Zirndorf will Playmobil-Ampel - doch Bayern sperrt sich

12.10.2019, 05:09 Uhr
Für das Mainzel-Ampelmännchen in Mainz gab es eine Ausnahmeregelung.

© Andreas Arnold/dpa Für das Mainzel-Ampelmännchen in Mainz gab es eine Ausnahmeregelung.

Elvis Presley zeigt seinen berühmten Hüftschwung und Otto Waalkes seinen unverwechselbaren Hüpfgang, wenn die Ampel auf Grün umschaltet. Karl Marx dagegen baut sich bei Rotlicht frontal mit ausgestreckten Armen vor uns auf – nicht um dem ausufernden Kapitalismus Einhalt zu gebieten, sondern um die Fußgänger in seiner Geburtsstadt Trier vor den heranbrausenden Autos zu warnen.

In vielen deutschen Kommunen wird der Fußgängerverkehr inzwischen mittels individueller Ampelmännchen geregelt, die einen lokalen Bezug zu dem jeweiligen Ort haben. Die regionale Identität soll mit solchen Sonder-Lichtzeichen gestärkt werden. Zudem wollen manche Initiatoren zusätzliche Touristen damit anlocken.

Was in anderen Bundesländern mittels Ausnahmegenehmigungen möglich gemacht wird, ist in Bayern jedoch nur schwer umsetzbar. Diese Erfahrung macht zurzeit die Stadt Zirndorf im Landkreis Fürth, in der künftig Playmobil-Ampelmännchen an einigen Fußgängerüberwegen die Verkehrsströme regulieren sollen.

Rotes Licht vom Landratsamt

Die Idee dazu hatten die Freien Wähler Zirndorf, die deswegen im Frühjahr bei der Firma Brandstätter vorfühlten. Der Playmobil-Hersteller konnte sich sofort für diesen Vorschlag erwärmen, doch ob tatsächlich irgendwann einmal die weltbekannte Spielzeugfigur in Zirndorfs Straßen leuchten wird, ist ungewiss.

Unter anderem teilte die Verkehrsbehörde des Landratsamtes Fürth der Stadtverwaltung mit, dass "die Anordnung nicht zugelassener Sinnbilder durch Straßenverkehrsbehörden oder deren Aufstellung durch die Straßenbaubehörden rechtswidrig ist". Im Übrigen sprächen gerade Sicherheitsgründe für die Einheitlichkeit aller Verkehrszeichen.

Diese rechtliche Bewertung kann die Führungsspitze des fränkischen Spielzeug-Konzerns nicht recht nachvollziehen und verweist in einem Schreiben an Bürgermeister Thomas Zwingel (SPD) auf die Tatsache, dass es in mehreren deutschen Kommunen individuelle Ampelmännchen gebe. "Wir begrüßen diesen Vorstoß der Freien Wähler natürlich grundsätzlich. Gleichzeitig sind wir ein wenig irritiert darüber, dass in Zirndorf nicht möglich sein soll, was in anderen Städten möglich ist", sagt Brandstätter-Pressesprecher Björn Seeger.

In der Tat hält sich mittlerweile eine ganze Reihe von deutschen Kommunen nur noch bedingt an die Piktogramme, die in der Straßenverkehrsordnung (StVO) sowie in den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RILSA) eigentlich verbindlich vorgeschrieben sind. Im hessischen Friedberg zum Beispiel erinnern die Ampelmännchen seit Juli dieses Jahres an den eingangs erwähnten King of Rock ‘n‘ Roll, der von 1958 bis 1960 in der Gegend stationiert war. In Hameln ziert die Silhouette des Rattenfängers mehrere Lichtsignalanlagen, und auch die Mainzelmännchen und die Bremer Stadtmusikanten weisen in ihren jeweiligen Heimatstädten den Fußgängern den Weg.

Kasperle-Ampel in Augsburg

In Bayern jedoch wird das Thema merklich strenger gehandhabt. Bislang ist es allein in Augsburg geglückt, dass dort eine individuelle Ampelfigur aufleuchtet. Seit einigen Monaten darf das Kasperle der Augsburger Puppenkiste das Signal zum Überqueren der Straße geben. Die Regierung von Schwaben hat der Stadt Augsburg eine Sondergenehmigung dafür erteilt.

In München ist man allerdings nicht glücklich über diese signaltechnische Extrawurst. "Fußgänger-Lichtzeichenanlagen dienen einzig und allein dem Zweck, Fußgängern das möglichst sichere Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Lichtzeichen, aber auch Verkehrszeichen, sind aus unserer Sicht nicht der richtige Ort, um auf lokale Besonderheiten hinzuweisen", heißt es in einer Stellungnahme des Innenministeriums.

Deshalb bekommt in Bamberg das Sams keine eigene Ampel, denn im Innenministerium fürchtet man, dass die freche Kinderbuchfigur von Paul Maar von den Fußgängern nicht ernst genommen werden würde. Auch Würzburg ist mit seinem Vorstoß gescheitert, seinem großen Baumeister Balthasar Neumann ein leuchtendes Denkmal zu setzen.

In Bayreuth wiederum wird seit einiger Zeit über einen Antrag diskutiert, Richard-Wagner-Ampelmännchen an vier markanten Fußgängerüberwegen im Umfeld des Festspielhauses zu installieren. Erste Entwürfe zeigen das Profil des gehenden Komponisten mit Taktstock in Grün und die Frontalansicht eines stehenden Wagners in Rot.

Vor allem an dem roten Wagner-Männchen könnte die Sache scheitern, denn gerade die damit verbundene Aufforderung zum Stehenbleiben muss gemäß der StVO unmissverständlich sein. Die Kasperle-Ampel in Augsburg zeigt denn auch nur bei Grün eine entsprechende Silhouette mit der charakteristischen Mütze, das rote Ampelmännchen behielt die klassische Form.

Stadt trägt die Haftung

Selbst auf so einen Kompromiss will sich Thomas Zwingel nur ungern einlassen. Die Playmobil-Idee an sich ist nach Ansicht des Zirndorfer Rathauschefs natürlich charmant, "aber von der Haftung her ist das eine ziemlich kritische Geschichte".

Wenn jemand bei einem Unfall aufgrund eines Missverständnisses wegen dieses Ampelmännchens verletzt werden würde, könnte man der Stadt und damit auch ihm vorwerfen, grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt zu haben. "Und ich möchte eigentlich nicht so gern in Nürnberg in der Mannertstraße einsitzen", spielt Zwingel auf die Tatsache an, dass man bei solchen Entscheidungen als Bürgermeister immer mit einem Bein im Gefängnis steht.

Dennoch drängen die Freien Wähler Zirndorf weiterhin auf das Playmobil-Männchen und machen sich für eine Ausnahmeregelung bei der Regierung von Mittelfranken stark. In der jüngsten Stadtratssitzung wurde dieser Antrag mit großer Mehrheit angenommen.

11 Kommentare