Mit dem Fahrrad von Burgsalach zum Nordkap

27.8.2019, 07:13 Uhr
Mit dem Fahrrad von Burgsalach zum Nordkap

© Foto: Privat

  Vom Weißenburger Jura bis zum Nordkap radelte er durch Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen. Zurück kam er mit dem Flugzeug.

Die verrückte Tour nahm Neumüller auf sich, weil er die Herausforderung suchte: "Wo andere sagen: ,Du bist doch verrückt‘, da fängt es mir an Spaß zu machen", grinst der Burgsalacher. Dass er nicht immer mit dem Strom schwimmt, zeigt sich schon an seiner Wohnsituation: Der 32-Jährige lebt in einem gemütlich eingerichteten Bauwagen am Rande von Burgsalach (wir berichteten).

Acht Stunden im Sattel

Ein Kinderspiel war seine Reise ans Nordkap nicht. Jeden Tag verbrachte er etwa acht Stunden im Sattel seines Rads. Im Schnitt waren das 150 Kilometer täglich. Und das ohne explizites Training als Vorbereitung. 50-Kilometer-Radtouren und das Fußballtraining – längeres Ausdauertraining gab es nicht. Mehr Zeit dafür hatte Neumüller auch nicht, weil er als selbstständiger Softwareentwickler für Klimaanlagen tätig ist. Bemerkbar machte sich das kurze Training aber nur bei seinem Hinterteil. Das schmerzte nämlich drei Wochen lang ohne Unterbrechung.

Das zweite Problem war der Kopf. "Es dauerte sieben Tage, bis das Tetris im Gehirn fertig war", gibt er zu. Das Aussteigen aus dem Berufsalltag, die viele Zeit allein – da gibt es genug Stoff zum Nachdenken. Hinzu kommt die mentale Hürde, wenn man jeden Tag noch 150 Kilometer radeln muss. Auch die Gesamtlänge war manchmal happig: "Verdammt, noch so weit", dachte sich Neumüller, als er in Svartsjö, Schweden, feststellte: Das ist erst die Hälfte der Gesamtstrecke.

Oft an's Aufgeben gedacht 

Trotzdem zog er sein Vorhaben eisern durch und erreichte das Nordkap nach 28 Tagen. Ein unglaubliches Gefühl, beschreibt er. Zu verdanken hatte er das auch seiner cleveren Planung: Für den Notfall legte er sich einen Drei-Punkte-Plan zurecht. Dort stand eine genaue Anweisung für ihn, selbst wenn er mal ans Abbrechen denken sollte:

Erstens: Süßigkeiten essen.
Zweitens: die Freundin anrufen.
Drittens: drüber schlafen.

Die Liste erklärt anschaulich, weshalb Neumüller am Ende der Reise auf eine stolze Bilanz von vier Kilo Gummibären und zwei Kilo Schokolade kam. Maßnahme zwei musste er jedoch nur ein einziges Mal anwenden: "Meine Freundin hatte aber die Anweisung, mich vom Aufgeben abzubringen." Den Anruf tätigte er an seinem 23. Reisetag. Das war der Tag, der ihm als schlimmster überhaupt in Erinnerung bleiben wird

"Schaut dumm aus, aber egal"

Es lief alles schief. Schon morgens beim Aufstehen regnete es in Strömen. Hinzu kamen Wind und es hatte nur sechs Grad. Auch die Fahrradschuhe machten Probleme, deshalb musste er seine wasserdurchlässigen Laufschuhe anziehen. Um wenigstens ein bisschen Regen abzuweisen, wickelte er Plastiktüten und Panzertape um die Füße. "Schaut zwar dumm aus, aber egal, ich hatte warme Füße", meint Neumüller. Früher anhalten konnte er nicht, weil die 150 Kilometer durch eine Strecke führten, auf der weit und breit nichts war. Aber Neumüller machte weiter, obwohl "der Spaß ein Loch hatte" an diesem Tag.

Die Komfortzone verlassen

Irgendwann erreichte er den schwedischen Ort Gällivare, sein Tagesziel. Dort angekommen, gönnte er sich eine Nacht in einer Hütte, um sich zu erholen. Sonst schlug er einfach sein Zelt auf.

Die Tour zum Nordkap war die längste, die Neumüller bisher mit dem Fahrrad antrat. Zuvor fuhr er schon nach Venedig, Rotterdam und Wien. Bei einem Weltenbummler und Abenteurer wie ihm würde man nicht auf die Idee kommen, dass alleine Reisen und Menschen kennenlernen für ihn manchmal eine kleine Überwindung darstellt. Aber genau aus diesem Grund macht sich Neumüller immer wieder auf, denn am Ende einer Reise sei es immer so, dass "die neue Komfortzone früher mal komplett außerhalb der Komfortzone lag".

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