Wölfe in Bayern: Akzeptanz ist noch immer sehr hoch

30.4.2021, 07:36 Uhr
Die zunehmende Verbreitung des Wolfs in Deutschland polarisiert.

© Swen Pförtner, dpa Die zunehmende Verbreitung des Wolfs in Deutschland polarisiert.

Es waren zwei Angriffe in kurzer Folge: Am 27. Februar drang ein Wolf in ein Gehege in Betzenstein (Landkreis Bayreuth) ein und riss drei Rothirsche und vier Schafe.

Keine Woche später war derselbe männliche Wolf mit zwei weiblichen Tieren bei einer weiteren Attacke auf ein Gehege beteiligt. Dabei starben 18 Stück Dammwild, darunter 13 trächtige Tiere.

Die Wölfe stammten alle aus dem Veldensteiner Forst, wo es seit Jahren ein standorttreues Rudel gibt. Anfang 2021 wurden auch immer wieder tagsüber Wölfe gesichtet, die nicht sofort die Flucht ergriffen.

Günther Felßner, Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbands, verlangte nach den Rissen "praktikable Regulierungsmöglichkeiten", also einen vereinfachten Abschuss des in ganz Europa geschützten Wolfes.

Streit der Minister

Anfang März erklärte auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), es gehe jetzt "um den Schutz der Weidetiere, bloße Entschädigung ist nämlich nicht die Lösung."

Eine Äußerung, die ihr die Kritik des bayerischen Umweltministers Thorsten Glauber (Freie Wähler) und des Bund Naturschutz einbrachte.

Eine vom Naturschutzbund anlässlich des Tags des Wolfes am 30. April in Auftrag gegebene repräsentative forsa-Umfrage hat nun ergeben, dass auch in Bayern die Akzeptanz von Wölfen unverändert hoch ist.

Deutschlandweit wurden dabei 2360 Personen befragt, um zu ermitteln, ob sich mit der Zunahme des Wolfsbestands und Ausbreitung in weitere Bundesländer die Einstellung gegenüber Wölfen verändert hat.

Ablehnung kaum höher

Die Ergebnisse der forsa-Umfrage zeigen, dass sowohl bundesweit als auch in Bayern in Regionen mit Wölfen die Ablehnung der Tiere nur marginal höher ist als im Durchschnitt.

Fast drei Viertel der Befragten begrüßen auch hier die Rückkehr von Wölfen, und meinen, dass sie wie andere Wildtiere in unsere Landschaft gehören (73 Prozent).

76 Prozent der Befragten gaben an, dass Wölfe selbst dann in Deutschland leben sollen, wenn es zu Problemen kommt.

In Mecklenburg-Vorpommern gab es erst vor wenigen Tagen eine Protestaktion gegen die Ausbreitung der Wölfe.

In Mecklenburg-Vorpommern gab es erst vor wenigen Tagen eine Protestaktion gegen die Ausbreitung der Wölfe. © Jens Büttner, dpa

"Obwohl weite Teile aus Politik, Medien und der Jagd- und Bauernlobby das Thema Wölfe zunehmend unsachlich behandeln, hat sich die Stimmung in der befragten Bevölkerung im Vergleich zu den Umfragen 2015 und 2018 nicht signifikant verändert", sagt NABU-Fachbereichsleiter Naturschutz Ralf Schulte.

Notfalls töten

65 Prozent stimmen der Aussage zu, dass einzelne Wölfe, die Probleme verursachen, notfalls getötet werden müssen.

"Das Vorgehen in solchen Fällen wird durch den bayerischen Aktionsplan Wolf geregelt. Dieser baut auf Prävention vor Schäden, bevor es in letzter Konsequenz zu einer Entnahme von Wölfen kommen darf", erklärt Andreas von Lindeiner vom Nabu-Partnerverband LBV.


Schäfer: "Der Wolf ist unser letzter Sargnagel"


In Gebieten mit ständiger Wolfspräsenz greift die bayerische Förderrichtlinie zum Herdenschutz. Tierhalter können dort eine 100-prozentige Förderung für die notwendigen Herdenschutzmaßnahmen auf Antrag bei den AELFs in Anspruch nehmen.

"Wir fordern die zuständigen Behörden auf, Tierhaltern in diesen Gebieten proaktiv eine Beratung zum Herdenschutz anzubieten."

Aufgeschlossene Tierhalter

"Vielen Weidetier- und Gatterwildhaltern ist nach den jüngsten Erfahrungen bei Wolfsübergriffen auf zwei Wildgehege in Oberfranken dieses Instrument offenbar nicht bekannt", so der LBV-Biologe weiter.

"Viele Tierhalter sind sehr interessiert und aufgeschlossen und ausgesprochen dankbar für die Informationen, die sie von uns erhalten", sagt der LBV-Wolfsbeauftragte Willi Reinbold.

Für ihn gehören Wölfe als heimische Tiere in unsere Landschaft. "Von der Politik erwarten wir, dass sie anstatt sich um Obergrenzen und Bejagung zu streiten, sich prioritär der Unterstützung der Weidetierhaltung und des Herdenschutzes widmet."

Mindestens 128 Rudel

Wölfe kommen in Deutschland vor allem in Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen vor.

128 Rudel zählt der Nabu bis vorigen Oktober bundesweit. Als Rudel gelten zwei ausgewachsene Tiere mit Nachwuchs. In Deutschland leben außerdem 35 Wolfspaare und 10 Einzeltiere.

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