Zum Wertvollsten gehören die Schuhe von Max Morlock

12.10.2017, 20:41 Uhr
Zum Wertvollsten gehören die Schuhe von Max Morlock

© Foto: André De Geare

Durch eine dicke Stahltür betritt man Susen Friedrichs Reich. Die 32-jährige Museologin greift sofort zu weißen Handschuhen – Pflicht in einem professionellen Archiv, um die wertvollen Exponate zu schützen. Und das Archiv im "Laces"-Gebäude ist hoch professionell. Rollregale (2500 laufende Regalmeter) säumen den 266 Quadratmeter großen Raum, in dem ein kontrolliertes Klima herrscht: 18 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 55 Prozent. "Das ist Standard für ein Mischdepot", erläutert Friedrich.

30 000 Produkte im Depot

Ihren Arbeitsplatz beschreibt die Museologin als "Kompetenzzentrum für alle Themen und Fragen, die mit der Geschichte von adidas zu tun haben". Sie und ihre Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Geschichte von adidas dokumentiert und bewahrt wird. Unzählige Paar Schuhe finden sich im Archiv — Experimente, Prototypen, getragene und signierte Exemplare —, Fußbälle, Taschen, Textilien — insgesamt 30 000 Produkte. Hinzu kommen Dokumente und Medien wie zum Beispiel Werbefilme.

Schon adidas-Gründer Adolf Dassler bewahrte Exemplare seiner handgefertigten Schuhe auf oder bat Sportler darum, getragene Schuhe zurückzuschicken, damit er sie weiterentwickeln konnte. "Es geht also alles auf ihn zurück", sagt Friedrich. 1974 richtete Dassler sogar ein kleines Museum ein, durch das er auch selbst führte. Mitte der 1990er Jahre musste das Museum allerdings weichen — adidas expandierte und brauchte Platz.

Dem von Adolf Dassler höchstselbst angestellten Schuhmacher Karl-Heinz Lang ist es zu verdanken, dass die wertvollen Stücke restauriert und in Scheinfeld aufgehoben wurden. "Er hat die Wichtigkeit eines Archivs erkannt", so Friedrich. 2012 dann zogen die Exponate ins professionelle Depot im "Laces" um.

Ihre Hauptaufgabe sieht Susen Friedrich im "Sammeln und Bewahren". Weiterhin will sie aber auch die Unternehmensgeschichte erforschen, das historisch relevante Wissen strukturieren, die Inhalte zugänglich und nutzbar machen und somit "das Markenbild unterstützen".

Dafür werden alle Exponate in einer speziellen Datenbank erfasst. Natürlich wandert nicht alles ins Archiv. "Bei der Riesenmenge an neuen und auch historischen Produkten müssen wir eine Auswahl treffen." Kriterien hierfür sind laut Friedrich, dass es sich um herausragende Produkte handelt, um technische oder Design-Innovationen oder um "Produkte, die eine Geschichte erzählen" — wie zum Beispiel eine Trainingsjacke, die 45 Jahre lang getragen wurde. Und natürlich solche Produkte, die von Sportlern benutzt wurden.

Etwa acht Stunden dauert es, ein Produkt zu erfassen, insbesondere bei historischen Dingen, bei denen man mitunter noch aufwendig in alten Katalogen recherchieren muss. Aber der Aufwand lohnt sich: "So ergibt sich ein rundes Bild zur Geschichte eines Produktes und somit auch zur kompletten Marke adidas", erklärt die Museologin.

Genutzt wird das Archiv hauptsächlich intern. Auf die Datenbank haben alle Mitarbeiter via Intranet Zugriff. "Viele Designer kommen her und nutzen das Archiv als Quelle der Inspiration", weiß Friedrich. "Sie nutzen die Vergangenheit, um die Zukunft zu gestalten." Mitunter würden alte Modelle neu aufgelegt oder aber auch nur einzelne Elemente wie die Sohle in einen neuen Schuh "übersetzt".

Eigens entwickelte Kartons

Darüber hinaus können sich Turnschuhsammler an das Archiv wenden, zudem unterstützt man Ausstellungen. "Wir verleihen aber nicht alles", betont Susen Friedrich. Die Max-Morlock-Schuhe etwa seien "von zu großem Wert". All die wertvollen Schuhe lagern in säurefreien Kartons, um den Alterungsprozess zu verzögern. Für die Fußbälle stehen eigens von adidas entwickelte Kartons zur Verfügung. Und die Textilien hängen auf Bügeln mit breiter Auflagefläche unter einer Tyvek-Husse.

Kommen hochkarätige Sportler zu Besuch, steht manchmal auch das Archiv auf dem Programm. "Wir freuen uns immer über ein strahlendes Lächeln, wenn Athleten dann signierte Produkte von ihren Idolen sehen." Sie selbst hat wechselnde Lieblingsstücke. Im Moment sind es die signierten Handschuhe von Nationaltorwart Manuel Neuer, die im adidas-Brand-Center ausgestellt sind.

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