordnungsverfahren notwendig

Für die Stadt Ellingen würde die Ansiedlung starke Gewerbesteuerzahlungen bedeuten, die bei den anstehenden Aufgaben guttäten. Nach ersten Abstimmungen mit der Regierung von Mittelfranken wäre wohl für die Genehmigung kein Raumordnungsverfahren nötig.

Die Stadt Ellingen müsste aber den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan für das Gebiet ändern. Das eigentliche Genehmigungsverfahren würde dann am Landratsamt laufen.

Nächster Schritt soll nun ein Grundsatzbeschluss des Stadtrats in der Juni-Sitzung sein, ob man in konkrete Verhandlungen mit Hetzner Online einsteigen will. Das soll im öffentlichen Teil der Sitzung geschehen, kündigte Obernöder an. Und er versprach eine weitere Bürgerinfo, bevor die verwaltungstechnischen Verfahren anlaufen.

Frage nach dem Verkaufspreis

In der Diskussion tauchte immer wieder die Frage nach dem konkreten Verkaufspreis auf. Obernöder wollte sich hierzu nicht äußern, bekannte aber, dass die 16 Euro pro Quadratmeter, die in Gunzenhausen im Gespräch gewesen sind, als erste Orientierung dienen könnten. Gekauft hat die Stadt Ellingen die Flächen vor gut 30 Jahren für einen Bruchteil dieser Summe.

Unabhängig vom Preis setzten sich Bürgerinnen und Bürger generell kritisch mit dem Flächenverbrauch des Projekts auseinander. „Das können wir uns in der heutigen Zeit nicht mehr leisten“, befand einer. Eine andere fragte: „Warum können wir es nicht so belassen, wie es ist?“

Für derartige Äußerungen gab es Beifall, aber das gilt auch für die Aussage: „Das ist eine hervorragende wirtschaftliche Chance für die Stadt.“ Sämtliche Anregungen haben Stadtplaner Friedrich Meyer und seine Kollegin Ulrike Krämer notiert und fassen sie nun zusammen. Sie sollen in den weiteren Entscheidungsprozess einfließen.

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