Manuel Westphal: "Das ist ja ein Abwägungsprozess"

3.12.2020, 11:55 Uhr
Manuel Westphal:

© Foto: Limes Luftbild

Herr Westphal, Sie haben gegenüber Vertretern der Bürgerinitiative Seenland in Bürgerhand gesagt, dass Sie in der Gesamtbilanz den Freizeitpark als eine Chance für die Region sehen, aber "nicht um jeden Preis". Wo wäre denn für Sie die "Schmerzgrenze" erreicht?

Manuel Westphal, Landrat: Das, was wir hier machen müssen, ist ja ein Abwägungsprozess. Das heißt: Ich muss mich fragen, welche Auswirkungen hat so ein Projekt auf unsere Region? Der erste und sehr wichtige Punkt für mich: Das Projekt sollte nicht zu einer Spaltung in der Region führen. Ziel muss es sein, dass wir alle mitnehmen oder zumindest das Angebot machen, dass wir alle mitnehmen. Das zweite ist, dass das Vorhaben auch raumverträglich ist. Dabei sind die Belange der Bürgerinnen und Bürger ein ganz wesentlicher Punkt. Es sind in dem Verfahren noch viele Fragen zu klären, wie zum Beispiel die Verkehrsanbindung, die Ver- und Entsorgung, Wasser und Abwasser, Besucherlenkung bis hin zum Natur- und Umweltschutz. Alle
diese Punkte, sowohl die dafür sprechenden als auch die, die dagegen sprechen, müssen abgewogen werden, und genau hierfür sind diese Verfahren, die noch anstehen, ja auch da. Deswegen kann man derzeit auch noch keine abschließende Bewertung abgeben und das Projekt schon jetzt abschließend beurteilen.

Wo sehen Sie derzeit die größten Vorteile bzw. positiven Effekte des möglichen Center Parcs für die Region?

Manuel Westphal:

© Foto: Landratsamt

Westphal: Der Tourismus per se ist aus meiner Sicht eine große Chance für die Region und auch jetzt schon ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig. Dass ein Center Parc eine große Chance sein kann, haben wir auch bei unserem Besuch in Leutkirch im Allgäu gesehen. Es ist ein Angebot, das auch der eigenen Bevölkerung zur Verfügung steht und nicht nur den Gästen. Tourismus im eigenen Land anzubieten, das ist ein Wirtschaftszweig, der auch eine gute Zukunft hat und bei dem auch Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und Inklusion eine große Rolle spielen muss. Ich sehe natürlich auch eine Steigerung beim Bekanntheitsgrad des Fränkischen Seenlands durch Center Parcs. Dann ist noch das Thema Ganzjahrestourismus zu nennen, das aus meiner Sicht auch wichtig ist, damit wir in anderen Bereichen bei der touristischen Infrastruktur bei den Gästezimmern und Gästewohnungen und in der Gastronomie auch in Zukunft noch mehr Investitionen haben werden. Wir werden ein Plus beim Allwetterangebot haben und können in vielen Bereichen zu einer gleichmäßigeren Auslastung beitragen und damit auch ganzjährige Arbeitsplätze schaffen. Wir erwarten uns auch eine zusätzliche Wertschöpfung in manchen Bereichen, zum Beispiel im Freizeitbereich oder bei Sporteinrichtungen, aber auch beim Einzelhandel. Wir müssen aber immer auch sehen, dass wir die touristische Infrastruktur, die vor einigen Jahrzehnten aufgebaut worden ist, auch erhalten und so gestalten müssen, dass sie von den Gästen gut angenommen wird und von den Einheimischen ebenfalls genutzt wird. Auch das IHK-Gremium geht davon aus, dass es eine deutliche Nachfragesteigerung und Attraktivitätszuwächse durch den Ferienpark geben wird.


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Falls sich Center Parcs, aus welchen Gründen auch immer, anders entscheiden sollte und den Kaufvertrag für das Gelände letztlich vielleicht doch nicht unterschreiben sollte, gibt es für diesen Fall im Landratsamt eigentlich ein "Ausstiegsszenario"?

Westphal: Der Verkaufsprozess läuft ja ausschließlich zwischen der Bima und Center Parcs ab, darauf haben wir gar keinen Einfluss. Das heißt: Weder die Gemeinde Pfofeld noch der Zweckverband Brombachsee noch der Landkreis sind daran beteiligt. Falls der Kaufvertrag zwischen beiden Parteien am Ende doch nicht zustande kommen sollte, dann liegt der Ball zunächst bei der Bima, die noch immer der Grundstückseigentümer ist, und die Bima stünde dann wieder am Anfang eines neuen Entscheidungsverfahrens, wie sie mit der Fläche umgehen möchte.

Die BI-Vertreter kritisieren, dass es aus ihrer Sicht im Landratsamt derzeit kein "Risikomanagement" für dieses Szenario gibt.

Westphal: Das ist aus meiner Sicht momentan ja auch nicht die Aufgabe des Landratsamtes, weil es im Moment um die Frage geht, ob der Kaufvertrag zustande kommt oder nicht. Wenn sich das zerschlagen sollte, wäre erst die nächste Frage, was die Bima alternativ mit dem Grundstück machen will, ob sie es wegen eines Bundesbedarfs behalten will oder weiterhin veräußern möchte.

Ich traue mir zum heutigen Zeitpunkt nicht einzuschätzen, ob es insgesamt mehr Befürworter oder Gegner für das Projekt Center Parcs gibt. Was ich mir zutraue, ist aber die Einschätzung, dass sich mit einem derartig riesigen Freizeitpark das Fränkische Seenland vom bisher propagierten Credo vom "Sanften Tourismus" verabschiedet hat . . .

Westphal: Die Frage ist für mich, ob es sanften Tourismus überhaupt gibt, klar definiert ist dieser Begriff jedenfalls nicht. Meiner Ansicht nach geht es hier vielmehr um Nachhaltigkeit im Tourismus. Dieses Ziel gab es bislang immer in unserem Leitbild für das Fränkische Seenland, das im nächsten Jahr neu überarbeitet werden soll. Und ich gehe davon aus, dass die Themen nachhaltiger Tourismus, Barrierefreiheit und Inklusion weiterhin wichtige Rollen im Fränkischen Seenland spielen werden.


Center Parcs zwischen Masterplan und Umweltstudie


Jetzt ist Ihnen das Thema Center Parcs ja etwas auf die Füße gefallen, Sie haben es als Landrat quasi von Ihrem Vorgänger vererbt bekommen, der offensichtlich gemeinsam mit dem damaligen Pfofelder Bürgermeister Willi Renner die Center-Parcs-Pläne für das Seenland schon vorangetrieben hat, ohne dass die zuständigen Gremien, der Gemeinderat Pfofeld und die Kreisräte eingeweiht waren. Deshalb wurde auch die Vorkaufsoption der Kommune nicht wahrgenommen. Stimmt dieser zumindest hinter vorgehaltener Hand geäußerte Verdacht oder können Sie ihn dementieren?

Westphal: Mitglied des Pfofelder Gemeinderats bin ich bekanntlich nicht, daher weiß ich nicht, ob das Thema dort behandelt wurde. Als Landrat habe ich auf Nachfrage erstmals über das noch laufende Bieterverfahren im Umweltausschuss im Juni dieses Jahres gesprochen. Man muss aber auch darauf hinweisen, es hat bislang noch keinen einzigen Antrag gegeben in den Gremien, denen ich angehöre, dass man konkrete andere Pläne für das Areal hätte.

Wie passt aus Ihrer Sicht ein Center-Parcs-Projekt im Seenland mit den erklärten Zielen der Bayerischen Staatsregierung zusammen, den Flächenverbrauch zu reduzieren und den Klimawandel einzubremsen, wenn ein artenreicher und gesunder Wald für einen Freizeitpark weichen muss?

Westphal: Ob das ein gesund gewachsener Wald ist beziehungsweise welche schützenswerten Bereiche auf dem Gelände vorhanden sind, werden jetzt erst die Ergebnisse der noch laufenden Umweltverträglichkeitsuntersuchungen sowie der Altlasten- und Kampfmittelerkundungen zeigen. Es ist ja nicht so, dass der Wald komplett gerodet werden muss. Weil aber viele der Munitionsreste im Boden unter Bäumen sind, die erst später gewachsen sind, müssen zumindest diese Bäume entfernt werden. Man muss aber auch sehen, dass jeder Eingriff in die Natur auch durch entsprechende Ausgleichsflächen kompensiert werden muss, da sind die Vorgaben relativ streng, das hat man auch in Leutkirch gut sehen können. Zudem spielt doch auch eine Rolle, dass die Gäste in dem Center Parc aus einem relativ begrenzten Umkreis insbesondere aus dem eigenen Land kommen würden und somit keine Flugreise nach Asien oder in die Karibik machen würden.

Center Parcs betonte schon mehrmals, dass sie mit der Sanierung eine historische Wunde heilen wollen. Warum ist diese Sanierung nicht schon längst geschehen, zumal auch behauptet wird, dass angeblich sogar kontaminiertes Wasser auch in den Brombachsee fließt . . .

Westphal: Wir haben eine Anfrage, zu der wir uns noch in dieser Woche gemeinsam mit dem Wasserwirtschaftsamt Ansbach äußern werden. Das Wasserwirtschaftsamt ist hier die zuständige Fachbehörde. Man muss auch unterscheiden: Momentan ist das Gelände eingezäunt und wir haben dort bislang allenfalls eine forstwirtschaftliche Nutzung. Wenn das Gelände aber touristisch erschlossen werden soll, dann sind die Anforderungen im Hinblick auf eine Sanierung ganz andere, als das momentan der Fall ist.

 

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