Ab jetzt gerne nur noch "Klugscheiẞer"

30.9.2020, 18:32 Uhr
Ab jetzt gerne nur noch

© Foto: Universität Bamberg

"Ich bin da ganz gelassen", sagt Ruppert. Einen großen Bogen will er in Zukunft um die Verwaltungsgebäude der Uni in der Bamberger Innenstadt machen. "Man muss seinem Nachfolger die Chance geben, ein Nachfolger zu werden und das heißt, man muss so gut es geht von der Bildfläche verschwinden."

Die Arbeit geht trotzdem weiter. Ruppert bezieht ein Büro an seinem ehemaligen Lehrstuhl für Religionspädagogik. Er engagiert sich weiter in der Stiftung für Hochschulzulassung. Bis 2022 bleibt er Präsident der Virtuellen Hochschule Bayern und stellvertretender Vorsitzender im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. Dazu wird er Vorsitzender des Landeshochschulrats in Brandenburg. "Ich gebe die Verantwortungsjobs ab und behalte die Klugscheißerjobs", sagt er dazu.

Nur mit er Stelle als Präsident der Hochschulrektorenkonferenz hat es 2012 nicht geklappt. "Das war die einzige Wahl seit der fünften Klasse, die ich verloren habe", sagt Ruppert. Er war Schulsprecher am Gymnasium und im Studierendenparlament der Uni Bochum. Nach der Promotion in Würzburg und der Habilitation in Hannover, kam der Professor 1991 nach Bamberg. Neun Jahre später wählte ihn die Uni zuerst zum Rektor und später zum Präsidenten.

Mit dem Gedanken, so lange zu bleiben, hat er sich vorher nicht beschäftigt. "Das wäre ungünstig und sogar lähmend", sagt Ruppert. "Wer es von Anfang an darauf anlegt, lange im Amt zu bleiben, ist nicht frei, denn dann muss man wahltaktisch denken." Freiheit sei aber wichtig, um Prozesse durchzusetzen. "Es ist schlecht, wenn man erpressbar wird, weil der Job dran hängt."

Ruppert hat sich die vorher recht profillose Uni Bamberg vorgeknöpft. "Mein Vorgänger hat alle Studiengänge genommen, die er kriegen konnte, um Masse aufzubauen", erklärt er. "Ich konnte dann gestalten." Sein Ziel war die "Informatisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften". Heute hieße das Digitalisierung. "Doch das Wort gab es damals noch nicht."

Die Uni sollte keine klassische Informatik wie in Erlangen oder Bayreuth bekommen, sondern etwas Neues, Eigenes, eine Schnittstelle zu den vorhanden Schwerpunkten in den Geistes- und Sozialwissenschaften. So sind Fächer entstanden wie Kulturinformatik, Medieninformatik, Digitale Denkmaltechnologien oder Mensch-Computer-Interaktion. Kai Fischbach, bisher Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsinformatik, ist nun Rupperts Nachfolger.

"Ich bin für die lange Zeit wirklich dankbar", sagt der scheidende Präsident. "Vieles hätte ich sonst nicht geschafft, ich konnte hier in Bamberg langfristig etwas entwickeln." Deshalb ist er auch nie weggegangen, obwohl mehrere Unis ihn gerne gehabt hätten und ihm auch Posten als Staatssekretär oder Minister in Aussicht gestellt worden sind. "Das war mir zu kurzsichtig."

Ein Uni–Chef habe hingegen die Aufgabe "in einer besonderen Art und Weise Wertschöpfung" zu betrieben und das nach innen und außen zu vertreten. "Ich mache keinen Unterschied zwischen Fächern, die im gesellschaftlichen Interesse besonders weit oben oder unten stehen", sagt Ruppert. "Ich schätze die Arbeit aller Kollegen und rede mit dem Hausmeister genauso wie mit der Leibniz-Preisträgerin." Wer das nicht hinkriege, sei für den Job völlig ungeeignet. Dazu brauche ein Präsident Moderationsfähigkeiten und eine große Frustrationstoleranz. "Ich muss da sein und mit den Leuten reden, vieles löst man mit Geduld."

Mehr als 7400 Tage war Ruppert nun im Amt. Helmut Kohl hatte knapp 5900 als Kanzler. "Bevor die Diskussion beginnt, der Dicke muss weg, gehe ich lieber freiwillig", sagt Ruppert über sich selbst. "Auch so eine Zeit muss irgendwann einmal beendet sein." Wehmütig ist er nicht. "Ist ja nicht so, dass das Leben langweilig wäre, dann macht man halt etwas anderes."

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