Wie "Fridays For Future" 2020 die Wahlen beeinflussen kann

14.2.2020, 05:17 Uhr
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Elsa Schrode kann auf einen beachtlichen Erfolg verweisen. Sie und ihre Mitstreiter von "Fridays for Future" (FFF) hatten kürzlich in der Bayreuther Bürgerversammlung vor gut 100 Menschen den Antrag gestellt, die Stadt möge ein Klimaschutzkonzept erarbeiten. Es gab nur sieben Gegenstimmen.

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So, wie es die bayerische Gemeindeordnung vorschreibt, müssen solche Bürgerempfehlungen im Stadtrat behandelt werden. Auch dort gab es keinen Gegenwind. Nun geht es in der Wagnerstadt also um die "partizipative Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes sowie die zugehörige Einrichtung eines Umsetzungsmanagements", wie es im Antrag hieß. Das ist ein ganz ermutigende Bilanz für eine 14-Jährige. So jung ist Elsa Schrode.



Über ihr politisches Engagement an der Basis berichtet sie eifrig, überlegt und zielstrebig, ganz so, als wäre ihr das Talent dafür in die Wiege gelegt worden. Ein auffälliger Einzelfall ist die junge Bayreutherin nicht. Die vielfältigen FFF-Aktionen und -Inhalte wirken unter Jugendlichen und jungen Wählern wie ein stark belebendes Elixier vor allem auf die Kommunalpolitik.

Elsa kann es kaum erwarten, bis sie ihr Kreuzchen machen darf: "Leider kann ich am 15. März, noch nicht wählen." Sie will mitreden, wo sie lebt, mitentscheiden, "was mich direkt betrifft". Das Politik-Interesse für Anliegen vor Ort gerade ihrer Altersklasse war in der Vergangenheit nicht immer so deutlich zu spüren. Die wachsende Politikwachheit registrierte auch eine Jugendstudie der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung, die Anfang des Monats vorgelegt worden war (wir berichteten).

Politischer Wachmacher

Auf Louisa Schocker von FFF-Erlangen wirkt die Wahl in rund einem Monat ebenfalls wie ein politischer Wachmacher. Sie findet den Urnengang "spannend". Die Studentin aus Nordrhein-Westfalen ist zwar schon 19, die Wahlkabine bleibt ihr dennoch versperrt. "Ich habe vergessen, mich rechtzeitig umzumelden." Es schwingt ehrliches Bedauern über dieses Versäumnis mit.

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Politik heißt aber noch lange nicht Parteipolitik. Da ist eher ordentlicher Abstand angesagt. Louise Schocker weist auf den Positionspapier ihrer Erlanger FFF-Gruppe hin. Die sei "parteilos", wie es da deutlich heißt. Parteiflaggen "auf unseren Demonstrationen" seien strikt verboten. Obendrein sind dort seit einem Vierteljahr keine Rednerinnen und Redner zugelassen, die auf Stadtratslisten kandidieren. Und partei- oder listenbezogene Wahlempfehlungen sind laut Erlanger Positionspapier völlig tabu.

"Aufbruchstimmung" in der jüngeren Generation

Die Wahlberechtigten werden allerdings aufgefordert, einzelne Kandidaten gründlich unter die Lupe zu nehmen, um zu prüfen, "welche Priorität Klimaschutz hat und welche Forderungen diesbezüglich bestehen". Die Möglichkeit des Kommunalwahlrechts zu panaschieren, also Kreuze auf einzelne Kandidaten aus mehreren Listen zu verteilen, wird in dem offiziellen jugendlichen Positionspapier unter "Wahlempfehlungen" praktischerweise erläutert. Nicht jeder Erst- oder Jungwähler hat so was schließlich auf Anhieb parat.

Diese strenge Parteien-Abstinenz ficht Mirjam Körner aus Bayreuth, Sprecherin der Grünen Jugend Bayern, nicht an. Sie registriert zu ihrer Funktionärsfreude schon seit etwa eineinhalb Jahren eine wahre "Aufbruchstimmung" beim politischen Einsatz der jüngeren Generation.

Die habe sich in ihren Reihen durchaus in einer höheren Bereitschaft niedergeschlagen, für ein kommunalpolitisches Mandat anzutreten: "Die Jugend ist wieder da." Schon bei der Landtagswahl im Herbst 2018 sei dieser frische Aufwind spürbar gewesen. In der Fraktion ihrer Partei säßen drei Vertreter der Grünen Jugend. Ohne den Aufbruch in FFF-Zeiten wäre das nicht möglich gewesen, so die Studentin der Humangeografie.


Kommunalwahl 2020: Es geht nicht nur um die Bürgermeister


Dass sich die junge Klimaschutzbewegung von Parteien nicht vereinnahmen lässt, dafür zeigt die Grünen-Sprecherin ein gewisses Verständnis. Mirjam Körner vergisst bei aller Sympathie aber nicht anzumerken, dass ihre Partei – wie andere Parteien auch – eine deutlich breitere Palette politischer Themen bearbeiten. Und alle Entscheidungen liefen nun mal maßgeblich über Parteien. "Da kommt auch ,Fridays For Future‘ am Ende nicht drum herum."

Ganz andere Bauchschmerzen mit dem neuen Politik-Boom hat Oguz Akman, Chef der Jungsozialisten (Juso) in Nürnberg. Klimaschutz beschäftige in erster Linie Akademikerfamilien. In unteren sozialen Gesellschaftsschichten, zum Beispiel bei "Arbeiterkindern", spiele der bei weitem nicht die große Rolle.

Eine CO2 -Steuer etwa dürfe nicht die Menschen über Gebühr belasten, die am wenigsten für die Erzeugung des Treibhausgases verantwortlich seien. Jedoch betont FFF-Nürnberg gerade diese soziale Komponente in ihrem 30-seitigen Forderungskatalog zur Kommunalwahl (wir berichteten).

Aber die stille Verjüngung der Politik registriert auch Akman mit Genugtuung. Auf der SPD-Stadtratsliste stünden diesmal immerhin zwölf von 70 Kandidaten, die jünger als 35 Jahre sind. Das ist Juso-Alter. Junge Menschen hätten derzeit wohl ein stärkeres Gefühl als früher, in der Kommunalpolitik etwas bewegen zu können.

Gefühl, etwas zu bewegen

Für den 27-jährigen Konrad Körner, Vorsitzender der Jungen Union (JU) in Mittelfranken und nicht mit Mirjam Körner verwandt, steht fest, woher das kommt: ",Fridays for Future’ trägt schon stark mit dazu bei, dass die Jugend derzeit politisiert ist." In der CSU-Nachwuchsorganisation schlage sich das in steigenden Mitgliederzahlen nieder. Rund 1300 seien es derzeit. "Zum ersten Mal seit Jahren gibt es da einen Zuwachs", sagt der Herzogenauracher Stadtrat, "wir sind begeistert".

Allein im vergangenen Jahr seien in Mittelfranken sieben neue JU-Ortsgruppen hinzugekommen. Und für die Wahl zum Kreistag Erlangen-Höchstadt gebe es erstmals eine JU-Kandidatenliste.

Die JU gilt beim Klimaschutz im Sinne von "Fridays for Future" nicht eben als Vorreiter. Die Debatten darüber und der Druck, der aufgebaut worden sei, machten aber vor seiner Organisation nicht halt. "Wir stellen uns diesen spannenden Diskussionen." Allerdings gilt für JU-Chef Körner der Maßstab: "Demo ist gut, kandidieren ist besser." Der junge Jurist erweckt dabei den Eindruck, als habe er persönlich das mit den Demonstrationen ganz ausgelassen und sich bei seiner innerparteilichen Karriere gleich aufs Kandidieren verlegt.

Für etwas mehr Lockerheit hat die aktuelle Entwicklung bei der JU aber offenbar doch gesorgt. Das hat zumindest Konrad Körner festgestellt. Die "überlieferten Strukturen" hätten sich verändert hin zu größerer Flexibilität. Wer maßgeblich mitdiskutieren wolle, müsse sich nicht mehr erst zum 2. Beisitzer oder Schriftführer hocharbeiten. Das ist doch auch schon mal was.

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