Weißenburgerin ist zur Trauerrednerin berufen

1.11.2019, 08:13 Uhr
Weißenburgerin ist zur Trauerrednerin berufen

© Foto: Markus Steiner

Für Gabriele Größle aus Weißenburg gehören Trauerreden dagegen zu ihrem Alltag. Die 55-Jährige ist seit mittlerweile zehn Jahren Rednerin für weltliche Trauerfeiern und sagt über ihren Beruf einen Satz, der aufhorchen lässt: "Ich mache ihn von Herzen gerne."

Dabei wurde der gelernten Kauffrau, die auch als Mental Coach tätig ist, ihre Berufung nicht in die Wiege gelegt. Ihre Mutter kann – im Unterschied zu ihr – mit Tod nur schwer umgehen und geht nicht auf Beerdigungen, wenn es sich vermeiden lässt. Für eine Wienerin eine eher seltene Charaktereigenschaft, sagt man den österreichischen Hauptstädtern hierzulande doch eher nach, dass sie einen gewissen Hang zum Morbiden haben.

Erinnerungen als Bindeglied

Genetisch hat Gabriele Größle mit Trauer also nichts am Hut. Wie so oft im Leben hat auch sie eher der Zufall zu ihrem neuen Beruf gebracht, für den sie ihre alte Tätigkeit bei einem Industrieunternehmen aufgegeben hat. Der Weißenburger Bestatter Klaus Unger wusste, dass Gabriele Größle eine Ausbildung als Trauerbegleiterin hat, und sprach sie an, ob sie sich auch vorstellen könnte, auf Trauerfeiern, für die kein Pfarrer gewünscht wird, die Grabrede zu halten.

Gabriele Größle willigte ein und entdeckte ihre Berufung. "Die individuelle Lebensgeschichte des Verstorbenen hat mich von Anfang an sehr stark interessiert", sagt sie heute, zehn Jahre nach ihrer ersten Trauerfeier. Die 55-Jährige weiß, dass jede ihrer Reden ein echtes Unikat sein muss. " Dass sie deshalb jede Trauerrede persönlich anfertigen muss und sich vor allem eines nehmen muss: viel Zeit. Viel Zeit, um mit den Hinterbliebenen zu sprechen. Viel Zeit, um sich Geschichten anzuhören und den Menschen in ihren schwersten Stunden beizustehen.

Oft sind es vor allem die vielen gemeinsamen Erinnerungen, die für die Hinterbliebenen eine Brücke und ein Bindeglied zum Verstorbenen herstellen. "Deshalb lade ich auch immer dazu ein, diese Erinnerungen aufleben zu lassen und am Leben zu erhalten." Ihr selbst ist es in ihrer Trauerrede wichtig, den Verstorbenen oder die Verstorbene möglichst realistisch darzustellen: "Es darf auf der einen Seite keine Glorifizierung, auf der anderen Seite aber auch keine bösen Worte geben."

Größles Anspruch ist es, aus den vielen Informationen, die sie von verschiedenen Seiten bekommt, ein Bild entstehen zu lassen, das dem Verstorbenen nahe kommt. Sie vergleicht ihre Arbeit mit dem Zusammensetzen eines Puzzles, das nur dann ein stimmiges Bild ergibt, wenn auch die einzelnen Teile passen.

Um an die Infos zu gelangen, die sie braucht, nimmt sie sich viel Zeit. Deshalb rechnet sie ihre Dienstleistung nicht nach Stunden ab und lässt auch keine Uhr laufen, sondern nimmt sich immer individuell so viel Zeit, wie sie braucht. "Bei mir steht der Mensch im Mittelpunkt", lautet ihr Ethos für ihre Berufung. Sie selbst weiß, dass der Tod des geliebten Menschen für die Hinterbliebenen ein einschneidendes Erlebnis ist und diese erst nach und nach lernen werden, mit dem Verlust umzugehen.

Ihre fertige Rede, die in der Regel zwischen 30 und 40 Minuten dauert, dürfen alle erstmalig bei der Beisetzung hören. Da macht die Trauerrednerin keine Ausnahme. Aus einem guten Grund: "Ich möchte, dass mir alle auch wirklich gut zuhören."

Weil sie weiß, dass die Trauerrede eine wichtige Rolle in der Trauerbewältigung spielt: "Ich nehme die Menschen in ihrer schwersten Stunde verbal an die Hand." Wie in einem Buch, das man in der Regel auch erst aus der Hand legt, wenn das letzte Kapitel gelesen ist, soll die Beerdigung als letztes Kapitel das Buch des Lebens beschließen. Möglichst mit einer schönen Geschichte, die der Lebensleistung des Verstorbenen gerecht wird und den Hinterbliebenen hilft, mit der Trauer fertigzuwerden.

"Die Abschiedsrede ist die Anfangsrede der Erinnerung", sagt Gabriele Größle, die eine landläufig oft häufig dahingesagte Floskel übrigens nie sagt: "Mein Beileid." Stattdessen gibt sie den Trauernden viel lieber diesen Wunsch mit auf den Weg: "Ich wünsche Ihnen viel Kraft für Ihren weiteren Lebensweg."

InfoKontakt und weitere Informationen über die Trauerrednerin Gabriele Größle gibt es im Internet auf ihrer Homepage unter www.groessle-trauerbegleitung.de.

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