"Wunhenge": Unternehmer will Stonehenge 2.0 in Franken bauen

19.2.2021, 05:51 Uhr

© Foto: Leon Neal/Afp

Nicolas Lahovnik (CSU), seit knapp einem Jahr Bürgermeister von Wunsiedel, ist schon in hoffnungsvoller Vorfreude. Ein örtlicher Unternehmer will vier bis fünf Millionen Euro in das Projekt investieren. Geschätzte 100.000 Besucher pro Jahr werden erwartet. Aus Sicht des 31-jährigen Politikers spricht so gesehen wenig dagegen, die weltberühmten Fels-Monumente von Stonehenge in Südengland teils im Fichtelgebirge aus Beton nachzubauen.

Ein wenig Glanz der mysteriösen, über 4000 Jahre alten Kultstätte könnte damit auch Wunsiedel abbekommen. Einen ersten Versuch, Stonehenge-Begeisterte in die oberfränkische Kleinstadt zu locken, gab es schon vor zwölf Jahren. Da war bereits ein 1:1-Nachbau des Weltkulturerbes geplant. Die Idee, die am Ende nicht umgesetzt wurde, hatte damals der gleiche Unternehmer, der jetzt einen neuen, offenbar erfolgversprechenderen Anlauf unternimmt.

"Die Vorzeichen sind heute ganz andere", versichert Nicolas Lahovnik. 2009 hätte man der Natur riesige Flächen entziehen müssen, wahrlich kein achtsamer Umgang mit endlichen Ressourcen. "Das ist nicht mehr zeitgemäß." Jetzt gehe es deshalb um eine Fläche, die ohnehin schon bebaut sei.

"Wunhenge" parteiübergreifend begrüßt

© Foto: Stadt Wunsiedel

Die Stonehenge-Imitation werde nämlich auf einem Gelände entstehen, auf dem bisher in Wunsiedel das Mittelalterfest "Collis Clamat" (lateinisch für: Der Berg ruft) stattfindet. Ein Verein organisiert das. Auf dem Areal sei nun ein größerer Umbau geplant. Laut Lahovnik sei der Unternehmer, der als Gestalter von Freizeitparks zu den Global Playern gehöre, auf diesen Verein mit seinem kuriosen Vorhaben zugegangen, um die Verwirklichung auszuloten. Der Bürgermeister nennt es bereits "Wunhenge".


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Nach Ansicht der Stadtspitze – auch der Stadtrat habe das Projekt bereits parteiübergreifend begrüßt – steht ein schlüssiges Konzept dahinter. Ein bisschen Kelten, ein bisschen Wikinger, Freizeitmöglichkeiten für die ganze Familie mit einem Spielplatz für Kinder, ein Greifvogelpark ist auch in der Nähe – und, wenn alles gut geht, eben ein betoniertes Stonehenge-Abbild.

Der junge Bürgermeister entkräftet Befürchtungen, das mysteriöse Original werde nun in seiner ganzen gewaltigen Ausdehnung in Wunsiedel aus Beton errichtet: "Es geht lediglich um den charakteristischen innerer Kreis von etwa 40 Metern Durchmesser mit seinen bis zu sieben Meter hohen Felsformationen." Auch an dem Baustoff Beton stört sich Lahovnik nicht. Das Ganze in Naturstein aufzubauen wäre schließlich viel zu aufwändig.

Ausdruck "schlimmster Provinzialität"

Und dem Bürgermeister ist es wichtig, anzumerken, dass die Stadt damit eigentlich nichts zu tun habe, außer dass sie das Grundstück zur Verfügung stelle. "Natürlich geschieht das gegen ein entsprechendes Entgelt." Kein Euro an öffentlichen Geldern werde für das oberfränkische Stonehenge ausgegeben.

Dem Stadtoberhaupt ist auch völlig klar, dass der künstliche Nachbau nicht wissenschaftlichen Ansprüchen genügen werde. Das sei auch gar nicht beabsichtigt. Er freue sich einfach darüber, das ein Unternehmer, der solche Anlagen in aller Welt plane und baue, dies nun auch in seiner Heimatstadt tue: "Das ist doch toll."

Diese Begeisterung teilen nicht alle. Professor Günter Dippold, Oberfrankens Bezirksheimatpfleger, gehörte schon vor zwölf Jahren zu den Kritikern des kuriosen Stonehenge-Planes für Oberfranken. Wenn man etwas nicht brauche, sei das etwas Künstliches, mit falschem Überbau nach Wunsiedel Übertragenes, argumentierte er damals. Heute sieht er das nicht anders.

Die Region habe, so Dippold, mit seiner "atemberaubenden Landschaft", seinen historischen Schnittstellen zwischen Bayern und Tschechien, seiner Kultur und seinen Menschen genug Pfunde, mit denen sie wuchern könne. "Und die erwarteten 100.000 Touristen muss mir erst einmal jemand zeigen." Er hegt Zweifel in dieser Hinsicht.

Andere Kritiker sehen in dem Stonehenge-Plan alles andere als ein Zeichen für Aufbruch in einer strukturschwächeren Region, sondern eher einen Ausdruck "schlimmster Provinzialität". Eine solche Kopie brauche das Fichtelgebirge nicht.

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