Wein leidet unter Temperaturen

Zu warm: Klimawandel gefährdet den Frankenwein

9.6.2021, 13:47 Uhr
Zu warm: Klimawandel gefährdet den Frankenwein

© Tourismusverband Franken

Während die Wasserbilanz dort besonders in den heißen Jahren von 2014 bis 2018 stark negativ war, legten Fachleute des bayerischen Landwirtschafts- und des Umweltministeriums am Mittwoch im Landwirtschaftsausschuss des Landtags in München dar. Weinbaureferentin Marianne Steinschulte vom Landwirtschaftsministerium wollte dennoch nicht den Katastrophenfall für die Winzer ausrufen: "Bei allen Herausforderungen kann der Weinbau vom warmen Klima durchaus profitieren".

6300 der insgesamt 6384 Hektar an bayerischen Rebflächen finden sich in Unterfranken, 70 Hektar am Bodensee und sechs bei Regensburg. Mit dem zunehmend wärmeren Klima haben auch andere Regionen des Freistaats eine Chance, sagte Steinschulte. Weinbau im Kleinformat starte beispielsweise in Ismaning bei München, bei Passau und im Oberallgäu. Ein Problem für die fränkischen Weinvermarkter sieht die Ökologin darin nicht. Die neu entstehenden Flächen seien bei weitem nicht so groß, dass der Frankenweinmarkt gefährdet werde. Andererseits bekämen dadurch seltene historische Rebsorten eine neue Chance.


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Für das Hauptanbaugebiet in Unterfranken wird die Wasserknappheit zu einem immer größeren Problem. "Langfristig" errechnet das Landwirtschaftsministerium einen Bewässerungsbedarf im Umfang von etwa 1,3 bis 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser für etwa 2000 Hektar besonders trockener Weinberge. Ministerien, Experten und Landtagsabgeordnete sind sich einig, dass dieser Wasserbedarf auf keinen Fall dem in Franken in den Hitzejahren ohnehin stark strapaziertem Grundwasser entnommen werden darf.

Bewässerung nur tröpfchenweise

Bevorzugt werde aufgefangenes Regenwasser, in zweiter Linie Wasser, das aus Oberflächengewässern wie dem Main und dem Uferfiltrat "in abflussreichen Zeiten" vorwiegend im Winter gepumpt werden könnte, erläuterte Andreas Kolbinger von bayerischen Umweltministerium. In vier Projekten in Spalt bei Nürnberg sowie Nordheim, Iphofen und Oberschwarzach in Unterfranken soll erprobt werden, wie man auf grundwasserschonende Art Hopfen, Obst und Weinberge bei klarem Vorrang für die Trinkwassernutzung bewässern kann. Wenn schon Weinreben bewässert werden müssen, gilt derzeit die wassersparende Tropfbewässerung als vorteilhafteste Methode.


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Neben der Trockenheit haben die Rebstöcke Frankens vor allem Spätfröste zu fürchten, berichtete Steinschulte. Erst im vergangenen Jahr sei es wegen früh einsetzender frühlingshafter Temperaturen und nachfolgenden Frostnächten zu großen Schäden gekommen. In diesem Jahr seien hingegen so gut wie keine Frostschäden beobachtet worden. Hitzeereignisse jenseits der 30-Grad-Marke verursachen an Trauben und Blättern "Sonnenbrand", listete die Expertin die Folgen der Klimaerwärmung weiter auf. Als neue Schädlinge treten der "bekreuzte Traubenwickler" und die Fäulniskrankheit "Schwarzfäule" auf, zudem die Kirschessigfliege und eine Zikadenart als Überträger von Krankheiten, gegen die es noch kein Mittel gebe.

Franken wird kein Rotwein-Gebiet

Steinschulte zeigte sich zuversichtlich, dass die Winzer auch diese neuen Herausforderungen in den Griff bekommen könnten, auch durch Nutzung anderer wärmeresistenter Rebsorten oder Verlagerung an kühlere Standorte. Grundsätzlich sei mehr Wärme für den Weinbau nicht schädlich, er begünstige jedoch "schwere" Rotweinsorten mit höherem Alkoholgehalt, die schon von vielen Erzeugern vorwiegend in warmen Herkunftsländern oft zu niedrigen Preisen angeboten würden. Die Kunden verlangten jedoch immer mehr nach "leichten" Weinen. Franken werde daher kein "Rotwein-Anbaugebiet" werden. Die Silvaner-Rebsorte als "Flaggschiff" des unterfränkischen Weinbaus müsse erhalten bleiben.

Sich auf einen geringen Ertrag von 40 bis 50 Hektoliter je Hektar zu beschränken und dafür Spitzenweine zu produzieren ist nach Einschätzung der Weinbaureferentin längst nicht für alle fränkischen Winzerbetriebe ein gangbarer Weg. Auch wenn der Frankenwein nahezu ausschließlich innerdeutsch abgesetzt werde, könne man nicht davon ausgehen, dass sich alle Frankenweinliebhaber Preise ab 30 Euro je Flasche gefallen ließen. Traubenlieferanten, die ihre Ernte bei Winzergenossenschaften abliefern, müssten weiterhin zwischen 70 und 90 Hektoliter pro Hektar erwirtschaften können.

Die Agrarpolitikerin und unterfränkische Abgeordnete Martina Fehlner forderte, den Weinbau stärker an den Klimawandel anzupassen. "Die Genuss- und Tourismusregion Franken braucht dafür die Unterstützung der Staatsregierung, damit dieser wichtige Kulturschatz nicht verloren geht und auch der Weintourismus weiterhin möglich ist", erklärte Fehlner. Nötig sei eine intelligente Bewässerungsinfrastruktur. Dazu müssten Speicherseen angelegt und Bewässerungsnetze errichtet werden, damit das Wasser aus diesen Speicherseen zu den Weinbergen transportiert werden könne. Außerdem will Fehlner mehr Förderung von Bewirtschaftungsmaßnahmen wie Dauerbegrünungen oder Untersaaten, die zusätzlich Vorteile im Erosionsschutz und der Biodiversität hätten.

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