Leicht verdientes Geld? So arbeitet eine fränkische Influencerin

10.2.2020, 11:27 Uhr
Eine Bloggerin, die ihre Arbeit fotografiert, wird bei der Arbeit fotografiert. Wer mehr von und über Ann-Christin Weber wissen möchte: Ihr Blog heißt "Fashion Kitchen".

© Foto: Fashion Kitchen Eine Bloggerin, die ihre Arbeit fotografiert, wird bei der Arbeit fotografiert. Wer mehr von und über Ann-Christin Weber wissen möchte: Ihr Blog heißt "Fashion Kitchen".

Für diejenigen, die das Berufsbild Blogger oder Influencer nicht kennen: Was genau machen Sie?

Ann-Christin Weber: Eine Firma hat eine neue Creme, Handtücher oder Nudeln rausgebracht. Die schreibt mich an und fragt, ob ich das testen und meine Meinung dazu schreiben möchte. Wenn ich das Angebot annehme, wird ausgehandelt, welche Gage bezahlt wird, wie viele Artikel und Posts in Social Media geliefert werden sollen. Ich bin also ein Testimonial für die Produkte. Allerdings nehme ich auch nicht alles an. Wenn ich etwas nicht vertreten kann oder mit dem Produkt nicht zufrieden bin, kann es auch mal vorkommen, dass eine Kooperation eben nicht stattfindet oder wieder aufgelöst wird.

Was unterscheidet "Fashion Kitchen" von anderen Blogs?

Weber: Wichtig ist, dass man authentisch bleibt. Ich nehme halt kein Blatt vor den Mund, bin so wie ich bin und verstelle mich nicht. Und manchmal bin ich auch zu ehrlich. Aber das gefällt meinen Followern, sie wollen das echte Leben sehen, mich ungeschminkt, in Jogginghose beim Einkaufen. Auch meine Kunden akzeptieren das.

Welche Entwicklungen in den Sozialen Medien sehen Sie kritisch?

Weber: Viele Menschen konzentrieren sich zu sehr auf das Leben anderer statt auf ihr eigenes. Dazu muss man aber wissen, dass in dieser rosaroten, gefilterten und perfekten Welt oft mehr Schein als Sein herrscht. Alle sehen in Apps wie Instagram und Snapchat toll aus, mit gebleachten Zähnen und Beautyfilter, sind gertenschlank und leben in einer perfekten Welt. Wenn es so weit kommt, dass man das Essen nur noch abfotografiert, und danach bleibt es stehen oder wird weggeworfen, dann ist das definitiv nicht mehr normal.


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Und Sie spielen da nicht mit?

Weber: Nein, meine Fans sollen wissen, dass es nicht jeden Tag Sonnenschein gibt. Deswegen sage ich auch, wenn Dinge nicht gut laufen. Gerade zu Tabuthemen bekomme ich oft sehr viel Feedback, teilweise zu einem persönlichen Thema bis zu 500 Nachrichten.

Welche Art von Posts kommen am besten an?

Weber: Meine Leser sind zwischen 18 und 45 Jahre alt, zu 70 Prozent weiblich. Es gibt auch viele, die nur Rezepte suchen und dann auf meinen Seiten landen. Beiträge rund um "hormonfreie Verhütung" werden sehr gut geklickt. Viele Ärzte beraten dazu scheinbar nicht so gut, aber das Informationsbedürfnis ist da. Was immer gut lief, waren Hundethemen, die werden auch Jahre später noch abgerufen, nachdem mein Hund leider schon verstorben ist. Außerdem alle Artikel rund um den Hausbau und – warum auch immer – ein Orchideen-Post. Zur Zeit gehen viele auf Haushaltsthemen ab, Entrümpeln, Recyclen und Umweltthemen allgemein sind gefragt. Kürzlich habe ich zum Beispiel ein Video gemacht, in dem ich einen Joghurt esse, der schon drei Monate abgelaufen war, das kam super an.

Wo ist Ihre Grenze zwischen Online- und Privatleben?

Weber: Ich nehme den Leser durch mein Leben mit. Zeige aber natürlich nicht alles. Zum Beispiel habe ich vor Kurzem einen Post zu einem Knoten in der Brust gemacht. Daraufhin gab es eine Flut an Nachrichten, die ich einfach nicht alle beantworten konnte. Ich versuche schon, das abzuarbeiten. Aber manchmal hast du auch keine Energie dazu, etwa, als ich erst die OP hinter mir hatte oder die Biopsie mit Diagnose. Dann leidest du ja eh, willst dich ablenken und eigentlich nicht immer wieder daran erinnert werden. Es ist zwar schön, dass die Leser mit dir interagieren, es kann aber auch sehr kraftraubend sein.

Ärgern Sie sich auch mal über Kommentare?

Weber: Klar, ich empfinde vor allem die Schadenfreude und Häme als sehr schlimm. Zum Beispiel bin ich zuletzt bei einer Bloggerreise in der Türkei zusammen mit anderen Bloggerinnen übel abgezockt worden. Einigen wurden unter einem Vorwand die Reisepässe abgenommen, und plötzlich standen wir ohne Pässe und Hotel da. Es waren Betrüger am Werk, die Reiseagentur gab es gar nicht, und die ganze Reise war ein Schuss in den Ofen. Darauf dann Kommentare zu bekommen wie "das hast du verdient" oder "selber schuld" macht die Situation nicht gerade besser . . . Natürlich muss man auch mal Kritik und andere Meinungen auf dem eigenen Profil akzeptieren. Manche lassen aber nur ihre Meinung gelten. Das ist manchmal echt anstrengend. Schlimm ist auch, wenn man sich mal vertippt und sich dann alle an dem Fehler aufhängen.


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Wie schalten Sie ab von der digitalen Welt?

Weber: Das muss ich auch noch lernen. Im Sommer habe ich mir extra mal vier Wochen Auszeit genommen – und war nach zwei Tagen sterbenskrank. Mein Körper dachte sich wahrscheinlich, jetzt kann er mal voll runterfahren. Man muss echt auf seinen Handykonsum achten und E-Mails, die spät reinkommen, auch mal liegenlassen. Da werde ich immer konsequenter. Mit ein paar Freundinnen habe ich einen Deal: Wenn wir uns treffen, legen wir alle unsere Handys in einen Korb, sonst muss man einen ausgeben.

Haben Sie einen Tipp für künftige Influencer?

Weber: Ich würde jedem empfehlen, erst eine Ausbildung zu machen. Ich habe 13 Jahre lang gearbeitet und mir das neben meinem 40-Stunden-Job aufgebaut. Wenn es mit dem Bloggen nicht mehr funktioniert, weiß ich, dass ich zurückgehen kann. Das beruhigt mich. Und ich schreibe für Magazine, mache Live Cooking Events. Und irgendwann möchte ich mal ein Kochbuch rausbringen.

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