Stereo im Stall: So grandios war das kleine Musikfestival in Ellingen

Rainer Heubeck

Weißenburger Tagblatt

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4.10.2022, 18:07 Uhr
Stereo im Stall: So grandios war das kleine Musikfestival in Ellingen

© Rainer Heubeck, NN

„Wir wollen eigentlich nur spielen.“ Unisono sagen das die Mitglieder aller vier Bands, die am Samstagabend im Ellinger Ochsenstall musikalisch mächtig einheizten. Endlich mal wieder abrocken vor Publikum – doch das hat lange Zeit gedauert. Geplant war das von den Bands „Sideshow Bop“, „Havanna Pussy Club“, „Sutcliffe“ und „Petra Pack“ selbst veranstaltete Festival eigentlich schon vor zwei Jahren, doch dann kam Corona und zog zwei Jahre lang den Stecker aus den Verstärkern und Stromgitarren.

Dass sich in dieser Zeit in den Proberäumen einiges an Energie und Spielfreude angestaut hatte, war bei der Musiknacht im Ochsenstall förmlich spürbar. Ein bisschen Lampenfieber, doch dann ging es ab auf der Bühne wie in besten Zeiten. Die Musikerinnen und Musiker aller vier Bands hatten sichtlich Spaß – und der übertrug sich schon beim „Opener“ Sideshow Bop aufs Publikum. Auch das hatte lange darben müssen, bis auf das diesjährige Heimspiel im Bergwaldtheater und das Open Air in Nennslingen hatte es zwei Jahre so gut wie keine Musikveranstaltungen gegeben – vor allem nicht mit Gruppen aus der Weißenburger Region.

Begrenzte Auftrittsmöglichkeiten

Für sie waren allerdings schon vor der Pandemie die Auftrittsmöglichkeiten fernab von Partys, Stadtfesten oder Kirchweihen eher begrenzt, vor allem für Musik abseits von Mainstream und Stimmungshits. Zudem ist die lokale Musikszene enger verbunden als manche glauben mögen: Mancher spielt in zwei Bands, es herrscht die gemeinsame Freude an der Musik vor, Konkurrenzdenken ist meilenweit entfernt. „So entstand die Idee, einmal gemeinsam aufzutreten“, blickt Melanie Albrecht, die Keyboarderin bei Sutcliffe und eine der Initiatorinnen auf das seit 2019 geplante Festival.

Stereo im Stall: So grandios war das kleine Musikfestival in Ellingen

© Rainer Heubeck, NN

Und das bot von Rock-‘n‘-Roll-Beats über Rock mit Punk-Einflüssen bis hin zu Deutsch-Pop und Tarantino-Soundwolken ein breites musikalisches Spektrum. So kamen die knapp 500 Besucher – die Veranstaltung war schon zwei Tage vorher restlos ausverkauft – auf ihre Kosten. Die waren beim Musikgenuss hoch, beim Eintritt allerdings überaus moderat: Neun Euro im Vorverkauf für vier Bands plus Vinyl-Party zum Abschluss waren eigentlich ein Geschenk.

Geplant waren zuerst fünf Formationen, doch das Frauen-Duo „Die Klitoriden“ mussten leider absagen, schickten aber ein witziges Musikvideo, das zum Beginn des Abends über die Leinwand flimmerte. Danach gings aber live in die Vollen: „Sideshow Bop“ als die wohl am längsten existierende Formation, eröffnete mit einer wilden Mischung aus eigenen Stücken und cool interpretierten Klassikern des Beat-Genres für ihre „Amici“ – Stimmung von Null auf Hundert in der Porsche-Klasse.

Ehrliche Texte und harte Riffs

Etwas ruhiger wurde es bei den Liedern von Petra Pack – da war schwofen und genaues hinhören gefragt, denn die vier Musikerinnen um Frontfrau Annemarie Endner (und einem Quotenmann an den Drums) boten hintersinnige Lieder über Liebe, Männer, Lust und Leben. Unanständig? Nein; gar nicht, einfach witzig, augenzwinkernd frech und (manchmal zu) ehrlich.

Stereo im Stall: So grandios war das kleine Musikfestival in Ellingen

© Rainer Heubeck, NN

Mächtig was auf die Saiten, Drums und das Mikro packten dann „The Havanna Pussy Club“ – die fünf Musiker lieferten, für was sie bekannt sind: eine gut mit Rock ‘n‘ Roll, Punk, Alternative und etwas Hardrock gewürzte Party-Mischung, die zwingend in die Beine ging.

Das Live-Lineup beschlossen „Sutcliffe“ mit sphärisch-psychodelischer Musik, die ganz ohne Gesang auskommt und immer wieder an Film-Soundtracks erinnert – Quentin Tarantino und die bluesigen Stücke von Pearl Jam lassen grüßen. Nach der Live-Performance der vier Bands wurde es nach Mitternacht ruhiger mit „MudinaLoveSoundSystem“, wo keine Play-List programmiert war, sondern echte Platten auf den Teller kamen.

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