Wie ein neuer Kulturverein dem Fürther Babylon-Kino hilft

17.1.2021, 16:00 Uhr
„Solche Orte dürfen nach der Pandemie nicht von der Landkarte gelöscht werden“: Klaus Lutz (li.), Vorsitzender des frisch gegründeten „Filmkunst- und Kulturvereins Fürth“, und Babylon-Chef Christian Ilg.

© Hans-Joachim Winckler „Solche Orte dürfen nach der Pandemie nicht von der Landkarte gelöscht werden“: Klaus Lutz (li.), Vorsitzender des frisch gegründeten „Filmkunst- und Kulturvereins Fürth“, und Babylon-Chef Christian Ilg.

Natürlich wäre jetzt eine filmische Vergleichsgröße ein prima Einstieg, um die Neuigkeiten im Babylon-Kino ins passende Bild zu rücken. "Titanic" also, viel zu wenig Rettungsboote, Schiff sinkt, Tote und Hilfeschreie - zu arg, zu drastisch. Django, der alles Unschöne mit der Wumme beseitigt - viel zu martialisch.

Dann lieber die tierische "Dschungelbuch"-Verfilmung, mit dem Panther Baghira und Balu, dem Bär; ein Duo, das mit scharfen Krallen und sehr großem Herz den Helden vor den Gefahren des Dschungels schützt. Einen guten Freund brauchst du, einen, der dir Hoffnung gibt, es könnte alles gut werden.

Der "Filmkunst und Kultur-Verein Fürth e.V." ist ein solcher Freund, vor wenigen Tagen ging er an den Start, geboren, um das Babylon durch eine zweifellos schwere Zeit zu begleiten. "Das Haus ist einer der wenigen soziokulturellen Hotspots der Stadt", sagt Klaus Lutz, der hier seit vielen Jahren aus und ein geht. Ein Hotspot jedoch, der auf Eis gelegt ist.

Der 57-jährige Fürther ist Medienpädagoge im Nürnberger Medienzentrum Parabol, zudem seit 2001 Fachberater für den Bezirk Mittelfranken. Und neuerdings ist er auch Vorsitzender des Kulturvereins. Helfer und Förderer, das war genau das, worüber Babylon-Chef Christian Ilg seit dem vergangenen Frühjahr, also dem Beginn des ganzen Corona-Horrors, intensiv nachdachte.

Arthouse-Kollegen in Nürnberg (Casablanca) und Erlangen sind längst mit Ehrenamtlichen vernetzt, jetzt auch das Babylon. Lutz’ Stammkunden-Gesicht war Ilg sehr wohl bekannt, doch erst im November lernten sich die beiden persönlich kennen. Dann spuckte Lutz in die Hände. Ein Dutzend Mitstreiterinnen und Mitstreiter zählen zum Gründerkern des Vereins.

Angst vor dem Aus

Lutz über seine "kleine, aber schlagkräftige Truppe": "Wir haben es uns zur zentralen Aufgabe gemacht, das Haus trotz Corona zu erhalten. Damit meinen wir ausdrücklich nicht nur das Kino-, sondern das generelle Kulturangebot", also Ausstellungen, Theater, Jazz und Kabarett. "Unsere Angst ist groß, dass solche Orte nach der Pandemie von der Landkarte gelöscht werden".

Eine nicht ganz unbegründete Sorge. Betreiber Ilg musste bereits zwei einnahmestarke Hochsaison-Phasen verstreichen lassen - Frühjahr, um Ostern herum, und der vorweihnachtliche Herbst sind die Zeiten der Top-Produktionen und klingelnden Kinokassen. Normalerweise. Die dritte Hochsaison schreibt der Babylon-Chef bereits jetzt ab. "Ich glaube, dass kinomäßig vor April, Mai nichts funktionieren wird."

Es braucht 120.000 Euro

Hier kommt der Kulturverein ins Spiel. Den Einnahmeausfall der vergangenen und kommenden Monate wollen Lutz & Co. kompensieren, im Klartext: Es braucht 120.000 Euro. Das Babylon soll nicht mit leerem Tank auf die Startbahn rollen. Aktionen und Veranstaltungen sollen die magische Summe einbringen und zugleich Anschub sein für fällige Renovierungsmaßnahmen und die Erneuerung der Technik.

"Wir wollen die Film- und Kulturarbeit nach der Eröffnung möglich machen", sagt Lutz, der nicht nur berichten kann, dass rund 15 Prozent der Summe durch Spenden bereits eingegangen sind, sondern der gleich auch Ideen aus dem Ärmel schüttelt.

Dazu zählen der Ausbau des Angebots für Kinder und Jugendliche, etwa durch einen Medienworkshop in den Sommerferien, ferner mehr Autoren- und Filmemacher-Besuche, die nach Vorführungen mit den Gästen diskutieren, eine Filmreihe, in der Asylsuchende Werke ihrer Heimat präsentieren, der Einsatz für mehr Open-Air-Kapazitäten auf der Freilichtbühne im benachbarten Stadtpark. Auch die Online-Plattform "Babylon TV" soll attraktiver werden, "da geht noch mehr", sagt der Medienprofi.

"Unser Engagement", so Lutz, "ist ein Baustein. Durchhalten muss aber der Christian. Auch die Stadt muss durchhalten, wenn sie das Babylon als Kulturort erhalten will." Das tut sie offensichtlich, denn kurz vor Weihnachten stellte der Stadtrat 10.000 Euro für Projektarbeit in Aussicht - womit etwa der Medienworkshop gemeint sein kann.

50 Mitglieder sind schon dabei

Und gleich noch einer machte mit, der es mit dem Babylon allem Anschein nach gut meint: der Vermieter. Am 31. Dezember wäre für Ilg normalerweise die Frist abgelaufen, um sich für eine Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere fünf Jahre auszusprechen. Doch es kam anders, nämlich besser. "Schiedlich-friedlich haben wir vereinbart, die Lage erst einmal abzuwarten", so Ilg.

Seit wenigen Tagen stecken die himmelblauen Fördermitgliedsanträge des Filmkunst- und Kulturvereins Fürth im Infokästchen an der Babylon-Eingangstür, schon 50 Mitmenschen sind seitdem beigetreten. Wer Fördermitglied werden will, hat die Wahl zwischen vier Kategorien. Als "Freund*in" ist man mit 30 Euro im Kalenderjahr dabei, der "Fan" zahlt 60, der "Liebhaber*in" 120 und der "Idealist*in" 240 Euro.

Mag sein, dass es noch zu früh ist für ein Happy End mit vollem Orchestersound. Die Katastrophenfilmvorführung aber scheint vorerst abgesagt.

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