Nicht nur was für Nachrufe-Schreiber

4.8.2017, 17:56 Uhr
 Nicht nur was für Nachrufe-Schreiber

© Illu: Bronislav Hava

Ich habe in letzter Zeit Biografien für mich entdeckt – was mich selbst etwas überraschte. Bisher fand ich die Vorstellung, Biografien zu lesen, eher langweilig. Lebensläufe von bekannten Personen durchzuarbeiten, war in meinen Augen mehr der Job des Nachrufe-Schreibers bei einer Zeitung.

Dann kam der Urlaub. Ein guter Freund hatte mir zuvor zum Geburtstag die Autobiografie von Helmut Schmidt geschenkt. Auch die "Kohl-Protokolle" – mittlerweile zum Teil verboten – hatte ich mir aus Neugierde am Verbotenen noch schnell gekauft. Also landeten beide Bücher in meinem Koffer neben den üblichen Kriminalromanen.

Nachdem ich die Krimis fertiggelesen hatte, griff ich zu den Büchern der beiden ehemaligen deutschen Bundeskanzler. Meine Befürchtung, durch seitenlange Schilderungen der letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges und der Probleme des Wiederaufbaus gelangweilt zu werden, traten nicht ein. Teilweise waren die "Kohl-Protokolle" mit ihrer Mischung aus Schwarzgeldaffären, Lästereien über bekannte Politiker und andere Promis spannender als der eine oder andere Regionalkrimi.

Auch die Lebenstipps und Weisheiten eines Helmut Schmidt haben mich fasziniert. Und die Bücher waren dabei weder langweilig noch belehrend geschrieben – sondern spannend. Sogar die Geschichten über den Krieg und die Entstehung der D-Mark waren erträglich.

Wer zu diesen Büchern greift, kann auch etwas für sein Leben lernen. Beeindruckt haben mich zum Beispiel die Ratschläge zu mehr Gelassenheit von Helmut Schmidt. Auch die Überlegungen über Religion in Thomas Gottschalks Buch hätte ich vom Showmaster mit der Lockenmähne nicht erwartet. "Herbstblond" ist daher genauso empfehlenswert wie die Kohl-Protokolle.

Besonders interessant sind die beiden Bücher dadurch, dass viele Personen vorkommen, die auch heute noch leben. Eine Biografie von Kaiser Augustus oder Immanuel Kant ist da schon anstrengender zu lesen und nicht gerade die leichteste Strandlektüre.

Und natürlich gibt es auch Autobiografien, die geschichtlich nicht so interessant sind. Zum Beispiel die Bücher von Daniela Katzenberger, die ich – so viel gleich vornweg – bis heute nicht gelesen habe. Ich habe weder vor, ein Café auf Mallorca zu eröffnen, noch eine eigene Schuhkollektion herauszugeben.

Bei diesen Büchern schreckt meistens aber schon der Klappentext ab. Wer darauf allerdings achtet, für den können Biografien echt interessant und lehrreich sein – auch wenn er keine Nachrufe schreibt.

Folge 2: Bücher in Originalsprache

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