Zu alten Bierkellern und steilen Weinbergen

9.8.2010, 15:35 Uhr
Zu alten Bierkellern und steilen Weinbergen

© oh

Graubrot zum Abendessen und dann ab ins Matratzenlager — das war gestern. Der Radwanderer von heute ist nicht nur an kulinarischen Genüssen und kulturellen Angeboten interessiert. Gewachsen sind bei mehrtägigen Touren längst auch die Ansprüche an den Komfort der Unterkunft.

Bundesweit haben sich inzwischen 5000 Hotels, Pensionen, Jugendherbergen und Campingplätze auf die besonderen Bedürfnisse von radelnden Gästen eingestellt — www.bettundbike.de

Auch in der Region dürfen sich etliche fahrradfreundliche Häuser mit dem Qualitätssiegel des Hotel- und Gaststättenverbandes und des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) schmücken. Zum Service in den weit über 500 Beherbergungsbetrieben dieser Art in Franken gehören oft ein spezielles Sportlerfrühstück und eine individuelle Tourenberatung.

Erstes Radler-Hotel

Ganz und gar nicht spartanisch geht es auch im ersten Radler-Hotel Bayerns am Wassertrüdinger Marktplatz zu. Mit einem Kostenaufwand von 3,3 Millionen Euro hat die Wörnitzstadt ein heruntergekommenes, seit geraumer Zeit leer stehendes Möbelhaus in ein 40-Betten-Hotel mit gehobenem Standard verwandelt.

Zu alten Bierkellern und steilen Weinbergen

© Horst M. Auer

Klar, dass hier Möglichkeiten geboten werden, das Rad diebstahlsicher unterzubringen und das verschwitzte Radler-Dress zu trocknen. Auf der Speisekarte des angegliederten Restaurants finden sich viele Salate, dazu „Radler-Toast“ und als Spezialität den „Wadenbeißer“. An den Wochenenden ist das heuer eröffnete Drei-Sterne-Haus meist ausgebucht.

Ganz nebenbei hat das zur Hälfte mit EU-Finanzhilfe geförderte Vorzeigeprojekt für eine Revitalisierung des Zentrums gesorgt. „Es ist eine richtige Aufbruchstimmung da“, sagt Stadtsprecher Peter Schubert, „plötzlich lebt der Marktplatz wieder auf.“ Vor zwei Jahren drohte die Innenstadt zu veröden, nach dem Aus für zwei heftig umstrittene Projekte im Umland — eine kolossale Christus-Statue und ein riesiges Feriendorf — waren Selbstmitleid und Agonie greifbar. „Das Jammern war groß“, erinnert sich Schubert, „aber man muss nur selbst etwas in die Hand nehmen, dann kommt auch etwas zurück.“

Mit dem Radler-Hotel setzt Wassertrüdingen auf einen umweltschonenden Tourismus, der immer mehr in Fahrt kommt. Nach einer Studie des Deutschen Tourismusverbands sind dem Radler-Urlaub pro Jahr mehr als 150 Millionen Tagesreisen und 22 Millionen Übernachtungen zuzuordnen. Naturerlebnisse, regionale Küche und Sehenswürdigkeiten stehen auf der Wunschliste der Radwanderer ganz oben.

Das ist in der Region zwischen Altmühltal und Rhön nicht anders. Vor allem aber ist es die riesige Auswahl an verschiedensten Routen, die Franken als Radlerparadies auszeichnet — www.frankentourismus.de Als durch die Bank hochwertig wird von Fachleuten die Qualität des Wegenetzes eingestuft. Bayernweit werden 117 Routen mit einer Gesamtlänge von mindestens 8700 Kilometern aufgelistet — www.bayerninfo.de

Als erster deutscher Radweg war der 600 Kilometer lange Main-Radweg vom ADFC mit fünf Sternen ausgezeichnet worden. Von der Quelle bis zur Mündung geht es immer nah am Wasser und an Weinbergen entlang. Ihm folgte mit diesem Prädikat der Taubertal-Radweg von Rothenburg nach Wertheim am Main. Ein Klassiker ist auch der Radweg durchs Altmühltal, der seit vielen Jahren bundesweit zu den beliebtesten Routen zählt. Auch Strecken mit wohlklingenden Namen wie „Fürstbischöfliche Radtour“, „Casanovas Ausritt“ oder „Brauerei- und Bierkellertour“ machen Lust auf erlebnisreiche Ausflüge auf zwei Rädern.

Mit etwas Geschick (und Kondition) lassen sich die Touren kombinieren. So kann man ab Rothenburg dem Burgenstraßen-Weg bis Roth folgen, dort auf den Seenland-Weg einbiegen, dann ins Altmühltal überwechseln und hinterher mit der Tour de Baroque bei Neumarkt den Anschluss an den Fünf-Flüsse-Radweg suchen...