Würzburger Gymnasium: Keine Hotpants mehr im Unterricht

16.5.2015, 13:00 Uhr
Hotpants, die sogenannten heißen Hosen, sind im Deutschhaus-Gymnasium nicht gern gesehen. Auch transparente oder bauchfreie Oberteile sowie Kopfbedeckungen aller Art sind verboten.

© dpa Hotpants, die sogenannten heißen Hosen, sind im Deutschhaus-Gymnasium nicht gern gesehen. Auch transparente oder bauchfreie Oberteile sowie Kopfbedeckungen aller Art sind verboten.

Die Aufregung ist groß am Würzburger Deutschhaus-Gymnasium. Grund dafür ist ein Dresscode, der seit Anfang Mai verbindlich für die Schüler gilt. Hotpants (sehr kurze Hosen), sichtbare Unterwäsche, bauchfreie oder transparente Oberteile oder T-Shirts, deren Aufschriften diskriminieren, sexualisieren oder Gewalt verherrlichen, sind ab sofort tabu. Wer sich nicht daran hält, wird bestraft.

Wie, ist auf den Internetseiten der Schule zu lesen. Der oder die Betroffene muss in diesem Fall ein T-Shirt aus der Schulkleidungskollektion überstreifen - und nach einer Woche gewaschen und gebügelt zurückbringen. Diese Sanktionierung ist keinesfalls die alleinige Idee des Lehrerkollegiums gewesen. "Die Schüler wollten sie ausdrücklich, weil sie fanden, dass sich sonst niemand an die Richtlinie hält", rechtfertigt Holger Seefried, Mitglied der Schulleitung, das Prozedere.

In der Vergangenheit, erzählt Seefried, hatten Einzelfälle im Kollegium immer wieder zu Diskussionen über eine Kleiderordnung gesorgt. So sei zwischen manchen Schülerinnen ein Wettkampf darüber entbrannt, wer am meisten Haut zeige. Fünftklässler seien etwa in T-Shirts mit Totenkopfemblem und SS-Runen in die Schule gekommen. "Die wussten gar nicht, was sie da tragen und dachten, sie hätten sich ein St. Pauli-Fan-Shirt gekauft", erzählt der Pädagoge. Auch von Seiten der Elternschaft sei das Thema an die Schulleitung herangetragen worden. "Man wollte Erziehungsbeistand in dieser Sache", sagte Seefried.

Aktionsbündnis sieht Dresscode äußerst kritisch

Das Deutschhaus-Gymnasium ist eine Traditionsschule im Würzburger Stadtteil Mainviertel. Das neusprachlich-naturwissenschaftliche Gymnasium besuchen rund 1150 Schüler, die von 111 Lehrkräften unterrichtet werden. Das Gymnasium ist vor allem für seine Hochbegabtenförderung in Modellklassen bekannt. Seefried findet es wichtig zu erwähnen, dass der Dresscode an der Schule demokratisch vom Schulforum entschieden worden ist. Dem Gremium gehören Schulleitung, Eltern- und Schülerschaft gleichermaßen an.

Die Mitglieder des Aktionsbündnisses "Der Dresscode muss weg" wollen davon nichts wissen. Das Bündnis beschreibt auf seiner Facebookseite, warum es den Dresscode kritisch betrachtet. 103 Anhänger haben sich mittlerweile solidarisiert. Die Schüler seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden, erzählt ein Sprecher, der wie seine Mitstreiter anonym bleiben möchte, weil sie Sanktionen von Seiten der Schulleitung fürchten.

Der Entscheidungsprozess für den Dresscode an der Schule sei nicht basisdemokratisch verlaufen. "In den Klassen ist nie darüber abgestimmt worden", sagt der junge Mann. Die Schülervertretung (SMV) habe die Kleiderordnung mitentschieden, ohne sich der genauen Mehrheitsverhältnisse in der Schülerschaft zu vergewissern. "Wir sind per se nicht gegen die Richtlinien, wir finden nur, dass eine Überschreitung nicht sanktioniert werden darf", sagt der Vertreter des Aktionsbündnisses.

Das stigmatisiere diejenigen, die aufgrund eines Regelverstoßes ein T-Shirt der Schulleitung zu tragen haben. Er halte es für besser, Schüler direkt anzusprechen, wenn sie Kleidung tragen, die andere in irgendeiner Form diskriminiert.

"Kritiker hätten sich mal früher melden sollen"

Elternbeiratsvorsitzender Martin Nusspickel hat die Widerständler nun auf ihrer Facebook-Seite zum gemeinsamen Diskurs aufgefordert hat. "Kein Mensch geht im Badeanzug ins Büro", sagt Nusspickel. Ein Mindestmaß an ordentlicher Kleidung sei zumutbar. Nach Auffassung des Elternbeiratsvorsitzenden hätte das Gymnasium massiver durchgreifen können. "Die Schule hätte auch auf ihr Hausrecht pochen können." Ohne die Schülermeinung berücksichtigen zu müssen.

Doch man habe sich bemüht, maximale Akzeptanz für den Dresscode zu schaffen. Schülerin Blanca Fehn, Vertreterin der SMV, hat an der Ausarbeitung des Dresscodes maßgeblich mitgewirkt. "Ich stehe voll dahinter, denn wir Schüler repräsentieren schließlich unsere Schule." Junge Leute müssten lernen, sich korrekt anzuziehen, das sei auch fürs spätere Berufsleben wichtig. Fehn sagt über das Aktionsbündnis: "Ich finde es nachvollziehbar, dass es Kritiker gibt, doch die hätten sich mal früher zu Wort melden sollen."

Karl-Heinz Bruckner, Landesvorsitzender der bayerischen Direktorenvereinigung, steht der Kleiderordnung am Deutschhaus-Gymnasium kritisch gegenüber: "Es ist ein schwieriges Terrain, auf das sich diese Schule begibt", sagt er. Die Sanktionen stellten die Schüler bloß. Er selbst würde an seiner Schule, dem Neuen Gymnasium Nürnberg, niemals einen Dresscode durchsetzen wollen. "Wenn die Kleidung meiner Schüler Anstoß zur Beanstandung gibt, egal aus welchem Grund, kläre ich das in einem persönlichen Gespräch."

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