Wartezeiten

Impfwillige in Altmühlfranken sind verärgert

28.11.2021, 06:43 Uhr
Etliche warten derzeit auf einen Impftermin.

© Hans-Joachim Winckler, NN Etliche warten derzeit auf einen Impftermin.

In Mails, Leserbriefen und Anrufen beklagten sich Bürger bei unserer Zeitung. Und der Frust ist nachvollziehbar, wenn er auch mitunter die falschen trifft.

Wer sich dieser Tage einen Termin beim offiziellen Impfzentrum des Landkreises geben ließ, konnte die Spritze mit Ach und Krach noch in diesem Jahr bekommen. Mehr als ein Monat Wartezeit. Selbst wenn man ankreuzte, jederzeit zur Verfügung zu stehen.

Jetzt aber soll es besser werden. Der Landkreis hat verkündet, dass die Kapazitäten am Impfzentrum und im Verbund mit regionalen Partnern aufgestockt werden. Spätestens Mitte Dezember sollen dann 3000 Impfungen pro Woche möglich sein. Derzeit kommt man auf rund 1200 Impfungen. Und dieses Kontingent ist schon das Ergebnis einer Aufstockung vor rund zwei Wochen.

Die Vorgaben des Freistaats

Die häppchenweise Erhöhung ist die Folge des Vertrags des Landkreises mit der Firma Vitolus, dem Betreiber des Impfzentrums. Die hatten zugesagt, das Kontingent in geringerem Maße schnell hochfahren zu können und innerhalb von vier Wochen erheblich.

Mit rund 3000 Impfungen die Woche ist man in wenigen Wochen wieder auf dem Stand des vergangenen Frühjahrs, als das Impfzentrum noch in Gunzenhausen war und vom Klinikum Altmühlfranken betrieben wurde.

Dass viele Bürger unzufrieden sind mit der Impfgeschwindigkeit, weiß man auch im Landratsamt. Allerdings stellen Pressesprecherin Claudia Wagner und Kreisbaumeister Markus Gläser fest, dass man hier nur die ausführende staatliche Behörde sei. Man habe die Vorgaben des Freistaats nur umgesetzt.

Impfzentren wurden heruntergefahren

Und die bestanden zunächst im Herunterfahren der Impfzentren – immerhin samt eines Stufenkonzepts zur Wiederaufstockung. Sogar die Maximalkapazität pro Woche war staatlicherseits mit einem Wert pro 100 000 Einwohner festgelegt.

„Man muss sagen, dass wir sogar gut dastehen, weil es gab Landkreise, die haben ihr Impfzentrum komplett geschlossen und müssen nun erst wieder eins aufbauen“, erklärt Claudia Wagner. In Weißenburg-Gunzenhausen habe man hingegen sofort reagiert, als klar geworden sei, dass der Andrang steige.

Und das ist er tatsächlich gewaltig, womit man bei einem weiteren Problem des staatlichen Umgangs mit der Pandemie landet. Dass man die Bevölkerung nämlich flächendeckend ein drittes Mal würde impfen müssen, waberte bis vor wenigen Wochen nur als diffuse Ideee herum, schien aber ganz weit weg.

Vor allem Booster sind gefragt

Deshalb sind auch die Impfzentren nicht für diesen Ansturm ausgelegt. Längst sind es nicht nur die Spätüberzeugten, die sich nun die Beine vor den Türen des Impfzentrums in den Bauch standen, sondern mittlerweile vor allem Auffrischler.

Mittlerweile hat sich der „Booster“ – wie so viele Worte des Pandemiegeschehens – in den allgemeinen Sprachgebrauch geschlichen. Es fehlen allein noch 50 000 Auffrischungs-Impfungen für die Doppel-Geimpften im Landkreis, dazu kommen gut 5000 Menschen, die auf ihre Zweit-Impfung warten, und alle diejenigen, die noch gar nicht geimpft sind.

Immerhin: das werden weniger werden. Weil manchen Skeptiker die Sorge umtreibt, dass es nun gefährlich werden könnte, aber auch, weil mancher dem Druck nachgibt, der sich für Ungeimpfte durch die gesetzlichen Regelungen ergebe, wie Pandemiearzt Dr. Peter Löw aus den eigenen Erfahrungen in seiner Treuchtlinger Praxis weiß.

Kinder-Impfungen kommen

Zudem können vermutlich bald schon auch Kinder von fünf bis zwölf Jahren geimpft werden, nachdem der Biontech-Impfstoff von der Europäischen Arzneimittelbehörde für diese Altersklasse in geringerer Dosierung zugelassen wurde.

Eine Empfehlung der Ständigen Impfkomission in Deutschland wird kurz vor Weihnachten erwartet, wenn auch ein größerer Posten des in der Kinder-Dosierung abgefüllten Impfstoffes an Deutschland geliefert wird.

Bemerkenswert ist im Landkreis das Engagement der niedergelassenen Ärzte. Hier wurden mit mehr als 31 000 vollständigen Impfungen sogar 2000 Spritzen mehr gesetzt als im Impfzentrum. „Etwa tausend Menschen werden wir bis Weihnachten noch impfen können“, stellte Dr. Peter Löw für seine eigene Praxis fest. „Aber auch bei uns sind die Termine schon vergeben und wir haben erst wieder etwas im neuen Jahr.“ In vielen Praxen arbeite man am Anschlag, um möglichst viele Patienten impfen zu können.

Auch andere Landkreise betroffen

Etwas tröstlich mag sein, dass es auch in anderen Landkreisen nicht viel anders aussieht. Ein Leser unserer Zeitung fuhr nach Ansbach, um sich boostern zu lassen, weil er dort noch einen Termin bekam. Der half ihm allerdings nicht viel, weil er vor Ort trotzdem zwei Stunden warten musste. Und zwar in einem Zelt, relativ eng gedrängt mit anderen, die es zum Teil sogar auf Wartezeiten von drei bis vier Stunden gebracht haben sollten.

„Diese Welle ist nicht nur Schuld der Impfverweigerer, sie ist genauso ein Versagen der Politik“, beschwert er sich in einer Nachricht an unsere Zeitung. „Seit August war klar, dass dritte Impfungen notwendig sein werden, dennoch hat man die Impfzentren geschlossen und sich auf den Wahlkampf konzentriert.“