Junger Nürnberger arbeitet als Freiwilliger in Thailand

23.3.2018, 09:58 Uhr
Junger Nürnberger arbeitet als Freiwilliger in Thailand

Noch bis August lebe und arbeite ich in Chiang Rai. Die Stadt hat etwa 120 000 Einwohner; die gleichnamige Provinz ist die nördlichste Thailands, grenzt an Myanmar und Laos und schließt auch die Grenzstadt Mae Sai ein.

Daher rührt die eigentliche Notsituation der Stadt Chiang Rai. Sie liegt nahe des "Goldenen Dreiecks", einem Gebiet, in dem Opium für den Weltmarkt hergestellt und Menschenhandel getrieben wird. Ich selbst fahre mehrmals wöchentlich auf eben jenem Highway, auf dem Methamphetamine, Opium und Menschen in Richtung Süden transportiert und in alle Welt verschifft werden.

In meiner Arbeit soll ich diese Probleme präventiv bekämpfen — durch Bildung. Ich unterrichte an der größten Schule, die von "Hope for Life" und "Weltwärts" in Chiang Rai unterstützt wird. Sie heißt Sahasartsuksa-School, ist eine christliche Privatschule, hat 2400 Schüler und umfasst Kindergarten, Prathom (Grundschule) und Mathayom (Oberstufe).

Stundenlange Fahrzeit

In den Klassen werden durchschnittlich 40 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, was auch für hiesige Verhältnisse sehr viel ist. Zusätzlich bietet die Schule ein Heim für 300 Schüler, die aus Bergdörfern kommen — und sich so jeden Tag einige Stunden Fahrzeit sparen — oder Waisen sind. Schulgeld wird nicht verlangt; die Schule finanziert sich vor allem über Spenden aus dem Ausland.

Junger Nürnberger arbeitet als Freiwilliger in Thailand

© privat/Marks

Mein Stundenplan sieht achtmal 50 Minuten Unterricht von Montag bis Donnerstag vor, in denen ich zusammen mit einer weiteren Freiwilligen und einem Thai die 5. und 6. Klassen in Englisch unterrichte. Wir orientieren uns an dem Englischunterricht, den wir aus Deutschland kennen, und passen ihn an. Beispielsweise erklären wir zwar die europäischen Jahreszeiten, arbeiten aber eher mit den Jahreszeiten, die die Kinder aus ihrem Alltag kennen: "cold season", "hot season" und "rainy season".

Freitags ist "Activity Day", ein Tag für Aktivitäten aller Art. Dann treten auch die größeren Schulen Chiang Rais zum Kräftemessen an – was meist ein Fußballduell bedeutet.

Ein großes Problem in Thailand ist Rassismus gegenüber Minderheiten. Dagegen will meine Schule wirken. Nur knapp elf Prozent der Kinder sind mit der Thai-Kultur aufgewachsen. Die restlichen 89 Prozent entstammen zehn verschiedenen Minderheiten, die meistens aus den umliegenden Bergdörfern kommen. Sie wachsen mit einer komplett anderen Kultur und Sprache auf als "gewöhnliche Thais". Daher kommt auch der Name der Schule: "Sahasartsuksa" bedeutet "viele Stämme lernen zusammen".

Kinder aus den Bergdörfern lernen Thai als erste Fremdsprache im Kindergarten, wo sie es so weit ausbauen müssen, um in der Schule folgen zu können. Schwer fällt das oft Kindern mit geistigen Behinderungen, für die es hier keine speziellen Schulen gibt.

Insgesamt gehen die Schüler gut auf unseren Unterricht ein und wollen lernen. Trotzdem sind sie schnell mit der englischen Sprache überfordert – da es eben für viele schon die zweite Fremdsprache ist.

Junger Nürnberger arbeitet als Freiwilliger in Thailand

© Florenz Marks

Dass meine Schule christlicher Prägung ist, ist in der Provinz Chiang Rai keine Besonderheit. Eben weil Hilfe vonnöten ist, haben sich hier viele Kirchen angesiedelt. Christliche Feste werden zelebriert, man arbeitet in Kirchen mit, und in vielen Dörfern gibt es zumindest eine kleine Kirche. Dabei wird Christentum anders aufgefasst als in Deutschland, da sich die meisten Thai-Christen bewusst von ihrem alten Glauben getrennt haben.

Durch den deutschen Missionar Lothar Sommerfeld, der in Mae Sai tätig ist, können wir selbst oft mit in Bergdörfer fahren. Die erste Tour mit ihm war bisher am eindrucksvollsten. Allein die Fahrt von Chiang Rai in das Bergdorf hat mehr als eine Stunde gedauert — bei nur 40 Kilometern Strecke. Doch die Straßen sind in einem miserablen Zustand, und zu den Bergdörfern geht’s steil bergauf.

Gottesdienst in zwei Sprachen

Viele Menschen müssen diese Straßen jeden Tag fahren, um in die Stadt zu kommen und Produkte aus ihrem landwirtschaftlichen Betrieb zu verkaufen. Oben angekommen gab es Essen beim einheimischen Priester (das beste, was ich in Thailand bisher gegessen habe) und einen zweisprachigen Hausgottesdienst auf Lanna-Thai und Akha, da nicht alle Anwesenden Lanna-Thai sprachen. Der Gottesdienst selbst war sehr spannend: Er glich eher einem lauschigen Geschichtenerzählen als dem streng zeremoniellen deutschen Gottesdienst.

Störend war nur, dass es in den Bergen relativ kalt war. Immerhin saßen wir auf dem Boden — ohne Fußbodenheizung und ohne Teppich. Doch so ein bisschen Kälte sollte niemanden von den spannenden Erfahrungen eines Freiwilligendienstes abhalten.

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